Zusammenfassungen / Summaries ab Band 125/126
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Zu diesem Band Wie es sich schon seit vielen Jahren bewährt hat, wurde auch der vorliegende Band 140 der „Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien“ unter ein Generalthema gestellt. Die bisherigen Bände behandelten – häufig aus aktuellem Anlass – die Themen Ernährungsforschung (Bd. 116), Hausforschung, Siedeln und Wohnen (Bd. 121), Erforschung Amerikas (Bd. 122), Tausend Jahre Österreich (Bd. 125/126), Kultur und kulturelle Identitäten (Bd. 127), Grundfragen der anthropologischen Einzelwissenschaften (Bd. 128), Übergänge (Bd. 129), Frauen (Bd. 130/131), Geld (Bd. 132), Lokale Mobilität und Migration (Bd. 133), Körperschmuck (Bd. 134/135), Expeditionen – Sammelreisen – Entstehen von Sammlungen (Bd. 136/137), 100 Jahre Venus von Willendorf (Bd. 138). Röder, Brigitte: Zusammenfassung Summary Kern, Daniela – Lobisser, Wolfgang: Zusammenfassung Summary Pany-Kucera, Doris – Reschreiter, Hans – Kern, Anton: Zusammenfassung Summary Kern, Anton: Zusammenfassung Summary Ramsl, Peter C.: Zusammenfassung Summary Beilke-Voigt, Ines: Zusammenfassung Summary Doneus, Nives: Zusammenfassung Summary Grömer, Karina – Hölbling-Steigberger, Eva: Zusammenfassung Summary Fluck, Cäcilia: Zusammenfassung Summary Merker, Anne – Teschler-Nicola, Maria: Zusammenfassung Summary Kirchengast, Sylvia: Zusammenfassung Summary Mückler, Hermann: Zusammenfassung Summary Angeli, Wilhelm: Zusammenfassung Summary Heinrich, Angelika: Zusammenfassung Summary
Mit dem diesjährigen Generalthema „Kinder“ konnte ein lang gehegter Wunsch der scheidenden Schriftleitung erfüllt werden. Zahlreiche Forscher aus den in der Anthropologischen Gesellschaft in Wien vertretenen Fachrichtungen behandelten die verschiedensten Aspekte. So wird mit den Themen Adoption von Kindern und Adipositas Fragen nachgegangen, die von aktueller gesellschaftlicher und gesundheitspolitischer Relevanz sind. Die historische, mehr noch die archäologische Kindheitsforschung bedarf eines theoretischen Überbaues, da das in der westlichen Welt herrschende Verständnis vom Lebensabschnitt der Kindheit, dessen Dauer und den Aufgabenbereichen von Kindern nicht auf vergangene Zeiten übertragen werden kann. Ein einführender Beitrag und auch andere Autoren setzen sich teils sehr kritisch mit diesem Themenbereich auseinander. Bei den archäologischen und historisch-anthropologischen Artikeln liegt der Fokus auf den Grabfunden – jenen Überresten von Kindern, die von den Lebensumständen, Krankheiten, Sterbeursachen ebenso erzählen wie von gesellschaftlichem Status. Die Heranziehung von Kindern zu körperlicher Arbeit wird exemplarisch an Hallstatt mit seiner guten Fundsituation in Bergwerk und Gräberfeld diskutiert. Zwei Beiträge zur Kinderkleidung in der Eisen- und Römerzeit runden das diesjährige Generalthema ab. Die beiden anschließenden Beiträge widmen sich einem Fundkomplex mit Stiefelgefäß aus Aserbaidschan sowie der Möglichkeit der Interpretation archäologischer Befunde auf der Basis antiker Überlieferungen.
Die Schriftleitung bedankt sich bei allen Autoren für ihre wertvolle Mitarbeit sowie bei Dr. Walpurga Antl-Weiser für die Überprüfung und teilweise Erstellung der englischen Zusammenfassungen.
Dieser Band bringt nach 20 Jahrgängen MAGW einen Wechsel in der Schriftleitung der Anthropologischen Gesellschaft: Dr. Angelika Heinrich wird von Dr. Karina Grömer abgelöst.
Perspektiven für eine theoriegeleitete prähistorische Kindheitsforschung
Die Prähistorische Kindheitsforschung steckt noch in den Kinderschuhen. Dabei machten die unter Vierzehnjährigen in vormodernen Gesellschaften vermutlich 40% bis 50% der Bevölkerung aus. Vor diesem Hintergrund geht der Beitrag zunächst der Frage nach, weshalb Kinder und Heranwachsende vergleichsweise spät ins Blickfeld der Urgeschichtsforschung kamen und macht dafür in erster Linie epistemologische Gründe aus. Ausgehend von richtungsweisenden Arbeiten, die ein theoretisches und methodisches Fundament gelegt haben, werden anschließend weitere Bausteine für eine theoriegeleitete Kindheitsforschung präsentiert. Der Artikel schließt mit der Diskussion der Frage, welchen Beitrag die Kindheitsforschung zur Theoriebildung und Wissensproduktion der Prähistorischen Archäologie leisten kann.
Although in pre-modern societies individuals under the age of 14 may have constituted 40% to 50% of the population, prehistoric childhood research is still in its infancy. Therefore, this contribution begins by exploring the reasons why prehistoric archaeology has only quite recently started to take children and adolescents into consideration and primarily identifies epistemological reasons. Based on trend-setting studies, which have set out a theoretical and methodological foundation upon which to proceed, the second part of the paper presents additional bricks for a theory-based childhood research. The article concludes by discussing the problem which contribution childhood research can make in terms of theory building and knowledge production in prehistoric archaeology.
Pupperl und Pfeiferl – Zu einer schnurkeramischen Kinderbestattung von Franzhausen, Niederösterreich
Im Jahr 1990 wurde im Traisental eine schnurkeramische Kinderbestattung gefunden. Das Kind war in linker Hockerlage mit dem Kopf im Osten niedergelegt worden. In seinen Armen hielt das Mädchen zwei Gegenstände aus Knochen von Schaf oder Ziege. Bei dem einen handelte es sich um einen Metacarpus, bei dem anderen um ein Röhrchen aus dem Schaft eines rechten Femurs. Vor dem Kind lagen weitere Tierknochen. In diesem Artikel werden die Gegenstände als Bestandteile der kindlichen Lebenswelt betrachtet und in diese Richtung, nämlich als Puppe und Flöte interpretiert. Von beiden wurden Rekonstruktionen angefertigt. Mit der Flöte sind die Töne a2, h2 und c2 in gedacktem Zustand sowie a3, h3 and c3 ungedackt spielbar. Zudem wird die Nachweisbarkeit von Kindern im archäologischen Kontext des Spätneolithikums in Österreich diskutiert.
In 1990 a child`s burial from the Corded Ware Culture was discovered in Franzhausen, Traisen Valley, Lower Austria. The child was buried in a crouched position on the left side with the head in the east. In front of the girl animal bones were found and in her arms she held two objects made of the bones of sheep or goat. One of these was a metacarpus, the other a tube made of a right femur. In this paper these objects are seen as elements of the child’s world and in this sense they are interpreted as a doll and a flute and are compared to objects known from ethnological and archaeological background. Of both finds experimental copies were built. The tones that could be produced by the bone tube are a2, h2 and c2 when closed at the end and a3, h3 and c3 with an open end. In addition the visibility of children in the archaeological record particularly in the Late Neolithic in Austria is discussed.
Auf den Kopf gestellt? – Überlegungen zu Kinderarbeit und Transport im prähistorischen Salzbergwerk Hallstatt
40 Kinderskelette aus dem eisenzeitlichen Hallstätter Gräberfeld wurden anthropologisch auf Zeichen früher physischer Belastung untersucht. Diese Arbeit wurde mit den archäologischen Funden aus dem zeitgleichen Teil des Bergwerks abgeglichen. Von dort gab es schon länger Hinweise auf die Anwesenheit von Kindern durch Funde klein geschnittener Schuhe und einer kürzlich restaurierten Säuglingskappe. An den Kinderskeletten konnten Abnutzungserscheinungen einiger großer Gelenke sowie besonders der Halswirbelsäule festgestellt werden. Es fanden sich auch weitere Anzeichen für Belastung an den Skeletten. Aus den meist symmetrischen Abnutzungsmustern an der oberen Wirbelsäule der Kinder könnte auf eine tragende Tätigkeit geschlossen werden – entweder auf dem Kopf oder mit Stirntragbändern. Die Ergebnisse legen nahe, dass beide Geschlechter von Kindheit an in den Salzbergbau involviert waren.
The recent analysis of subadult skeletons from the Iron Age Hallstatt graveyard and archaeological findings from the contemporaneous salt mine close-by, yield promising new insights. The cemetery, located in a barely accessible mountain valley, spans the time from about 800-400 BC. The nearby Iron Age salt mining manufacture was highly organized, and the way of mining is largely known from finds in the ancient mines, including distinct, repeated tasks for the miners. Concluding from those records, there was no technical change in the mining technique used within this timeframe. The skeletons from the cemetery are partially fragmentary, but frequently with well-preserved bone surfaces. Indications that the buried people of higher status were indeed the miners could be drawn from the analysis of the entheses on the adult individuals (Pany 2003). The finding of small-sized leather shoes and, recently, a child´s cap in these ancient salt mines posed the question whether children were involved in the mining process. Therefore, the 40 subadult skeletons were analyzed systematically for indicators of early workload. Signs of osteoarthrosis, on selected big joint surfaces of long bones and the vertebrae, high skeletal robusticity, vertebral osteochondrosis and compression, and osteochondritis dissecans were observed among the skeletal lesions. In the course of this, non-metric traits present at the vertebrae, dens hypoplasia in the axis of two individuals and skull trauma were noted. Mainly the cervical vertebrae and the distal femur were affected by osteoarthrosis. The prevalence of non-metric traits in the subadults supports the presumption that this population was rather a genetic isolate. Several of the variables recorded were recognised in adults too but have not yet been analyzed systematically. The observed symmetrical changes in the upper vertebra of children could be taken as indication for carrying loads on the head or with a carrying strap fixed to the forehead. We assume that both sexes were involved in mining from childhood onwards.
Anmerkungen zu den Kindergräbern im Hallstätter Gräberfeld
Funde aus dem prähistorischen Bergwerk in Hallstatt, wie Schuhe oder Fellkappen, lassen den Schluss zu, dass im Bergwerk auch Kinder für bestimmte Arbeiten herangezogen wurden. Wie diese Arbeiten ausgesehen haben, unterliegt nur Vermutungen, erste Hinweise können anthropologische Untersuchungen an den Kinderskeletten ergeben. Doch Kinderskelette sind rar im Hallstätter Gräberfeld, vor allem aus den Altgrabungen, aber Ramsauers Aufzeichnungen (Protokolle und Aquarelle) liefern uns genügend Informationen, auch diese junge Bevölkerungsgruppe, zumindest teilweise, zu erfassen.
Finds from the prehistoric salt mine in Hallstatt, such as shoes or berets, suggest that specific child labour was common practice down in the mine. We can only speculate as to the kind of work that was. Some hints may be drawn from the results of anthropologic analysis of children’s graves. Despite the fact that children’s skeletons are rare in the cemetery, especially in the Ramsauer excavations, Ramsauer’s documentation, grave protocols and water colour drawings provide enough information for an at least partial insight into the younger population.
Die Rolle von Kinderbestattungen in den latènezeitlichen Gräberfeldern Ostösterreichs (ein Ansatz)
In diesem Artikel wird versucht, alle greifbaren latènezeitlichen Kinderbestattungen in Nordostösterreich zusammenzufassen. Dabei werden Fragen wie Altersklassen und Spezialbeigaben (Spielzeug?) erörtert. Auch die Kombinationen der gemeinsamen Niederlegung mit anderen Personen (Erwachsenen) sollen behandelt werden. Da das biologische Geschlecht der Kinder meist nicht anthropologisch bestimmt werden kann, wird versucht, andere Hinweise zu finden und Schlüsse daraus zu ziehen. Schließlich werden die Möglichkeiten von Indizien zum sozialen Status derselben anhand von ähnlichen Beispielen aus Westösterreich (Dürrnberg) problematisiert. Abschließend wird nach „Kindern“ in den Texten antiker Autoren über die „Kelten“ gesucht.
This article aims at summarizing all available childrens burials of the La Tène period in northeastern Austria. Thereby questions like age groups and special gifts (toys?) are discussed. Also the combinations of a common burial with other persons (adults) are part of these questions. Since the biological sex of the children usually cannot be determined anthropologically, it is tried to find other evidence and to draw conclusions on this basis. Finally the possibilities of indications for the social status discussed by using similar examples from western Austria (Dürrnberg). In the end I was trying to find “kids” in the texts of ancient authors about “celts”.
Kaum gelebt und schon begraben. Zu den Siedlungsbestattungen von Kleinstkindern in vor- und römischer Zeit
Sowohl in vorrömischer als auch in römischer Zeit gibt es zahlreiche Belege, dass Kleinstkinder in den Siedlungen (vorzugsweise in/bei den Häusern) bestattet wurden. Sie unterscheiden sich hiermit nicht nur in der Wahl des Bestattungsortes, sondern auch in der Bestattungsart vom gängigen Brauch, denn sie wurden ausnahmslos unverbrannt beigesetzt. Diese signifikante Behandlung für eine spezielle Altersgruppe von Kindern zu hinterfragen und ihre zeitliche und räumliche Verbreitung aufzuzeigen, ist Anliegen des Artikels.
In preroman and roman times, there has been numerous evidence, which suggests, that nursing infants were buried within the settlements (nearby/in the houses). Hence these burials differ from the common custom not only in the choice of place but in the burial procedure as well, since these children were buried unburnt. The aim of this article is to question this characteristic treatment of a specific age group of children and to show its temporal and spatial distribution.
Am Rande der Gesellschaft? Römische Säuglings- und Kinderbestattungen aus dem Gräberfeld Halbturn I, Westpannonien
Das römische Gräberfeld I von Halbturn wurde zwischen 1988 und 2002 vollständig freigelegt. Bereits während der Grabungsarbeiten zeigte sich, dass die Fundstelle ausgezeichnete Erhaltungsbedingungen für Säuglings- und Kinderbestattungen bot. Von den ca. 300 Brand- und Körperbestattungen sind etwa 40% diesen beiden Gruppen zuzurechnen. Dies lässt erstmals in Österreich eine detaillierte Untersuchung zu Kinderbestattungen innerhalb einer landwirtschaftlich ausgerichteten römischen Gesellschaft zu. Das Gräberfeld nimmt seinen Anfang in der zweiten Hälfte des 2. Jh. und zeigt eine fortlaufende Belegung bis um die Mitte des 5. Jh. Zu allen Zeiten wurden Säuglinge bis ca. 1 Jahr, Kinder von 1-15 Jahren und Erwachsene jeweils unterschiedlich bestattet. Lage des Grabes, Ritus und Beigaben zeigen dabei spezifische Muster.
The Roman graveyard, known as Halbturn I, was totally excavated between 1986 and 2002. Due to the excellent preserving conditions within the site, a large number of burials containing infants and children (till the age of 15) could be uncovered. They make up to 40% atotal of 300 cremations and inhumations. Therefore, the excavation results offer unique conditions to investigate burial rites associated with infants and children. The cemetery was continuously used from the second half of the 2nd century AD until the middle of the 5th century AD. At any time, the groups of deceased infants, children, and adults had been treated differently concerning the grave position, rite and burial objects.
Gedanken zur Kinderkleidung durch die Jahrtausende mit Schwerpunkt auf das römische Österreich
Kinderkleidung als eigenes Modephänomen existierte weder in der mitteleuropäischen Eisenzeit noch in der römischen Kaiserzeit oder Spätantike. Die wenigen bildlichen Darstellungen der vorrömischen Epoche entsprechen den Hinweisen aus den Grabungsergebnissen. Nach der archäologischen Evidenz scheint es, dass Kinder als kleine Erwachsene gesehen wurden, die besonderen Schutz benötigten, der durch verschiedenste Amulette gewährleistet wurde. Prinzipiell sind auch in römischer Zeit die Kinder mit ähnlicher Trachtausstattung versehen wie die Erwachsenen, allerdings kommen charakteristische Elemente hinzu, während andere, einzig Erwachsenen vorbehaltene, die einen bestimmten Rechtsstatus anzeigen, fehlen. Zu beachten bleibt allerdings, dass sowohl schriftliche wie auch bildliche Quellen nicht alle Gesellschaftsschichten beschreiben, sondern es sich meist um frei geborene, sozial besser gestellte Kinder handelt. Die Grabbefunde aus Noricum verdeutlichen das aus den anderen Quellen vorliegende Bild, für die breitere Bevölkerung in ländlichem Umfeld. Im Rahmen des Projektes DressID wurden auch Gewebereste aus diesen Bestattungen analysiert. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Stoffe für Kinder und Erwachsene sich glichen, Unterschiede nur für Überkleidung (Mäntel?) beobachtet werden konnten.
Special clothes for children as an individual dress did not exist either during Iron Age or the Roman Period. The few existing effigies of the pre-Roman period match with our information from excavations. Children were considered to be small adults, who needed special protection, which was provided by various kinds of charms. This need for protection was also met during the Roman period. In general children wore similar dress than the adults. Characteristic elements were added while others being left to adults only with a certain legal status are missing. It is important to observe that written sources and effigies do not describe all social classes, but mostly refer to freeborn children of a higher social rank. Findings from the cemeteries of Noricum clarify the picture, which is shown in the other sources, for a larger population in a rural environment. The project DressID works on remains of fabric from those burials. First conclusions show, that the fabrics used for children’s and adult’s clothes were similar, differences can be found for cloaks.
Kinderkleidung im römischen und spätantiken Ägypten – Ein Projekt der DressID Studien Gruppe C: “Gender and Age”
„Gender and Age“ ist das Thema einer Studiengruppe des Projektes DressID: „Dress and identities in the Roman world“. Es wird vom Kulturprogramm der Europäischen Kommission gefördert. Zwei Forschungsvorhaben innerhalb der Studiengruppe sind Kinderkleidung aus unterschiedlichen Regionen des Römischen Reiches gewidmet. Insbesondere aus dem römischen und spätantiken Ägypten sind vielfältige originale Kleidungsstücke und Bekleidungsaccessoires für Kinder in gutem Zustand erhalten. Dazu gehören Tuniken, Kleider mit glockenförmig ausgestellten Seiten, Kopfbedeckungen sowie Strümpfe und Schuhe, von denen ausgewählte Beispiele vorgestellt werden.
„Gender and Age“ is the topic of a study group related to DressID: „Dress and identities in the Roman world“, a project funded by the cultural program of the European commission. Two research projects within the study group are dedicated to children’s clothing from various regions of the Roman Empire. Especially from Roman and Late Antique Egypt manifold original garments and dress accessories for children survived. Tunics, flared dresses as well as headgear and footwear such as socks and shoes are preserved in an extraordinary good condition. Selected examples are being introduced.
Unspezifische Stressindikatoren und Skelettwachstum der Subadulten in der spätantiken Population von Unterradlberg, Niederösterreich
Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden 89 subadulte Individuen, die aus dem spätantiken Gräberfeld Unterradlberg (Niederösterreich) geborgen wurden, systematisch im Hinblick auf Art und Häufigkeit unspezifischer Stressindikatoren und Skelettwachstum makroskopisch und mittels Auflichtmikroskop untersucht. Folgende Merkmale wurden beurteilt: Transversale Schmelzhypoplasien, Cribra orbitalia, porotische Hyperostose und subperiostale Knochenneubildung an den Langknochen. Darüber hinaus wurden auch alle anderen krankhaften und traumatischen Veränderungen am Skelett erfasst. Die Auswertung ergab eine generell hohe Frequenz an unspezifischen Stressmerkmalen, wobei das Erscheinungsbild der Cribra orbitalia (im Vergleich zu den anderen unspezifischen Stressmerkmalen) am häufigsten zu beobachten war. Mehr als die Hälfte der in Unterradlberg bestatteten Kinder wies auch Merkmale eines chronischen Vitamin-C-Mangels auf, darüber hinaus konnten auch entzündliche Veränderungen an der Lamina interna und in den Nasennebenhöhlen beobachtet werden. Ein hypothetischer Zusammenhang zwischen Stress-Symptomen und verzögertem Längenwachstum der subadulten Individuen konnte nicht verifiziert werden. Mit diesem systematischen Screening krankhafter und traumatischer Veränderungen an den Skelettresten der immaturen Subpopulation des Unterradlberger Gräberfeldes werden erstmals die Lebensumstände einer ländlichen römerzeitlichen Bevölkerung im Raume Österreichs (Provinz Noricum) beleuchtet. Die Häufigkeit der Nahrungsmangelsymptome macht deutlich, dass die Bewohner dieses, in der Grenzregion des römischen Reiches lokalisierten Dorfes, längeren Perioden von Mangelversorgung und damit auch einer höheren Infektanfälligkeit ausgesetzt waren.
In this study we investigated non-specific stress indicators and growth (by using linear measurements of long bones) of a total of 89 subadult individuals recovered at the late antique burial site Unterradlberg, Lower Austria. Hereby we used macroscopical and reflected-light microscopical techniques. Stress indicators such as linear enamel hypoplasia, cribra orbitalia, porotic hyperostosis and subperiosteal new bone formation on long bones were recorded systematically. Additionally, evidences of other conspicuous pathological and traumatic changes were documented. The results reveal a relatively high frequency of non-specific stress indicators, with cribra orbitalia being most often identified. More than half of the sample investigated showed a chronic vitamin C deficiency as well. Inflammatory processes of the endocranium and the paranasal sinuses were also observed. No evidence was found to support the hypothesized correlation between the type and frequency of stress indicators and reduced long bone growth. This systematic screening of pathological and traumatic alterations at skeletal remains of subadults for the first time sheds light on living conditions of a rural population settled in Noricum, a northern Roman province. The frequency of nutritional deficiency symptoms revealed that the inhabitants of this village located close to the border of the Roman Empire were exposed to (probably seasonal) periods of deprivation and therefore were at greater risk of infection.
Adipositas in der Kindheit – aus Sicht der physischen Anthropologie
Adipositas in Kindheit und Jugend zählt gegenwärtig zu den großen epidemiologischen Problemen in westlichen Industrienationen, aber auch in Schwellen- und Entwicklungsländern. Adipositas gilt als pathologische Erscheinung mit gravierenden Folgen für Morbidität, Mortalität und gesundheitsbezogene Lebensqualität. Adipositas im Kindesalter ist jedoch nicht ein rein medizinisches Problem. Zahlreiche intrinsische und extrinsische Faktoren sind ursächlich an ihrem Entstehen beteiligt. Von anthropologischer Seite erweisen sich die Analyse der so genannten adipogenen Umwelt und evolutionsbiologische Hypothesen, wie Thrifty gene oder Thrifty phenotype Hypothese zur Erklärung der steigenden Adipositasraten als besonders bedeutend. Dieser anthropologischen Sicht der Adipositas im Kindesalter wird in der vorliegenden Arbeit nachgegangen.
Childhood and adolescence obesity has reached epidemic levels not only in Western Industrial countries but also in Threshold- and Developing countries. Obesity is considered as a pathological condition, resulting in increased morbidity, mortality and reduced health related quality of life. Childhood obesity however is not only a medical problem. Various intrinsic and extrinsic factors are causally related with the development of obesity. An anthropological approach is the analysis of obesogenic environments and evolutionary hypotheses such as the Thrifty gene hypothesis or the Thrifty phenotype hypothesis are of special interest to explain the steadily increasing obesity rates worldwide. This anthropological point of view of childhood obesity is the topic of the present paper.
Adoption auf den Marshall-Inseln: Von traditionellen Praktiken zur gegenwärtigen Rolle und Bedeutung der Adoption in die USA
Die Entführung von Kindern aus öffentlichen Krankenhäusern in Haiti zwecks Adoption in die USA im Zuge der Erdbebenkatastrophe im Januar 2010 hat die Praxis der Adoption von Kindern aus sogenannten Dritte Welt-Ländern in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Dabei spielen die mikronesischen Marshall-Inseln eine Sonderrolle. Zunehmend gaben dort Eltern ihre Kinder in den letzten drei Jahrzehnten zur Adoption frei, um materielle Not zu lindern. Via Internet bieten zahlreiche US-Agenturen ihren Service an. Dieses Verhalten der Freigabe zur Adoption durch die Marshallesen deckt sich jedoch teilweise mit den traditionellen sozialen Organisationsstrukturen, wo Adoption schon immer eine zentrale Rolle spielte. Der Artikel beleuchtet überblicksartig einige Aspekte der traditionellen und modernen Adoptionspraxis.
The kidnapping of Haitian children from public hospitals for adoption in the USA during the earthquake rescue measures in Haiti in January 2010, pushed the praxis of adoption of Third World children worldwide into discussion. The Micronesian Marshall Islands play a special role in this worldwide business, as many Marshallese parents offered in the last few decades their children for adoption to reduce material predicament. Via internet, several US adoption agencies offer their service. The behaviour to allow adoption which seems to occur on a regular basis partly parallels aspects of the traditional social organisation in Marshallese society, where adoption was socially accepted. The article gives an overview about the traditional and modern practice of adoption.
Objektkundliche und sprachliche Überlieferung aus Ur- und Frühzeit
Die kulturtragende Rolle von Traditionen zeigt sich konkret in der Lebensart von strenggläubigen Juden und Moslems, wo Sitten und Bräuche im Gewand der Religion Jahrtausende überdauert haben. Profaner Alltag und Religionsübung gehen ineinander über. Auch in Berichten antiker Autoren sind alteuropäische Formen des gesellschaftlichen Verhaltens beschrieben, die ebenfalls urzeitliches Gepräge haben, wie es in Bibel und Homer festgehalten ist. Gewisse archäologische Befunde lassen sich in diesem Sinn interpretieren.
The support of traditions for the continued existence of cultures is clearly shown by the way of life of very orthodox Jews or Muslims, where religious customs and ways of life survived thousands of years. Every day life and religious practices merge. Authors of the Antiquity described ancient European ways of social life, which have also prehistoric character like it is written in the Bible or at Homer. Some archaeological evidence can be interpreted in this sense.
Von Helenendorf nach Wien: Krüge, Tasse und ein Stiefelgefäß der Chodžaly-Kedabek-Kultur aus Aserbaidschan
In diesem Beitrag werden fünf Tongefäße, darunter ein Stiefelgefäß, aus Aserbaidschan vorgestellt, welche vor etwa 110 Jahren vom Naturhistorischen Museum angekauft wurden. Neben einer einleitenden Übersicht über Geographie und Geschichte des Landes werden die Fund- und Forschungsgeschichte, die Chronologie der spätbronze-/früheisenzeitlichen Chodžaly-Kedabek-Kultur, zu welcher diese Gefäße gestellt werden, sowie die Problematik der Stiefelgefäße ausführlich beleuchtet.
This contribution presents five pieces of Aserbaidschan pottery, among them a shoe shaped vase, which were bought by the Natural History Museum a hundred years ago. Apart from an introduction to the geography and history of this country the history of finding and the history of research as well as the chronology of the Late Bronze Age/Early Iron Age Chodžaly-Kedabek-Culture to which the vessels are being attributed and the problem of shoe shaped vases are elucidated.
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Heinrich, Angelika (Schriftleitung): Am 7. August 1908 wurde bei planmäßigen Ausgrabungen der anthropologisch-prähistorischen Sammlung des k.k. Naturhistorischen Hofmuseums Wien die berühmte „Venus von Willendorf“ gefunden. Willendorf, ein kleiner Ort in der Wachau, wurde durch diesen Fund zu einem der bekanntesten jungpaläolithischen Fundplätze, und die Venus von Willendorf avancierte zu dem am häufigsten abgebildeten prähistorischen Kunstwerk. Der 100. Jahrestag ihrer Auffindung wurde zum Anlass für eine Reihe von Sonderausstellungen sowie eines internationalen Symposiums im Naturhistorischen Museum, und die Anthropologische Gesellschaft in Wien widmet der „Venus von Willendorf“ den vorliegenden Band. Antl-Weiser, Walpurga: Binsteiner, Alexander – Prichystal, Antonín – Wessely, Godfrid u.a.: Zusammenfassung Summary Taylor, Timothy: Zusammenfassung Summary Neugebauer-Maresch, Christine: Zusammenfassung Summary Binsteiner, Alexander – Eisner, Reinhard – Antl-Weiser, Walpurga: Zusammenfassung Summary Nigst, Philip R. – Viola, T. Bence – Haesaerts, Paul u.a.: Teschler-Nicola, Maria: Zusammenfassung Summary Kirchengast, Sylvia: Zusammenfassung Summary Kremser, Manfred – Jarausch, Susanne – Mazal-Kremser, Elisabeth: Zusammenfassung Summary Traeger, Verena – Wiltschke-Schrotta, Karin: Zusammenfassung Summary Schulte, Günter: Zusammenfassung Summary Horváth, Tünde: Zusammenfassung Summary Karl, Raimund: Zusammenfassung Summary
Zu diesem Band
Neun Beiträge aus den unter dem gemeinsamen Dach der Anthropologischen Gesellschaft vereinten Fachgebieten Ur- und Frühgeschichte, Anthropologie und Ethnologie sowie ein philosophischer Beitrag beschäftigen sich mit verschiedenen Aspekten der Fundgeschichte, der Herstellung und der Bedeutung dieser kleinen Plastik aus Kalkstein und untersuchen menschliche Überreste sowie Artefakte von diesem Fundort.
Die Schriftleitung bedankt sich bei allen Autoren für ihre wertvolle Mitarbeit. Die Überprüfung und teilweise Erstellung der englischen Zusammenfassungen übernahm dankenswerter Weise wieder Frau Dr. Walpurga Antl-Weiser. Dafür und für ihre Unterstützung bei der fachlichen Beurteilung einiger Beiträge soll ihr an dieser Stelle ebenfalls gedankt werden.
Die Venus von Willendorf – 100 Jahre danach
Zusammenfassung
Die Venus von Willendorf ist das am häufigsten abgebildete prähistorische Kunstwerk, aber bis heute ist die Grabungsdokumentation zu diesem Fund nicht vorgelegt worden. Es ist nicht verwunderlich, dass irgendwann die Meinung vorherrschte, es gäbe gar keine. Es ist daher ein Ziel dieser Arbeit, die Funddokumentation zur Venus I von Willendorf zu präsentieren. Außerdem soll neben einer Beschreibung der Arbeitsspuren an der Venus I auch auf die weniger bekannten Elfenbeinfiguren – Venus II und III – eingegangen werden.
Summary
The Venus from Willendorf ranks among the most frequently depicted objects of prehistoric art, but to this day the documents concerning the discovery of the Venus have not yet been published. Therefore it is quite understandable that after some time people thought that none existed. One of the aims of this paper is to present the plans, photographs, descriptions and drawings from excavators’ diaries. Additionally, the working traces on Venus I will be discussed as well as Venus II and Venus III from Willendorf.
Neue Untersuchungen zum Kalkoolith der Venus von Willendorf
Nach der Untersuchung der Venus von Willendorf unter dem stereoskopischen Auflichtmikroskop stellte sich die Frage nach der Herkunft des Kalkoolithes, aus dem die Figur hergestellt worden war. Zunächst konnten in einem ersten Schritt verschiedene Oolithvorkommen des Wiener Beckens untersucht werden. Danach konzentrierten sich die Gelände- und Laborarbeiten auf Gesteinsserien der Klentnice-Formation am Buschberg in den Leiser Bergen (Niederösterreich) und auf die Oolithe am Stránská Skála in der mährischen Hauptstadt Brünn. In diesem Bereich kann derzeit der Ursprungsort des Rohmaterials der Venus angenommen werden.
After microscopic analysis of the Venus from Willendorf the question concerning the provenience of the oolite arose. As a first step we had a look at the oolite deposits of the Vienna basin. Then we concentrated on field and laboratory work of stone samples from the Klentnice formation at the Buschberg in the Leiser Berge (Lower Austria) and oolite from Stránská skála in the vicinity of the Moravian capital Brno. Currently the latter is the supposed place of provenience of the Venus oolite.
The Willendorf Venuses: notation, iconology and materiality
Dieser Artikel beschäftigt sich mit der berühmten Venus von Willendorf in Zusammenhang mit den zwei anderen vermutlichen Venusfiguren von derselben Fundstelle. Es lenkt das Augenmerk auf die Art und Weise, in der oft verschiedene Analyseebenen gebündelt werden, was zu Schlussfolgerungen führt, deren Basis heterogen ist. Nach der Darlegung der grundsätzlichen Terminologie und der Konzepte, die die Art der Daten erfordert, gibt die Arbeit einen Überblick der wissenschaftlichen Rezeption der Figuren mit besonderer Berücksichtigung des Gegensatzes zwischen dem „männlichen Blick“ und den Schlussfolgerungen aus der „Arbeit der Frauen“. Aber anstatt zwischen Interpretationen zu wählen, sucht die Arbeit eine Übereinstimmung durch die Theorie des Wesentlichen. In Anwendung des Grundsatzes der Wesentlichkeit kann man argumentieren, dass die sicherste Information zu diesen Artefakten sich auf die Umstände der Kategorienkonstruktion und die im Entstehen befindlichen sozialen Kontrollmechanismen in den Gemeinschaften des Gravettien bezieht.
This paper considers the famous Venus of Willendorf in context with the other two putative ‘Venuses’ from the same site. It draws attention to the way in which different levels of analysis are often bundled together, leading to interpretive conclusions whose basis is heterogenous. After outlining the essential terminology and concepts required by the form of the data, the paper reviews the scholarly reception of the figurines, focusing especially on the contrast between ‘male-gaze’ and ‘women’s work’ inferences. However, rather than choose between interpretations, the paper seeks consilience through materiality theory. Using materiality, it can be argued that the most secure information we have concerning these artefacts relates to the circumstances of category construction and emerging social control mechanisms in Gravettian communities.
Plastiken des Aurignacien und des Gravettien – Tradition oder Wandel
Die altsteinzeitlichen Plastiken sind eine der auffälligsten Fundkategorien der prähistorischen Forschung und dementsprechend reichhaltig in Publikationen besprochen. Leider sind die Aussagen, die man über deren Funktion treffen kann, sehr gering. Im Folgenden wird die Frage aufgeworfen, ob wir es denn nur mit einer Fundkategorie zu tun haben oder welche Differenzierungsmöglichkeiten im Hinblick auf Alter und Funktion vorhanden sind. Es liegt der Schluss nahe, dass die Aurignacien-Plastiken funktional nicht als Vorgänger der Plastiken des Gravettien gesehen werden können.
Palaeolithic plastic representations rank among the most impressive categories of prehistoric finds, thus being abundantly treated in publications. Unfortunately arguments concerning their function are rather rare. In the following analysis the question arises whether we deal with a homogenous category of finds or if we can differentiate as to their age and function. It can be suggested that Aurignacian plastic representations cannot be considered as predecessors of Gravettian plastic representations.
Die Rohstoffanalyse der Silexartefakte von Willendorf II, Schicht 8 und 9
Die mikroskopische Analyse an 3000 Silexartefakten der Schichten 8 und 9 aus der Fundstelle Willendorf II zeigte zunächst die Vielfalt der verwendeten Rohmaterialien. Im Wesentlichen lässt sich das Gesteinsspektrum dann in drei große Gruppen untergliedern. Das sind zum einen die alpinen Hornsteine und Radiolarite aus den Donauschottern im unmittelbaren Einzugsbereich der Station, dann die Quarzite und Gesteine der Quarz-Opal-Gruppe aus dem Waldviertel Niederösterreichs und zuletzt die glazialen Feuersteine, die aus den im Norden liegenden Ablagerungen der Moränengürtel der letzten Eiszeiten stammten.
Zwischen den Schichten 8 und 9 ergaben sich erhebliche Unterschiede in der Silexversorgung. Beispielsweise liegt der Anteil der glazialen Feuersteine in Schicht 8 bei rund 9 Prozent, während er dann in Schicht 9 auf über 30 Prozent ansteigt.
Microscopic analysis of 3000 artefacts of chipped stone from the layers 8 and 9 from the site Willendorf II clearly showed the variety of the used raw materials. In principle there are three big groups of raw materials. The first one consists of alpine hornstones and radiolarites from the river gravels, the second quartzites and varieties of the quartzite/opal group from the Waldviertel in Lower Austria and the third comprises glacial flints from the late glacial moraines in Northern Moravia. The layers 8 and 9 reveal considerable differences concerning the provenience of raw materials as the percentage of glacial flints increased from 9 to 30% from layer 8 to 9.
Neue Forschungen in Willendorf II: Ein Vorbericht über die Grabung 2006
Zusammenfassung
In dem Beitrag werden die neuen Forschungen an der Fundstelle Willendorf II im Rahmen des interdisziplinären Projekts The Willendorf Project präsentiert. Der erste Teil erläutert die Forschungsfragen, der zweite Teil präsentiert Grabungs- und Dokumentationsmethoden und gibt einen Überblick über die Grabungen im Jahre 2006.
Summary
This paper presents the new research at the site Willendorf II within the framework of an interdisciplinary project entitled The Willendorf Project. The first part of the paper presents the research questions, the second part explains the excavation and documentation methodes and summarizes the 2006 field work results.
Willendorf – Die anthropologischen Quellen
Aus österreichischen paläolithischen Fundstellen waren bis zum Ende des 20. Jahrhunderts lediglich einige wenige menschliche Relikte geborgen worden. Es handelt sich durchwegs um sehr fragmentarische Skelett-, Kiefer- und Zahnreste von (mindestens) sechs kindlichen und erwachsenen Individuen. Darunter befinden sich auch zwei Skelettfragmente aus Willendorf: ein Oberschenkelfragment, das zwischen 1883 und 1887 im Bereich der Station I aufgesammelt wurde, sowie ein bei den regulären Grabungen in den Jahren 1908/1909 aus der Station II geborgenes Unterkieferbuchstück. Beide Objekte können aufgrund neuerer direkter bzw. indirekter Datierungen dem Zeitraum der Kulturschicht 9 und damit dem mittleren Gravettien zugeordnet werden (~23.900 - ~24.900 B.P.). Es werden Aspekte der Fundgeschichte, der Datierung und der Bedeutung dieser Funde für Fragen zur Entwicklung des frühen modernen Menschen diskutiert, welche vornehmlich in ihrem Beitrag zur Analyse der evolutionären Trends während des europäischen Jungpaläolithikums begründet ist.
Until the end of 20th century, only a few human relics from Austrian palaeolithic sites were recovered. It concerns very fragmentary skeletal, jaw and teeth remains of at least six subadult and adult individuals. Among them are also two skeletal fragments from Willendorf, a femoral fragment which was collected between 1883 and 1887 in the area of site I as well as one lower jaw fragment which was recovered during the regular excavations in 1908/1909 from site II. On the basis of newer direct or indirect radiocarbon dates, both objects can be assigned to the time where the objects of cultural layer 9 were depositedand therewith to the middle Gravettian (~23,900 - ~24,900 B.P.). Historical aspects of their recovery, the absolute and relative age assignment and the relevance of these findings for questions concerning the evolution of early modern humans, which is based particularly on their contribution to the analysis of the evolutionary trends during the European Upper Paleolithic, are discussed.
Adipositas und Reproduktion aus evolutionsbiologischer Sicht
Die Venus von Willendorf ein Fruchtbarkeitssymbol?
Vor 100 Jahren wurde die Venus von Willendorf in der Wachau in Niederösterreich geborgen. Seither wurde immer wieder versucht, eine Interpretation für die auffällige viszerale Adipositas der Statuette zu finden. So wurde die ausgeprägte Fettleibigkeit immer wieder als Symbol für weibliche Fruchtbarkeit interpretiert, obwohl eine hochgradige Adipositas keineswegs auf einen Reproduktionsvorteil hindeutet und im Gegenteil eher einen Indikator für Infertilität oder reduzierte Fruchtbarkeit darstellt. Viel seltener wurde die Frage gestellt, ob Adipositas in der dargestellten Form eine häufige Kondition im Jungpaläolithikum war. Gegenwärtig ist diese Form von Adipositas ein weltweit verbreitetes Zustandsbild. Doch war dies im Jungpaläolithikum überhaupt möglich? Dieser Frage wird in der vorliegenden Arbeit nachgegangen.
Exactly 100 years ago the Venus figurine of Willendorf was excavated in the Danube valley of Lower Austria. During the last hundred years several interpretations of the enormous abdominal obesity of this figurine were presented. Predominantly the marked adiposity of the figurine was interpreted as a symbol of fecundity. Obesity however, is no signal of high fertility, in contrast obesity is often an indicator of infertility and reduced reproductive success. Only few authors tried to reconstruct the prevalence of abdominal adiposity during Upper paleolithic. Recently this kind of visceral obesity is found frequently worldwide. However, was this also true of the Upper paleolithic? The present paper tries to answer this question.
Von bewusstseinszustandsspezifischen Venus-Visionen und tranceorientierter Venus-Forschung
Ausgehend von neuesten experimentellen Forschungsansätzen innerhalb der kulturanthropologischen Religions- und Bewusstseinsforschung versucht dieser Beitrag eine erlebnisorientierte „Innenansicht“ der Venus von Willendorf zu vermitteln. Nach den verschiedenen Erklärungsmöglichkeiten ihrer äußeren Gesichtslosigkeit aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven und einer Kurzdarstellung diversester Venus-Diskurse im Kontext weiblicher Spiritualität werden die empirischen Forschungsergebnisse im Sinne einer „Psychologischen Archäologie“ im Detail vorgestellt. Durch das methodische Instrumentarium der rituellen Körperhaltungen mittels rhythmischer Trance-Induktion nach Felicitas Goodman wird das breite Spektrum von Venus-spezifischen Visionen in Verbindung mit ihren jeweiligen Erlebnisinhalten präsentiert.
Using latest experimental approaches within the Anthropology of Religion and Consciousness, this contribution tries to provide an „inner view“ of the Venus of Willendorf. It puts forward different explanations from several scientific disciplines about her outer facelessness as well as a number of current venus-discourses in the context of female spirituality. This is followed by detailed empirical research results in the sense of „psychological archaeology“, whereby the methodology of ritual body postures accompanied by rhythmic trance induction developed by Felicitas Goodman is applied. The broad spectrum of Venus-specific visions along with their experienced images is presented.
Venus von Willendorf
Vom diluvialen Dornröschen zum Dauerbrenner im World Wide Web
Am Beginn des für 2008 proklamierten „Venusjahres“ begaben sich die Anthropologin Karin Wiltschke-Schrotta (Naturhistorisches Museum Wien) und die Ethnologin Verena Traeger (Universität Wien) auf gemeinsame Spurensuche nach der „Venus von Willendorf“ im World Wide Web. Vorliegender Artikel ist das Ergebnis einer weltweiten Grundlagenrecherche im Internet, der lediglich durch sprachliche Barrieren Grenzen gesetzt waren. Von 234 Ländern konnten die Trefferquoten zum Begriff „Venus Willendorf“ überprüft und statistisch quantitativ dargestellt sowie die Webauftritte von vier Ländern, Österreich, Australien, Kanada und Argentinien, inhaltlich qualitativ ausgewertet werden. Nicht nur die altsteinzeitliche Figurine selbst bietet grenzenlosen Spielraum für (populär)wissenschaftliche Spekulationen. Der Begriff „Venus Willendorf“ zeigt im Internet eine überraschende Fülle an inhaltlichen Zusammenhängen und ungeahnten Verwendungsmöglichkeiten. Von der Venusseife, über die animierte, die runden Hüften schwingende „Venus von Willendorf“ bis zur Marilynvenus und zur züchtig bedeckten Statuette findet sich fast alles, was das Herz begehren könnte. Der wissenschaftliche Sensationsfund bietet dabei nicht nur Tourismusmanagern, Schönheitschirurgen und Esoterikern vielfältigste Möglichkeiten zur Produktvermarktung. Die „Venus von Willendorf“ ist auch in den Bereichen bildender Kunst, Literatur, Musik und Film/Performance eine schier unerschöpfliche Inspirationsquelle, die selbst in Zukunft nicht so schnell versiegen wird. Aus dieser immens großen Bandbreite (populär)wissenschaftlicher und kurioser „Fundstücke“ kann der Beitrag schon allein durch die zeitliche Begrenzung jedoch nur die „Spitze des Eisberges“ wiedergeben.
At the beginning of 2008, proclaimed as ‘Venus Year’, the anthropologist Karin Wiltschke-Schrotta (Natural History Museum, Vienna) and the ethnologist Verena Traeger (University of Vienna) embarked on a shared search for evidence tracing the ‘Venus of Willendorf’ on the World Wide Web. The following article is the result of a global search on the internet whose only boundaries were linguistic barriers. The hits for the term ‘Venus Willendorf’ could be reviewed for 234 countries and illustrated with quantitative statistics and the contents of web appearances qualitatively evaluated for four countries: Austria, Australia, Canada and Argentina. It was not just the Stone Age figurine itself that provided boundless scope for (popular) scientific speculation. The term ‘Venus Willendorf’ also produced a surprising abundance of associative content and unexpected possibilities of application on the internet. Almost everything your heart could desire is to be found – from a Venus soap and an animated ‘Venus von Willendorf’ with ample swinging hips to a Marilynvenus and a modestly covered statuette. The sensational scientific discovery not only offers tourism managers, plastic surgeons and mystics manifold opportunities for product marketing. The ‘Venus von Willendorf’ is also a practically inexhaustible source of inspiration for the fine arts, literature, music and film and performing arts, and is under no immediate threat of drying out. Due to time limitations alone, this contribution can only represent the ‘tip of the iceberg’ from this immense range of (popular) scientific and curious ‘finds’.
Die Willendorferin - philosophisch betrachtet von Platon, Kant, Nietzsche und Freud
Aufgefordert, etwas zur hundertjährigen Venus zu sagen, was hätten Philosophen schreiben können? Etwa das Folgende. Platon: Diese Dame, im Geruch einer Gottheit stehend, kann nur die gemeine Aphrodite sein, nicht die himmlische, die vom päderastischen Eros begleitet wird. Nur letztere ist etwas für Philosophen und zeigt den Weg aus der Mutter-Höhlenwelt heraus ans Licht der Vater-Kultur. Kant weiß: Das göttliche Weib kann nur die Mutter sein, die verschleierte Isis. Allerdings ist sie ein Substitut des Vaters bzw. die ästhetische Darstellung des kategorischen Imperativs. Nietzsche erkennt in ihr Baubo, die mythische Vulva. Die sollte man bedeckt halten. Aber nur ihr Gesicht bedeckt unsere Venus. Freud weiß warum: zur Angstvermeidung bei Ödipus, der diesen Fetisch – als Potenzmittel – mit sich trägt. Ohne diesen Komplex ist Venus die sexlustige Mutter, eine hundertjährige Nana.
What would renowned philosophers have written if asked to comment the 100th anniversary of the finding of the Venus from Willendorf? Platon: This lady with its odour of deity can only be the common Aphrodite, not the celestial one being accompanied by pederasty Eros. Only the celestial one is important to philosophers and shows the way out from the maternal world of caves into the light of paternal culture. Kant knows: The divine woman can only be the mother, the veiled Isis. Nevertheless she is the substitute of the father respectively the aesthetic representation of the categorical imperative. Nietzsche detects Baubo within her, the mystic vulva which should remain hidden. Only her face covers our Venus. Freud knows why: Ödipus, who carries this fetish with him as a means of potency in order to avoid anxiety. Without this complex Venus is the lustful mother, a hundred year old Nana.
Sozialmorphologische Studie der spätkupferzeitlichen Baden-(Pécel)-Kultur
Ziel dieser Studie soll es sein, die Lebensweise und Gesellschaft einer spätkupferzeitlichen archäologischen Kultur, in diesem Falle der Baden-Pécel-Kultur, auf der Grundlage von archäologischen Funden und Befunden mit Hilfe von Geschichte, Soziologie, Kulturanthropologie, Religionsgeschichte, Wirtschaftswissenschaft und der ethnographischen Wissenschaften zu rekonstruieren.
In this study – based on archaeological phenomena and finds – I will attempt to reconstruct the life-style and society of a Late Copper Age community, the Baden-Pécel cultre, with the help of historiography, sociology, cultural anthropology, history of religion, economics and ethnography.
Feine Unterschiede – Zu „Keltengenese“ und ethnogenetischen Prozessen in der Keltiké
In der deutschsprachigen Forschung wird immer noch gerne die „Keltengenese“, die „Entstehung der Kelten“, als ethnogenetischer Prozess, also als Entstehungsprozess eines „Volkes“ verstanden. International hat sich hingegen die Forschung weitgehend darauf geeinigt, dass man „die Kelten“, ob in der Antike oder später, keineswegs als „ein Volk“ betrachten könne, sondern dass der Begriff Kelten im Wesentlichen eine Schöpfung von nationalistischem Gedankengut beeinflusster Forscher zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert darstellt. In diesem Beitrag wird ein Modell vorgestellt, das die Keltengenese als Prozess der Kulturontogenese beschreibt, also als einen Prozess, der zur Entstehung bestimmter, durch moderne Beobachter wahrnehmbarer Ausprägungen kulturellen Handelns führt und so zur Entstehung eines durch diese modernen Beobachter bestimmbaren raumzeitlichen Verbreitungsgebietes führt, das man als Keltiké ansprechen kann. Dieser Prozess der kulturellen Ontogenese unterscheidet sich jedoch ganz wesentlich von ethnogenetischen Prozessen, die innerhalb dieser Keltiké ablaufen und damit zwar Teil der kulturellen Ontogenese der Kelten, jedoch nicht mit dieser gleichzusetzen sind. Akzeptiert man diesen feinen Unterschied, lösen sich eine ganze Reihe schwerwiegender Probleme mit dem modernen Keltenbegriff von ganz allein.
The emergence of „the Celts“ is still frequently understood as an ethnogenetic process in German research. Internationally, however, there is almost complete agreement that the term “Celts” is not referring to “a people”, whether in Antiquity or later, but rather a creation of scholars of the 16th-19th century AD, who had been influenced by nationalist thought. This article introduces a model, which understands the “emergence of the Celts” as a process of cultural ontogenesis. This process leads to the emergence of products of cultural agents, observable by modern scholars within a spatially and temporally bounded area of distribution, which can be described as the Keltiké. This process of cultural ontogenesis, however, is considerably different to ethnogenetic processes. The latter do take place within the Keltiké, and thus form part of the wider phenomenon of Celtic cultural ontogenesis, but cannot be equated with it. If this fine differentiation is accepted, many of the serious problems associated with the modern term ‘Celtic’ disappear.
Heinrich, Angelika (Schriftleitung): Als vor 150 Jahren, am 30. April 1857, die Fregatte „Novara“ von Triest aus zu ihrer Weltumsegelung in See stach, war dies die erste Unternehmung der k.u.k. Kriegsmarine in wissenschaftlicher Mission. An Bord waren neben der Besatzung auch sieben Wissenschaftler, ausgewählt von der k.k. Akademie der Wissenschaften in Wien. Die Reise berührte u.a. Südamerika (Rio de Janeiro), Afrika (Kapstadt), Asien (Ceylon, Madras, Java, Manila, Hongkong, Shanghai), Australien und Neuseeland sowie zahlreiche kleinere Inseln und kehrte über Tahiti und Kap Hoorn am 30. August 1859 nach Triest zurück. Neben umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen war die Akquirierung von Objekten eine der Hauptaufgaben der Forscher auf ihrer Reise um die Welt. Diese Sammlungen bereichern heute vor allem das Naturhistorische Museum und das aus ihm hervorgegangene Museum für Völkerkunde in Wien. Das Jubiläum dieser Reise nahm die Anthropologische Gesellschaft in Wien zum Anlass, den nun vorliegenden Doppelband 136/137 unter das Generalthema „Expeditionen – Sammelreisen – Entstehen von Sammlungen“ zu stellen. Dieses Thema sollte aus möglichst vielen verschiedenen Blickwinkeln unter Beteiligung möglichst aller in der Gesellschaft vertretenen Einzelwissenschaften (Anthropologie, Ur- und Frühgeschichte, Ethnologie und Volkskunde) erörtert werden. Der Einladung der Schriftleitung zur Mitarbeit an diesem Band kamen 13 Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen nach, die in 14 Beiträgen dieses Thema beleuchteten, fünf davon mit direktem Bezug auf die Novara-Expedition. Besonders erfreulich ist, dass auch dieser Band wieder unter Beteiligung benachbarter Fachrichtungen realisiert werden konnte. Stagl, Verena: Zusammenfassung Summary Nolden, Sascha: Zusammenfassung Summary Schifko, Georg: Zusammenfassung Summary Teschler-Nicola, Maria: Zusammenfassung Summary Ballhausen, Thomas: Zusammenfassung Summary Teschler, Maria: Zusammenfassung Summary Heinrich, Angelika: Zusammenfassung Antl-Weiser, Walpurga: Zusammenfassung Summary Kern, Daniela: Zusammenfassung Summary Chevron, Marie-France: Zusammenfassung Summary Melk-Koch, Marion: Zusammenfassung Summary Wessel, Alexandra: Zusammenfassung Summary Marchetti, Christian: Zusammenfassung Summary Mader, Brigitta: Zusammenfassung Summary Hofmann, Kerstin P.: Zusammenfassung Summary Angeli, Wilhelm: Zusammenfassung Der in den empirischen Disziplinen geläufige Schluss von der Wirkung auf die Ursache ist nie sicher. Dieselbe Wirkung kann aus verschiedenen Ursachen eingetreten sein. Diese Art der Erkenntnisfindung ist jedoch in der Praxis der Forschung nicht zu umgehen. Es werden eben gleich mehrere hypothetische Ursachen für ein tatsächliches Phänomen gesucht und diese daraufhin geprüft, welche davon die in Frage stehende Wirkung am besten erklärt. Popper hat diese hypothetisch-deduktive, von ihm als „kritische“ bezeichnete Methode (in Opposition zur Induktion) zum Prinzip erhoben. Es besteht freilich keine absolute Gewissheit, dass es nur diese und nur eine Ursache gibt, aber jede dieser hypothetischen kann man immer in Konkurrenz zu anderen Erfahrungstatsachen der Bewährung unterziehen. Die Wahrheit in logischer Reinheit kann die Methode mit Versuch und Irrtum ebenso wenig wie die Induktion unfehlbar erfassen. Das Verfahren der methodischen Skepsis mit steter Irrtumsberichtigung hat jedoch im Lauf der Zeit vieles ans Licht gebracht, was bisher unbestreitbar zutrifft. Auf solchen bewährten Einsichten beruht unsere von Wissenschaft geprägte Zivilisation. Die prähistorische Archäologie geht von Spuren aus, und es gilt herauszufinden, auf welchen wirklichen Vorgang sie zurückzuführen sind. Vorgeschichtliche Vorgänge und Verhaltensweisen sind vergangen, also nicht mehr tatsächlich zu erkennen, und so gibt es im allgemeinen keinen Ansatz für die Methode der Ausmerzung nachweislich unrichtiger Hypothesen. In manchen Quellengattungen sind jedoch Eigenschaften zu eruieren, die konstant bleiben oder sich doch in berechenbarer Weise verändern. Sie bilden eine Brücke zur Gegenwart und ermöglichen objektives Erkennen. Aus chemischen und physikalischen Merkmalen lassen sich nach der Methode des Ausschlusses des Nichtzutreffenden bündige Schlüsse auf die Herkunft von Rohstoffen sowie auf das Alter und unter Umständen auch auf den Vertrieb von Produkten ziehen. An Stelle eines Naturgesetzes findet die experimentelle Archäologie Vergangenheit und Gegenwart durch Werktradition verbunden, die sich aus historischer Zeit bis in die Vorzeit zurück verfolgen lässt. Wofür ein Beil, ein Schuh, ein Brunnenschacht, ein unterminierter Berg gut sind, weiß man schon. Die Analogie ist vollständig, der Schluss daraus wird als solcher gar nicht wahrgenommen. Diese Erkenntnisart schließt direkt an die objektkundliche Ethnologie an. An vorzeitlich Vergangenem selbst kann man nicht Versuche anstellen, wie es wirklich war. Werden aber im Material des archäologischen Befundes Eigenschaften erkannt, die damals wie heute unveränderlich und für die Fragestellung konstitutiv sind, lassen sich Aussagen erzielen, die als wahr gelten können. Schlüsse aus der äußeren Beschaffenheit und der geografischen Verteilung kultureller Reste auf gesellschaftliche Verhältnisse oder gar auf einzelne Vorkommnisse haben keinen empirischen Rückhalt. Das typologische, d.i. morphologische Verfahren erbringt, abgesehen von der Gliederung des Materials, nur unverbindliche subjektive Deutungen .Diese wechseln häufig und haben, da nicht nachprüfbar, für den Fortschritt der Forschung meist nur geringen Wert.
Zu diesem Band
Die Schriftleitung bedankt sich bei allen Autoren für ihre wertvolle Mitarbeit. Die Überprüfung und teilweise Erstellung der englischen Zusammenfassungen übernahm dankenswerter Weise wieder Frau Dr. Walpurga Antl-Weiser, wofür ihr an dieser Stelle ebenfalls herzlich zu danken ist.
Im Anschluss an die Sitzungsberichte wird die in der Jahreshauptversammlung am 13. April 2005 einstimmig beschlossene neue Geschäftsordnung (Satzungen) der Gesellschaft abgedruckt.
Die Weltumsegelung der Fregatte Novara (1857-1859) im Spiegel zoologischer Sammlungen
Die Weltumsegelung der Fregatte Novara (1857-1859) ist ein Höhepunkt österreichischer Expeditionsgeschichte. Das Schiff verließ am 30. April 1857 Triest. Die Fahrtroute war: Gibraltar – Madeira – Rio de Janeiro – Cap der Guten Hoffnung – St. Paul – Ceylon – Madras – Nikobaren – Singapur – Java – Manila – Hongkong – Shanghai – Insel Puynipet – Insel Sikayana – Sydney – Neuseeland – Tahiti – Valparaiso – Triest. Ein wesentliches Ziel waren wissenschaftliche Errungenschaften. Hier wird besonderes Augenmerk auf die zoologische Ausbeute gelenkt. Georg Frauenfeld (1807-1873) als Zoologe und Johann Zelebor (1815-1869) als Präparator waren mit an Bord, beide waren Angestellte des k.k. Zoologischen Hof-Cabinets. Mehr als 26.000 zoologische Objekte wurden mitgebracht. Nach der Rückkehr wurde ein eigenes „Novara“-Museum in Wien eröffnet, die Sammlungen wurden von Spezialisten untersucht und die Ergebnisse zum Großteil im zoologischen Teil des „Novara“-Reisewerkes publiziert.
The circumnavigation of the earth by the frigate Novara (1857-1859) is one of the highlights of Austrian research history. The ship sailed from Trieste on 30 April 1857. The itinerary of the voyage was as follows: Gibraltar – Madeira – Rio de Janeiro – Cape of Good Hope – Islands of St Paul – Ceylon – Madras – Nicobar Islands – Singapore – Java – Manila – Hong Kong – Shanghai – Island of Puynipet – Sikyana Island – Sydney – New Zealand – Tahiti – Valparaiso – Trieste. One of the key goals was to collect scientific data. The present contribution focuses on the zoological discoveries. The zoologist Georg Frauenfeld (1807-1873) and the preparator Johann Zelebor (1815-1869) – both employees at the “k.k. Zoologisches Hof-Cabinet” – were participants. More then 26,000 zoological items were collected. A special “Novara”-Museum was opened in Vienna to house the collection. Specialists examined the material, and most of the results were published in the zoological part of the so-called “Novara”-Reisewerk.
Ferdinand Hochstetter (1829-1884) und die Novara-Expedition in Neuseeland
Als die österreichische Fregatte Novara auf ihrer Erdumsegelungs-Expedition in Auckland, Neuseeland, ankam, entfaltete sich dies zu einem schicksalhaften Wendepunkt für den jungen Geologen und Physiker an Bord. Ferdinand Hochstetter fand auf Neuseeland die lang ersehnte Gelegenheit, ein größeres, bisher geowissenschaftlich fast unerforschtes Land im Auftrage der neuseeländischen Regierung und als Ergänzung der Novara-Expedition zu erforschen. Obwohl die Entscheidung, die Expedition am entferntesten Punkt der Reise zu verlassen, nicht leicht war, so bereute er sie im nachhinein nicht. Wurde ihm doch durch den neun Monate langen Aufenthalt zuerst in Auckland auf der Nordinsel und hernach in Nelson auf der Südinsel jede Unterstützung gegeben und konnte er dadurch einen der wichtigsten Beiträge der Expedition leisten sowie Sammlungen und Beobachtungen machen, die später als Grundlage für seine monumentalen Werke über Neuseeland dienten. In diesem Beitrag wird weniger das gründlich dokumentierte und bearbeitete Geowissenschaftliche und mehr Hochstetter und seine Begegnung mit den einheimischen Neuseeländern und deren Kultur und Umwelt sowie mit den Kolonisten, die als Pioniere großen Wert auf Hochstetters Erschließung der Bodenschätze legten und darauf ihre Hoffnung auf späteren Reichtum bauten, in Betracht gezogen. Zum Abschluss wird eine kurze Übersicht der auf Neuseeland bezogenen Werke Hochstetters und deren Entstehungsgeschichte und Entwicklung gegeben.
When the Austrian frigate Novara arrived in Auckland on its expedition around the globe this marked a major turning point for the young geologist and physicist on board. In New Zealand Ferdinand Hochstetter found the opportunity to explore a geologically hitherto largely unexplored country in the service of the New Zealand government and as an extension of the Novara expedition. Although the decision to leave the expedition, at this furthest point of the journey, was not an easy one, he never regretted it later as it gave him the opportunity to spend nine months in Auckland on the North Island and Nelson in the South Island, and wherever he went he was provided with generous support for his efforts and was thus enabled to make one of the most significant contributions to the results of the Novara expedition and at the same time accumulate collections and observations which were later to form the basis for his publications on New Zealand. In this article the focus is not so much on the already thoroughly documented geological explorations but more on Hochstetter’s encounter with the indigenous people of New Zealand, their culture and environment as well as his relationship with the pioneer settlers in New Zealand, who especially valued Hochstetter for his contribution to the assessment of the mineral resources that would promise future wealth for the colony. In closing, an overview of the works by Hochstetter relating to New Zealand is given with some remarks on their genesis and development.
Überlegungen zum möglichen Einfluss von Ferdinand v. Hochstetter auf Andreas Reischeks anthropologische Sammeltätigkeit
Dieser Artikel erörtert den Einfluss, den der Geologe Ferdinand von Hochstetter auf Andreas Reischeks Weltbild und dessen, heutzutage sehr umstrittene, Sammeltätigkeit ausgeübt haben könnte. Es wird ebenso abgehandelt, warum Hochstetters Diebstahl einer Maori-Schnitzerei gänzlich unkritisiert blieb, während im Gegensatz dazu Andreas Reischek im zweifelhaften Ruf steht, ein Dieb und Grabschänder zu sein
This contribution examines the potential influence of the geologist Ferdinand von Hochstetter on Andreas Reischek’s weltbild and his highly controversial collecting activities. It also discusses why Hochstetter's theft of a Maori carving entirely escaped criticism, whereas Andreas Reischek earned an unsavory reputation as a thief and grave robber.
„… der Barbar in der färbigen Hautdecke“ – Anthropologische Objekt- und Datenakquisition im Rahmen der Novara-Forschungsreise 1857-1859
Die Wissenschaft vom Menschen war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stark vom positivistischen und physikalistischen Denken bestimmt und auf die quantitative Erfassung von körperlichen Merkmalen und vergleichend-anatomische „Rassenstudien“ ausgerichtet. Die mit der Anthropologie befassten Teilnehmer der Novara-Weltumsegelung akquirierten menschliche Relikte und nahmen umfangreiche Körpervermessungen an indigenen Bevölkerungen (vielfach in Gefängnissen und Spitälern) auf der Basis eines normierten „Vermessungsschemas“ vor. Letztere zählen zu den frühesten Versuchen einer standardisierten „Rassenuntersuchung“.
Als gesichert kann angenommen werden, dass sich die Sammelerfolge der an der Novara-Unternehmung beteiligten Naturforscher, Ethnologen und Mediziner durch die Internationalisierung des vergleichenden Blickwinkels katalysierend auf die Entwicklung der österreichischen Anthropologie auswirkten; ebenso hatten die Objektsammlungen die Diskussionen um die museale Entwicklung und damit die Institutionalisierung der Anthropologie stimuliert.
Die heute noch vorhandenen Bestände aus dieser Gründerzeit, Spiegelbild eines „klassifikatorischen Raptus der neuzeitlichen Wissenschaft“ (Blom 2004), konfrontieren uns darüber hinaus mit Sammlungsstrategien, die sich mit den heutigen Sichtweisen nicht zur Deckung bringen lassen – vielfach auch die weitere wissenschaftliche Verwendung in Frage stellen.
In the second half of the nineteenth century the science of man was shaped by positivist and materialist thinking, and initially aimed at a quantitative assessment of physical traits and comparative anatomical “studies of race” in order to identify “ideal racial types”.
The participants responsible for anthropology of the Novara-journey round the world acquired human relicts and carried out extensive body measurement at indigenous populations (often at prisons and hospitals) on the base of a detailed “measurement scheme”. The latter are among the earliest attempts of a standardized “races investigation”.
It can be taken for granted that the collecting successes of natural scientists, ethnologists and medical doctors participating at the Novara-enterprise did affect the internationalization of the comparing angle of view catalyzing the development of Austrian anthropology, just as the object collections had stimulated the discussions concerning the museums development and therewith the institutionalization of anthropology.
The inventories yet available today – reflections of a “classificatory raptus of modern science” (Blom 2004) – confront us additionally with collection strategies, that themselves do not cover the current perception, they also question the further scientific use in many cases.
Die (weiße) Spur führt zurück. Ein Routenplaner von der Novara zu Freud
Einem Hinweis von Mike Jay (Jay 2005: 154 f.) folgend, wird in diesem Aufsatz einer Episode aus Sigmund Freuds frühem Schaffen nachgegangen, die immer noch den Anflug des Anrüchigen mit sich trägt und gleichermaßen zu einem populären und weit verbreiteten Bild des Vaters der Psychoanalyse beigetragen hat: Die wissenschaftliche und persönliche Auseinandersetzung des Arztes mit dem Alkaloid Kokain zu einem Zeitpunkt, zu dem die volle Wirkungsbreite der Droge noch nicht umfassend erforscht worden war. Für einen wissenschaftsgeschichtlichen Ansatz sind Freuds betreffende, voranalytische Arbeiten insbesondere von Interesse, da sich eine deutliche Verbindungslinie zwischen der „Novara“-Expedition und dem medizinischen Forschungsinteresse an den importierten Coca-Blättern und dem daraus gewonnenen Kokain nachweisen lässt.
Following a hint by Mike Jay (Jay 2005: 154f.) this essay attempts to sketch an episode from Freuds early works, which is still perceived as strange and nonetheless important to a popular image of this great scholar: his scientific research and private contact with the alcaloid cocaine during a period, in which the full spectre of effects of this drug wasn’t clear at all. For outlining the historical and scientifical background and implications, Freuds preanalytic writings on cocaine are of great interest, also because of the direct connection between the „Novara“-expedition, and Freuds interest in the import of coca-leafs as well as the extract cocain.
Die Wiener Pest-Expedition 1897 – Rudolf Pöchs erste Forschungsreise. Ein biographischer Beitrag
Der Ausbruch der letzten großen Pestpandemie um die Wende des 19./20. Jahrhunderts traf mehrere asiatische Länder, insbesondere Indien. Er markiert epidemiologiegeschichtlich die Pionierzeit der modernen Pestforschung, die 1894 mit der Entdeckung des Erregers dieser Erkrankung eingeleitet wurde. Auch die österreichische Akademie der Wissenschaften etablierte ein Projekt zur Erforschung einiger unzureichend geklärter klinischer, pathologisch-anatomischer und bakteriologischer Aspekte dieser Krankheit und entsandte zu diesem Zweck zwischen Februar und Mai 1897 eine „Pest-Kommission“, der auch Rudolf Pöch, der spätere erste Ordinarius für Anthropologie und Ethnographie an der Universität Wien, als Hilfsarzt angehörte, nach Bombay. Der gegenständliche Beitrag thematisiert die Voraussetzungen, die Zielsetzung, die Rahmenbedingungen und den Verlauf vor Ort sowie die Entwicklungen nach der Rückkehr der Delegierten, die im Ausbruch der so genannten „Laboratoriumspest“ in Wien einen tragischen Abschluss fand. In einem kurzen Exkurs werden abschließend auch die Rezeptionsgeschichte und die öffentlich, in sehr heftiger Form in allen Medien ausgetragenen Diskussionen und politischen Reaktionen thematisiert.
The outbreak of the last plague pandemic around the turn of the 19/20-th century affected several Asian countries, in particular India. Epidemiology-historically it marks the pioneer’s time of modern plague research which was induced in 1894 when the causative organism (Bacillus pestis) could be identified. Also the Austrian Academy of Sciences set up a project to investigate some of the insufficiently cleared clinical, pathological-anatomical and bacteriological aspects of this illness. For this purpose, a “plague committee” was delegated and sent out to Bombay, working there between February and May 1897. One of the members of the committee, the auxiliary doctor Rudolf Pöch, later became the first full professor for anthropology and ethnography at Vienna’s University. The present contribution broaches the issue of the prerequisites, the objective, the basic conditions and the course on site as well as the developments after the return of the delegates to Vienna, which include the unexpected outbreak of the so-called “laboratory plague”. Finally, in a short excursus, the perception of the results and the public discussions and political reactions, which were delivered in nearly all daily magazines, will be highlighted as well.
Franz Hegers Reisen und Ausgrabungen im Kaukasus und die Entstehung der „Sammlung Kaukasischer Alterthümer“ im Naturhistorischen Museum in Wien
Im Verlauf relativ weniger Jahre (1881-1893) gelang es Franz Heger, von 1886 bis 1919 Direktor der anthropologisch-ethnographischen Abteilung des k.k. Naturhistorischen Hofmuseums in Wien, eine bedeutende Sammlung von Altertümern – von der Bronzezeit bis zum frühen Mittelalter – aus dem Kaukasus (zum größten Teil aus Nord-Ossetien) für das Museum zu erwerben.Basierend auf seinen Tagebuchaufzeichnungen und Korrespondenzen werden Franz Hegers Reisen in den Kaukasus (1881, 1890, 1891) beschrieben und die Umstände des Zustandekommens und der Erwerbung der kaukasischen Sammlungen beleuchtet.
Summary
Between 1881 and 1893 Franz Heger, director of the anthropological and ethnographical department of the k.k. Naturhistorisches Hofmuseum in Vienna (1886-1919), succeeded in acquiring a major collection of antiquities from the Caucasus (mainly from North-Ossetia) for the museum, reaching from the Bronze Age to the Early Middle Ages. Based on his diary entries and correspondence, Franz Heger’s travels to the Caucasus (in 1881, 1890 and 1891) are being described as well as the circumstances which led to the acquisition of the Caucasian Collection.
Die Studien des Oberleutnants Josef Bayer in Palästina in den Jahren 1917 und 1918
Josef Bayer hatte während des Ersten Weltkriegs beim Militäreinsatz in Palästina in den Jahren 1917 und 1918 Gelegenheit, Silexgeräte aufzusammeln und Museumsinventare zu studieren. Den Großteil seiner Studien unternahm er im Jahr 1917, da 1918 die Lage an der Front immer schwieriger wurde. Anhand der aufgesammelten Fundensembles, die er für eine Übergangsindustrie zwischen Altpaläolithikum und Neolithikum hielt, definierte er eine neue Kultur, die Askalonkultur.
During World War I being officer at the Palestine Front in 1917 and 1918 Josef Bayer had the possibility to collect stone tools und to study museums inventories. He did the main part of his studies in 1917 because the dramatic situation at the end of the war in 1918 did not allow further studies. On the basis of collected flint assemblages, which he thought to be a transitional industry between Lower Palaeolithic and Neolithic, Bayer defined a new culture named “Askalonian”.
Bemerkungen zu archäologischen Privatsammlungen und ihrer Verwertbarkeit für wissenschaftliche(s) Arbeiten
Das Anlegen archäologischer Sammlungen stand am Beginn der archäologischen Wissenschaften. Während das Fach in den nachfolgenden Jahrzehnten ausgefeilte Grabungs- und Auswertungsmethoden entwickelte hat, verloren die Funde ohne entsprechenden Fundzusammenhang zunehmend an Bedeutung. Im Vergleich zu den Ergebnissen der Auswertung von Grabungsfunden sind die Erkenntnisse, die aus der Aufarbeitung von Funden aus archäologischen Sammlungen gewonnen werden können, als gering einzuschätzen, selbst bei sorgfältig geführten Aufzeichnungen, fachgerechter Konservierung und Aufbewahrung der Funde. Das Aufarbeiten von Sammlungsbeständen, das über eine reine Inventarisierung und Erfassung der Gegenstände hinaus geht, erweist sich in der Regel als zeitaufwendige und damit kostenintensive Arbeit. Wichtiger als die Funde selbst sind die durch sie festgestellten Fundstellen, die, wenn sie dem Bundesdenkmalamt sachgerecht gemeldet werden, einen Beitrag zur archäologischen Landesaufnahme darstellen. Sie können somit Grundlagen für Denkmalschutzaufgaben oder eine wissenschaftliche Beschäftigung mit einem Fundort bieten.
Putting up archaeological collections was the beginning of archaeological science. During the following decades when archaeologists developed excavation- and analysing methods of increasing quality, finds without context lost their importance step by step. Compared to results from analysing well documented finds from excavations, information got from analysing finds from archaeological collections is rather poor, even if there are accurate notes, professional conservation and storage of these finds. Research on the basis of collections beyond establishing inventories and catalogues is in general a rather time consuming and expensive work. More important than the finds themselves are the sites which represent, in the case they are reported to the ‘Bundesdenkmalamt’, a contribution to the archaeological map. In that way they are a basis for duties concerning the protection of monuments or further scientific work on a special site.
Reisen und Sammeln aus wissenschaftlicher Überzeugung heute und zur Zeit von Adolf Bastian (1826-1905).
Mit seiner umfangreichen Reise- und Sammeltätigkeit verfolgte Bastian zielstrebig das Ziel, einen Überblick über die Kulturen der Welt zu erhalten und die Ethnologie als vergleichende Wissenschaft zu etablieren. Zu dieser Zeit entstand eine kritische, bis heute anhaltende Diskussion über die wissenschaftliche Bedeutung solcher Sammeltätigkeit und über den Umgang der Ethnologie mit dem Wissen des Museums sowie über die wissenschaftliche Bedeutung von Objekten in Museen. Hier werden einige methodologische und theoretische Forschungsfragen, welche sowohl aus damaliger wie auch aus heutiger Sicht wichtig sind, aufgeworfen.
With his widespread journeys and collecting activities Bastian followed his aim straight to the point, to get a survey of world cultures and to establish ethnology as a comparative science. At that time until today ongoing discussion of the scientific relevance of such actions of collecting and about the integration of ethnology with the knowledge-base of museums and the scientific significance of objects in museums takes place. Here, some methodological and theoretical questions of research arise today as they did in former times.
Wie die Südsee nach Thüringen kam ...
Ethnographika aus dem Pazifik und aus Australien in Thüringen
Frühzeitig gelangten Ethnographika aus der Südsee – so auch von der Novara-Expedition – in Kunst- und Museumssammlungen auf dem Gebiet des heutigen Thüringen. Durch Besitzerwechsel im Laufe der Jahrhunderte und vor allem durch die nach 1949 in der DDR erfolgten Sammlungsprofilierungen wurden große Bestände umverteilt, und selbst herausragende Sammlungen gerieten in Vergessenheit. Ein großer Teil der wertvollen Ethnographika kam in den fünfziger und sechziger Jahren in das Museum für Völkerkunde zu Leipzig und wurde dort in den Bestand des Hauses integriert. Wo diese Gegenstände herkamen, wer sie wann und wo erwarb und welches Schicksal sie nahmen, dies zu rekonstruieren ist Gegenstand dieses Artikels, der den gegenwärtigen Recherchestand zusammenfasst.
Back in the sixteenth century ethnographic objects from the Pacific - later including items from the Novara Expedition - were already to be found as part of ‘Kunstkammer’ and museum collections within the region known today as Thuringia. Ownership changed over the centuries and, mainly due to the so-called profiling of collections after 1949 in the GDR, thousands of specimens were relocated and subsequently forgotten. Most of these valuable artefacts were transferred to the ‘Museum für Völkerkunde in Leipzig’ in the 1950s and 60s where they were integrated within the existing collections. To discover where they came from and when and by whom they were acquired and what has happened to them since then forms the subject of this article, which summarises the current state of my research.
Die Missionssammlung Liefering der Herz-Jesu-Missionare in Salzburg-Liefering, Papua Neuguinea Abteilung
Dass Klöster Schätze bergen, ist eine weit verbreitete Annahme. Dass diese Schätze eine ethnologische Dimension besitzen und sich zudem in Österreich befinden, ist ein kleines Wunder. Tanzutensilien, Ritualgegenstände, Jagd- und Kriegsobjekte und Alltagsgegenstände tauchten nach und nach aus ihrer Versenkung in den Kellerräumen der Herz-Jesu-Mission in Liefering/Salzburg auf. Aufzeichnungen von Missionaren, Tonbandaufnahmen und Photographien im Klosterarchiv ergänzten den Fund, aus dem sich heute das Missionarsleben im Bismarckarchipel in den vergangenen 115 Jahren, die Sammeltätigkeit einzelner Missionare und der Kulturwandel in Melanesien darstellen lässt. So individuell, wie die sammelnden Missionare waren, so vielfältig ist die Objektbreite, die diese kleine aber feine Sammlung aufweist. Einzelne Objekte sind in Texten beschrieben und ihre Nutzung auf Photographien dokumentiert.
Die Entstehung der einzelnen Sammlungen, die heute zur Missionssammlung Liefering zusammengefasst sind, die Missionare, die sie nach Europa brachten, und das Konzept der Ausstellung sei hier erstmals dargestellt, um das neu eröffnete Museum der Öffentlichkeit vorzustellen.
It is well known, that monasteries often lodge multiple treasures. Finding objects from Melanesia in Austria is rather surprising. The miracle, discovered in 2002 includes objects for dances, fights, rituals, and everyday life, which had been buried in cellar-rooms of the congregation of the Missionaries of the Sacred Heart in Salzburg for years. Diaries and reports of the Missionaries, photographies, and recordings of traditional songs have been found with the objects.
Today we can reconstruct the life of missionaries and people in the Bismarck Archipelago during the last 115 years, the collecting activities of some missionaries, and the cultural change in this Melanesian area. Particular objects are well documented and accompanied by scientific reports and recordings. This article gives an introduction to the collections brought to Europe by the missionaries of the Sacred Heart which are today included in the Museum collection Liefering. In this article the concept of the newly opened exhibition, the collecting missionaries, and the history of the Sacred Heart Mission in the South Pacific is documented.
Wiener Ethnographen im Ersten Weltkrieg
Um die Interdependenzen zwischen moderner Kriegführung und ethnographischer Wissenschaft auszuloten, werden im Artikel zwei Forschungsunternehmungen beschrieben und einander gegenübergestellt: Die Beteiligung Wiener Volkskundler an der „historisch-ethnographischen Balkan-Expedition“ durch die besetzten Gebiete Montenegros, Albaniens und Serbiens 1916 und die Sammelfahrt des Direktors der ethnographisch-anthropologischen Abteilung des Naturhistorischen Hofmuseums ins nordalbanische Mirditengebiet 1917. Anhand dieser soll gezeigt werden, wie der moderne Krieg als restriktiver Handlungsraum wissenschaftliches Tun beeinflusst und in Dienst stellt. Zugleich können sich dem Wissenschaftler durch bereitwillige Selbstindienststellung neue Forschungsmöglichkeiten und -felder eröffnen. Die kriegsdienliche Nutzbarmachung ethnographischen Wissens zu Besatzungs- oder Propagandazwecken kann zudem als Kapital im heimischen Konkurrenzkampf dienen. Fachhistorisch zeigt sich der Erste Weltkrieg, auch abseits der politischen Folgen von Sieg oder Niederlage, als wichtiger Markstein bei der Ausdifferenzierung, Spezialisierung und Professionalisierung der anthropologischen Wissenschaften.
To examine the interdependence of modern warfare and the ethnographic discipline, two scientific endeavours are described and compared: The participation of Viennese folklorists in the “historical-ethnographical Balkans-Expedition” through the occupied territories of Montenegro, Albania and Serbia in 1916 and the field trip of the director of the ethnographical-anthropological collection of the imperial courts museum of natural history to the tribal area of the northern Albanian Mirdites in 1917. These demonstrate how modern war influences, restricts and mobilizes scientific doing. Simultaneously the willing self-mobilisation of scientists can disclose new chances and fields of research. The activation and utilisation of ethnographic knowledge for the war effort (as instructive for occupation regimes or for propaganda use) can serve as an asset in the scientific competition in the homeland. In the history of the anthropological discipline, World War I, even beside the consequences of victory or defeat, turns out to be a significant stepping stone towards differentiation, specialisation and professionalisation.
Ludwig Salvators Tabulae Ludovicianae – Vom Museum auf Papier zur Datenbank Mittelmeer
Erzherzog Ludwig Salvator (1847-1915) erlangte nicht aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Kaiserhaus oder wegen militärischer Verdienste Berühmtheit, sondern trat als international anerkannter und ausgezeichneter Wissenschaftler und Forschungsreisender hervor. Seine zahlreichen Werke über den Mittelmeerraum, Tasmanien und Los Angeles zeichnen sich durch ihren multidisziplinären, geradezu enzyklopädischen Charakter aus, der ihnen auch noch ein gutes Jahrhundert nach ihrem Entstehen als reiche Quelle vor allem in wissenschaftshistorischer Hinsicht Bedeutung verleiht. Die Lektüre gleicht einem Rundgang durch ein Museum auf Papier, das einen geografischen Bereich in all seinen Aspekten vor dem geistigen Auge des Betrachters wieder erstehen lässt. Wesentliche Bedeutung kommt dabei dem „Wort-Bild-Prinzip“ zu, das Ludwig Salvator in seinen Tabulae Ludovocianae zur Anwendung bringt. Durch ihr einheitliches interdisziplinäres Grundschema erscheinen seine Werke als Basis zur Einrichtung einer intermediterranen Datenbank zur umfassenden Aufnahme der Kultur- und Wissenschaftsgeschichte des Mittelmeerraumes geeignet.
The Austrian Archduke Ludwig Salvator (1847-1915) was not famous as a member of the Habsburg-Lothringen family or as a successful militar? but as an scientist and explorer of international reputation. The importance of his numerous books about the Mediterranean, Tasmania and Los Angeles consists in their multidisciplinare and encyclopedic character. About 100 years after being issued they are still a very rich source specially for the history of sciences.
To read Ludwig Salvators works seems like a visit to a museum existing on paper. This impression is caused by the conception based on the Tabulae Ludovocianae (1869).
Anthropologie als umfassende Humanwissenschaft. Einige Bemerkungen aus archäologischer Sicht
Der Begriff „Anthropologie“ hat Konjunktur, wobei die Häufigkeit seiner Verwendung im umgekehrt proportionalen Verhältnis zu seiner Präzision steht. In der deutschsprachigen Prähistorischen Archäologie wird seit einiger Zeit das Fehlen einer „(kultur-)anthropologischen Perspektive“ thematisiert. Dies wird zum Anlass genommen, das „anthropologische Syndrom“ aufzuschlüsseln. Was wird unter dem Begriff Anthropologie verstanden? Mit Hilfe der aus der forschungsgeschichtlichen Betrachtung der Anthropologie(n) gewonnenen Erkenntnisse wird versucht, ein neues Konzept einer „Anthropologie als umfassende Humanwissenschaft“ zu entwerfen, das insbesondere für die Verwirklichung transdisziplinärer Forschungsansätze in den Humanwissenschaften geeignet ist. Dieses wird anschließend anhand eines Fallbeispieles, der Thanatologie, verdeutlicht.
Currently the term “anthropology” is quite fashionable currently, but the frequency of its use is often inversely related to its precision. In the German-language part of Prehistorical Archaeology, the lack of a (cultural-) anthropological perspective has been discussed for a while. This situation is reason enough to unravel the so-called “anthropological syndrome”. What do people understand when they read the term “anthropology”? By taking a closer look at the history of anthropology and its variants, the author attempts to develop a new concept of “anthropology as an all-encompassing human science”. Such a concept would be well suited to carry out studies which integrate several fields within the human sciences. The field of “thanatology” will serve as a case in point.
Kritisches zur Prähistorischen Archäologie
Der Aufsatz befasst sich mit dem (zumeist nicht ausdrücklich einbekannten) Standpunkt, in der prähistorischen Archäologie käme die Wirklichkeit der gesuchten Tatsachen wohl nur fragmentarisch und verschwommen heraus, es sollten aber auch problematische Aussagen, also solche, dass etwas der Fall gewesen sein könnte, als wissenschaftliche Erkenntnis angenommen werden. Wahrheit sei ein ideales Ziel und selbst in naturwissenschaftlichen Disziplinen immer wieder nur in Annäherungen zu erreichen. Der Vergleich lässt außer Betracht, dass die auf (prähistorische) Vergangenheit einerseits und auf das Naturgeschehen andererseits gerichteten Forschungen auf verschiedenen Wegen verschiedenen Zielen zustreben und dass die Übereinstimmung der Resultate mit der Wirklichkeit mit unterschiedlichen Argumenten behauptet werden kann.
Heinrich, Angelika (Schriftleitung): Der vorliegende Band 134/135 der „Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien“ wurde unter das Generalthema „Körperschmuck“ gestellt. Gerade in letzter Zeit hat dieses Thema allgemein an Interesse gewonnen, da manche Körperschmuckarten derzeit eine Renaissance erleben. Wohlrab, Silke – Fink, Bernhard – Kappeler, Peter M.: Summary Wiltschke-Schrotta, Karin (mit einem Beitrag von Peter Stadler): Zusammenfassung Summary Hansen, Svend: Zusammenfassung Summary Blakolmer, Fritz: Schaller, Kurt: Molodin, V. I. – Polos’mak, N. V.: Grömer, Karina: Mückler, Hermann: Eberhard, Igor: Wessel, Alexandra: Schifko, Georg: Girtler, Roland: Angeli, Wilhelm:
Zu diesem Band
Das Bedürfnis, seinen Körper zu schmücken, ist ein universal menschliches und lässt sich schon seit dem Paläolithikum nachweisen. Körperschmuck im engeren Sinn bezeichnet eine Schmuckart, bei der der Körper direkt und vor allem dauerhaft einer Modifikation unterworfen wird. Dazu zählen vor allem Tätowierungen (Tattoos) sowie die Anbringung von Schmucknarben (Skarifikationen), wobei vor allem die Haut, aber auch das darunter liegende Knorpel- und Fettgewebe verletzt wird. Sie lassen sich am deutlichsten und direktesten in der Ethnologie verfolgen. In der Ur- und Frühgeschichte sind wir dagegen zumeist auf erhaltene Abbildungen oder Plastiken angewiesen, wobei oftmals nicht eindeutig zwischen Tätowierungen und Bemalung des Körpers oder Gesichtes unterschieden werden kann. Doch wurden in jüngerer Zeit auch auf erhaltenen menschlichen Körpern Reste alter Tätowierungen gefunden.
Zum Körperschmuck sind jedoch auch Deformierungen des Schädels oder anderer Körperteile zu zählen. In einem weiteren Sinne können auch die nicht so dauerhaften Veränderungen des Körpers, wie kunstvolle Frisuren, besonders gestaltete Fingernägel oder auch Schmuckstücke, die nach ihrem Anpassen nicht einfach wieder abgelegt werden können, dazu gerechnet werden.
In den Beiträgen dieses Bandes werden verschiedene Arten von Körperschmuck vorgestellt und auf ihre Geschichte und Bedeutung eingegangen. Dabei war es wichtig, möglichst viele Gesichtspunkte aus anthropologischer, prähistorischer oder ethnologischer Sicht zu beleuchten.
Die Schriftleitung bedankt sich bei allen Autoren für ihre wertvolle Mitarbeit sowie bei Dr. Walpurga Antl-Weiser für die Überprüfung und teilweise Erstellung der englischen Zusammenfassungen.
Menschlicher Körperschmuck aus evolutionärer Perspektive – Diversität und Funktionen von Tätowierungen, Piercings und Skarifizierungen
Zusammenfassung
Tätowierungen, Piercings und Skarifizierungen haben eine lange Geschichte und sind in vielen Kulturen zu finden. In dieser Arbeit fassen wir die gängigsten Erklärungen für diese Körpermodifikationen zusammen. Obwohl ihre Ausprägungen und Funktionen vielfältig und zwischen Kulturen und Zeitaltern vergleichbar sind, gibt es keine einheitlichen ethnologischen Erklärungen für deren Existenz und Diversität. Aus biologischer Sicht ist der Erhalt solcher Merkmale, der mit Kosten in Form von Gesundheitsrisiken verbunden ist, bislang wenig untersucht. In einigen Studien wurden Mechanismen der sexuellen Selektion für das Vorkommen und die Ausprägungen dieses invasiven Körperschmucks mit verantwortlich gemacht. Mittlerweile verdichten sich die Hinweise darauf, dass ähnliche Mechanismen auch in modernen, westlichen Kulturen wirken, so dass die zunehmende Popularität von Körperschmuck sich offenbar auch teilweise auf grundlegende biologische Determinanten des menschlichen Verhaltens zurückführen lässt.
Practices of tattooing, body piercing and scarification have a long history and can be found in many cultures. In this paper, we review current explanations for these body modifications. Although their appearance and functions are highly diverse and comparable across cultures and time, there are no comprehensive ethnological explanations for their existence and diversity. From a biological point of view, the preservation of such costly signals (with respect to associated health risks) has received little attention. Some studies have attributed the prevalence and appearance of invasive body ornaments to sexual selection. Evidence that similar mechanisms might also act in modern Western societies is accumulating, so that its recently increasing popularity may partly be also attributable to biological determinants of human behavior.
Manipulierter Körper – Gedanken zur künstlichen Schädeldeformation
Die künstliche Deformation des Schädels ist eine von zahlreichen Formen, den Körper bleibend zu manipulieren, um ihn in einen kulturellen Zusammenhang zu stellen. Aus zahlreichen völkerkundlichen Berichten sind uns unterschiedlichste Techniken und Motivationen bekannt, die diese langwierige und aufwendige Prozedur und ihre Anwendung und Auswirkungen beim Kleinkind beschreiben. Einige archäologische Skelettfunde aus der Völkerwanderungszeit belegen, dass die künstliche Schädeldeformation auch im Europa des fünften Jahrhunderts Brauch war. Zwei frühmittelalterliche Individuen, eine junge Frau und ein Mann, mit künstlichen Schädeldeformationen aus Niederösterreich werden vorgestellt und in einen Zusammenhang mit den anderen österreichischen Funden gestellt. Ein Überblick über alle Individuen mit künstlicher Schädeldeformation in Österreich und deren Verbleib wird angeführt, und es werden die kulturellen Zusammenhänge diskutiert.
Artificial cranial deformation is one of many manipulations to place the body in a cultural context. Several ethnographic descriptions explain techniques and different motivations for this tedious and complex procedure to deform the child’s head. Some finds from archaeological excavations of the migration period in Europe prove that artificial cranial deformation was a custom at this time, too. Two skeletons with cranial deformation from the Early Middle Ages in Lower Austria, a young female and a male, are presented and put into context with similar finds from Austria. An overview over all artificial deformed skulls in Austria is given and cultural connections are discussed.
Körperschmuck und Praktiken des Körpers in der neolithischen Figuralplastik
Die anthropomorphen Plastiken des Neolithikums stellen ein faszinierendes Zeugnis für die künstlerische Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper dar. Bislang wurde jedoch kaum wahrgenommen, dass dieses Corpus figuraler Kunst auch eines von Körpern ist, die höchst differenziert dargestellt werden. Bei unvoreingenommener Betrachtung lassen sich zahlreiche Zeugnisse für die Manipulation des Körpers, zu denen Schädeldeformation wie Frisur, Tätowierung wie Schmuckgegenstände gezählt werden, mithin verschiedene Praktiken des Körperschmückens benennen. Ausgehend von einem 1935 erschienenen Aufsatz von Marcel Mauss eröffnen sich damit Perspektiven für die Historisierung des Körpers im Neolithikum.
The anthropomorphic figurines of the Neolithic are a fascinating example of an artistic reflection of the human body. It has been rarely mentioned so far that this genre of figural art is also a representation of bodies which are portrayed in great variety. At an unbiased consideration manifold evidence of manipulations of the human body such as deformation of the head and hair style, tattooing and ornaments can be detected. Originating in an article of Marcel Mauss in 1935 perspectives of the human body as a product of its social and historical background in the Neolithic are presented.
Körperzeichen in der ägäischen Frühzeit: Ästhetik, Stigma und Ritual
Zusammenfassung
Die Bildwelt des bronzezeitlichen Griechenland hat uns eine Reihe von Indizien für Schmuckdekor am menschlichen Körper überliefert, deren Aussagewert in diesem Beitrag untersucht wird. Altägäische Menschenfiguren in der Plastik, in Wandbildern und anderen visuellen Medien weisen insbesondere in ihren Gesichtern gelegentlich Motivdekor auf, den wir als abstrakte Ornamentik auf dem Bildträger, als inhaltlich definierende Sinnzeichen oder als Wiedergabe von realen Körpermalen auf der menschlichen Haut deuten können. Vor allem die frühbronzezeitlichen Kykladenidole des 3. Jts. v. Chr. lassen auf eine weite Verbreitung gemalten oder tätowierten Gesichtsschmuckes schließen, doch besitzen wir auch vereinzelte Bildzeugnisse für Gesichtsdekor aus den Palastzeiten der minoisch-mykenischen Hochkultur des 2. Jts. v. Chr. Der Aspekt der Ästhetik sollte hierbei keineswegs unterschätzt werden, doch dienten diese Körperzeichen vielmehr als inhaltliche Bedeutungsträger. Aus Anlässen wie Initiation, Heirat, Tod und Trauer sowie in zeremoniellem Rahmen dürften Körperbemalung und Hautritzung in der ägäischen Frühzeit einen wichtigen Teil der rituellen Praxis gebildet und somit auch in der frühägäischen Ikonographie eine gewisse Darstellungswürdigkeit erlangt haben.
Summary
The imagery of Bronze Age Greece presents diverse indications for the decoration of the human body. The aim of this article is to investigate the semantics of such a body ornamentation. Occasionally, human figures in sculpture, wall painting and other visual media of the Bronze Age Aegean Art bear decorative motifs, especially in their faces, which could be interpreted in different ways: as simple ornamental elements on the abstract surface of the artefact, as signs for the definition of the figure bearing them, or as reproductions of real marks on the human body. In particular, the existence of such a decoration on Cycladic marble figurines of the Early Bronze Age (3rd mill.) implies a wide spread use of painted or tatooed signs on faces; evidence of related decoration on human bodies exists also in the more advanced civilizations of the Minoans and the Myceneans during the 2nd mill. B.C. Although aesthetic aspects should not be underestimated, Aegean body marks could have rather concrete meanings. Initiation, marriage, death or mourning were perhaps some of the occasions for painting or even scarifying one’s body as an integral part of ritual ceremonies, a practice that eventually found a visual reflection in the Aegean art.
Zur Körpergestaltung auf der Insel Zypern vom Chalkolithikum bis zur Eisenzeit
Zusammenfassung
Der Autor versucht in diesem Beitrag, den Spuren für Körpergestaltung nachzugehen, die sich in der archäologischen Hinterlassenschaft der Insel Zypern finden. Eine Auswahl von Stücken wird, beginnend mit dem Chalkolithikum, chronologisch aufgelistet und untersucht. Aus zeitlichen und formalen Kriterien werden eine Anzahl von Clustern geformt, die unterschiedliche Dekorationsschemata abbilden. Daraus lässt sich möglicherweise auf bestimmte Praktiken der Körperdekoration schließen.
Summary
In this article the author tries to trace the vestiges, which the habit of bodily adornment may have left in the archaeological evidence of Cyprus. Beginning with examples from the Chalcolithic phase, a selection of objects will be listed chronologically and examined. Deriving from temporal and formal criteria a number of clusters will be postulated that intend to demonstrate certain schemes of decoration. Possibly these schemes point at various ancient practices associated with the decoration of the human body.
Die Tätowierung bei der antiken Bevölkerung Sibiriens
Zusammenfassung
Die Kunst der Tätowierung geht bei der eingeborenen Bevölkerung Sibiriens in das tiefe Altertum zurück, wo jedes Ethnos die Tradition seiner geistigen Kultur bewahrte, indem es sie durch Jahrhunderte und Jahrtausende weitertrug. Drei mumifizierte Körper von Menschen der skythenzeitlichen Pazyryk-Kultur mit erhaltenen Fragmenten tätowierter Haut werden vorgestellt und die Tätowierungen in einem breiteren Kontext untersucht.
Summary
Amongst the indigenous peoples of Siberia the art of tattooing extends back into the mists of antiquity, each ethnic group having maintained its spiritual culture throughout hundreds and thousands of years. Three mummified human bodies belonging to the Pazyryk Culture and dated to the Scythian period have been discovered, fragments of their tattooed skin having survived. These tattoos are discussed in their wider context.
Experimente zur Haar- und Schleiertracht in der Hallstattzeit
Zusammenfassung
Funde von Kugelkopfnadeln und Spiralröllchen in Gräbern von Hallstatt sowie bildliche Darstellungen besonders der Situlenkunst waren der Ausgangspunkt für experimentalarchäologische Versuche, die eine Rekonstruktion der Haar- und Schleiertracht in der Hallstattzeit zum Ziel hatten. Dazu wurden in mehreren Experimentanordnungen verschiedene Frisuren mit und ohne Schleier gestaltet und auf ihre Vergleichbarkeit mit den Originalfunden überprüft.
Summary
Finds of needles with spherical heads and spirals in the cemetery of Hallstatt and pictures especially of the „Situlenkunst“ were the origin for experimental archaeological trials aimed in the reconstruction of the hairstyles and fashion of veils in the Hallstatt period. Therefore some different arrangements of hairstyles with and without veils were made and brought into relation with the original finds.
Die Haartracht der fidschianischen Häuptlinge – Ein Beitrag zum Thema Körperschmuck
Zusammenfassung
Die traditionelle voreuropäische Gesellschaft Fidschis war durch ein streng hierarchisches Häuptlingstum gekennzeichnet. Zu den Privilegien der Häuptlinge zählte unter anderem das Vorrecht einer speziellen Haartracht, die entweder aus dem extravagant gestalteten Eigenhaar oder, bei Ermangelung desselben, in Form von Perücken die herausragende Stellung des Trägers unterstreichen sollte. Es war männlichen Führerpersönlichkeiten vorbehalten, einen speziellen und mit Tabus belegten Haarschmuck zu tragen. Untergebenen war eine Nachahmung bei strengen Sanktionen untersagt. Neben ihrer Schmuckfunktion hatte die Haartracht eine entscheidende Funktion als Symbol von Rang und Prestige in der hoch kompetitiven fidschianischen Gesellschaft. Ausgehend von einer charakteristischen Episode jener Epoche und Darstellung der Art, Funktion und verwendeten Materialien wird die Bedeutung der Haartracht im lokalen Kontext beleuchtet sowie die politische Rolle des Häuptlingstums in einer Epoche radikaler Veränderungen in Fidschi zu Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts skizziert.
Summary
The traditional pre-European Fijian society was characterized by a strictly hierarchical chieftainship. One of the chiefs privileges was the prerogative to wear the own hair styled in a specific design or to wear a wig. Both was intended to underline the wearers high position in his own society. It was a men’s privilege to style the hair in such a specific way, which was at the same time forbidden for subordinates and loaden with tabus. Beside of its function as decoration, the hairfashion represented status and prestige and acted as a symbol of chiefly authority. Starting with a typical and farcical episode of that era and with a description of modes, function and materials, the importance of the hairfashion will be highlighted in its local political context in a period of time showing radical changes in Fiji at the beginning and in mid 19th century.
“We are Maori and we are proud” – Zwischen kultureller Renaissance und kirituhi.
Untersuchungen zu Identitätskonstrukten am Beispiel von Tätowierungen der Maori (ta moko)
Zusammenfassung
Spätestens seit der sogenannten „Maori-Renaissance“ in den 1980er Jahren ist das Selbst-Bewusstsein und das Selbst-Verständnis, Maori zu sein, am Erstarken. Eine gemeinsam verstandene Identität als Maori („maoritanga“) besteht erst seit ungefähr 150 Jahren und ist eine Folge des Vertrages von Waitangi und des Kolonialismus.
Vor allem „ta moko“, Maori-Tätowierungen, haben auch für die Konstruktion von Identität Bedeutung. Ta moko wurde durch den Einfluss der Kolonialisten und Missionare verpönt und verboten. Durch die Aneignung von „moko“-Mustern (Tätowierungsmuster) durch Nicht-Maori, das eigene Wiederentdecken von ta moko und die Vermarktung von „kirituhi“, bedeutungsleeren Tätowierungs-Mustern, ist ta moko ein Grenzfall zwischen Vermarktung und Re-Traditionalisierung und zwischen Ethnizität, Identität und Globalisierung geworden.
Summary
Ever since the so-called “Maori-Renaissance” during the 1980ies pride and self-image of the Maori people has been strengthening. The concept of a collective identity of the Maori (“maoritanga”) is a consequence of the Treaty of Waitangi about 150 years ago. It was only then, that the identity as a Maori became an issue of increasing importance.
Above all “ta moko”, Maori tattooing, is of importance for the construction of identities. The use of “moko”-patterns (tattoo motifs) by Non-Maori, the rediscovery of moko and the marketing of the meaningless “kirituhi”-patterns, ta moko has become a cultural borderline case between economics and re-traditionalising, between identity, ethnicity and globalisation.
Gute Narben, schlechte Narben. Interpretation von Narben im Bismarckarchipel, Papua Neuguinea (Melanesien)
Zusammenfassung
In Melanesien sind Schmucknarben Teil der kulturellen Identität. Sie unterscheiden sich rein äußerlich nicht von Narben, die durch krankhaften Ringwurmbefall entstehen. Ihre Bewertung erfolgt, kulturell bedingt, interpretatorisch. Die Schönheit eines Menschen wird in zweierlei Hinsicht gesehen. Erstens als universelle Schönheit im Sinne von Körperbau und Erscheinungsbild und zweitens als kulturelle Ästhetik, die in Schmucknarben deutlich wird. Diese Voraussetzungen bringen die soziale Auf- oder Abwertung der persönlichen Stellung des Narbenträgers in vielen Gesellschaften Melanesiens mit sich.
Das Verbot der Schmucknarben während der Kolonialzeit scheint überwunden, und die Tradition lebt in Melanesien vielerorts wieder auf. Für die Zukunft ist zu hoffen, dass die Narben nicht nur die ethnische, sondern auch die nationale Identität der Träger stärkt.
Summary
Scarification is widely spread in Melanesia, because it is part of the cultural identification of people. There is no difference in the appearance between scarification and scars caused by illness, predominantly by ringworm (grille). The valuation whether scars are beautiful or not is only a cultural interpretation. Beauty is seen under two aspects, which are universal beauty manifested in the body itself and cultural aesthetics engendered by scarification. For the person having scars those two ways of interpretation can cause either the raise or fall of social status within the Melanesian society.
Forbidden during colonial times, scarification nowadays is practised in many Melanesian societies. Hopefully the scars will help to build not only the ethnical but also the national identity of peoples.
Das Moko im Spiegel von Jules Vernes Romanen – Ein Beitrag zur ethnographischen Rezeption und Imagologie der Maori in der Literatur
Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wird Jules Vernes Darstellung des Moko vom Standpunkt der Ethnologie aus betrachtet. Dem französischen Schriftsteller wird bei einer Gegenüberstellung seiner lehrreichen Kommentare zu den Maoritätowierungen mit der ethnographischen Literatur eine gute Aufarbeitung dieses Themas bescheinigt. Es wird aufgezeigt, dass Jules Verne des öfteren die Schriften des französischen Seefahrers d’Urville als ethnographische Quelle herangezogen hat. In der Diskussion wird auf das imagologische Bild eingegangen, welches Verne anhand des Moko von den Maori zeichnet. Dabei wird die im 19. Jahrhundert vorherrschende Haltung gegenüber den Tätowierungen mit berücksichtigt. In dieser Abhandlung wird nicht nur auf Jules Vernes schriftliche Aussagen zum Moko, sondern auch auf die Illustrationen mit einem Moko-Bezug eingegangen.
Summary
The present paper examines Jules Verne’s description of the moko among the Maori from the ethnological point of view. A comparison of his instructive comments on the tattoos with the ethnological literature shows the writer’s competent representation of the topic. It will also be demonstrated, that his comments about this cultural trait are mainly based on the writings of the french navigator d’Urville. In the discussion the focus is put on the imagological picture of the Maori presented by Verne through the moko. In this assessment the prevalent opinions about tattoos during the nineteenth century will be taken into consideration. In this article not only the text, but also the illustrations regarding the moko are examined.
Tätowierungen – ihre alte Geschichte und ihr Reiz bei „feinen Leuten“ und Ganoven
Zusammenfassung
Mit dem Tätowieren ist eine lange Geschichte verbunden. Sie ist höchst bunt, sowohl was die Menschen anbelangt, die Tätowierungen an ihrem Körper wollen und die man in allen Gesellschaftsschichten findet, aber auch, was die Motive anbelangt. Letztere reichen von sehr einfachen Symbolen der Ganoven, die Informationscharakter haben, über verwegene Seemannstätowierungen und Handwerksbilder bis hin zu den modernen, oft höchst reizvollen Tattoos der professionellen Tätowierer mit eigenen Studios, die von Vertretern der heutigen Jugend Europas oft mit Begeisterung aufgesucht werden.
Summary
Tattooing has a long history – variegated not only as far as people liking tattoos on their bodies and coming from all social groups are concerned but also as far as the ornaments are concerned. The latter range from symbols of crooks bearing informative character over daring tattoos of sailors and pictures of crafts to modern, often most attractive tattoos of professional tattooers with their own studios which are frequented by a fascinated youth all over Europe.
Archäologie mit Naturwissenschaft
Zusammenfassung
Zum Wandel des Methodenbewusstseins in der prähistorischen Archäologie durch den zunehmenden Einsatz von Naturwissenschaften wird mit Beispielen Stellung genommen.
Summary
The contribution comments the methodological change in Prehistoric Archaeology due to the increasing importance of scientific analyses.
Heinrich, Angelika: Eines der brennenden Themen unserer Zeit, verschärft durch die fortschreitende Globalisierung, ist das Problem der Wanderungen von Menschen, der Migration in den verschiedensten Formen und aus den unterschiedlichsten Gründen. Heinrich, Angelika: Zusammenfassung Zusammenfassung Summary Antl-Weiser, Walpurga: Zusammenfassung Summary Kern, Daniela: Zusammenfassung Summary Barth, Fritz Eckart – Grabner, Michael: Zusammenfassung Summary Kern, Anton: Zusammenfassung Summary Ramsl, Peter C.: Zusammenfassung Summary Wernhart, Karl R.: Zusammenfassung Summary Mückler, Hermann: Zusammenfassung Summary Husa, Karl – Wohlschlägl, Helmut: Zusammenfassung Summary Wolfsberger, Margit: Zusammenfassung Summary Chevron, Marie-France: Zusammenfassung Summary Résumé Fuchs,Bernhard: Zusammenfassung Summary Kronsteiner, Ruth: Zusammenfassung Summary Neumayer, Helga: Zusammenfassung Summary
Zu diesem Band
Als Anregung zu einer wissenschaftlichen Diskussion unter dem Gesichtspunkt der in der Anthropologischen Gesellschaft vereinten anthropologischen Einzelwissenschaften haben wir den 133. Band der „Mitteilungen“ unter das Generalthema „Lokale Mobilität und Migration“ gestellt. Viele Aspekte gilt es bei diesem Thema zu berücksichtigen, nur einige davon konnten in diesem Band erörtert werden. Zur Ausweitung des Spektrums wurden wieder auch einige Autoren von Nachbarwissenschaften zur Mitarbeit gewonnen.
Untersucht werden – beginnend mit der prähistorischen Zeit – Wanderungsbewegungen in Geschichte und Gegenwart, wobei auch ihre Voraussetzungen, Ursachen und Begleiterscheinungen, gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen sowie die Auswirkungen auf die einzelnen Menschen und auf die Gesellschaft beleuchtet werden. Die Bandbreite der Migrationen reicht von saisonaler Binnenwanderung über freiwillige oder erzwungene internationale/transkontinentale Arbeitsmigration bis zur kriegsbedingten Flucht.
Eingeleitet wird dieser Band durch einen umfassenden Rückblick auf das Leben eines Wissenschaftlers, der die Urgeschichtsforschung seiner Zeit maßgeblich mitbestimmte: Josef Szombathy, von 1882 bis 1916/18 Leiter der anthropologisch-prähistorischen Sammlung im damaligen k.k. naturhistorischen Hofmuseum in Wien. Anschließend folgt ein Beitrag mit grundlegenden Überlegungen zur Urgeschichte als Geisteswissenschaft.
Die Schriftleitung nimmt die Gelegenheit wahr, allen Mitarbeitern an diesem Band für ihre wertvolle Mitarbeit zu danken, besonders Frau Dr. Walpurga Antl-Weiser, die wieder die Überprüfung und teilweise Erstellung der englischen Zusammenfassungen übernahm.
Josef Szombathy (1853-1943)
Als Josef Szombathy, dessen 150. Geburtstages sowie 60. Todestages wir heuer gedenken, am 9. November 1943 seine Augen für immer schloss, lag ein langes, erfülltes Leben hinter ihm. Vier Jahrzehnte lang (1878-1916/18) hatte er seine Schaffenskraft vor allem in den Dienst des k.k. Naturhistorischen Hofmuseums in Wien gestellt, ab 1882 als Leiter der anthropologisch-prähistorischen Sammlung. Praktisch aus dem Nichts hatte er diese Sammlung aufgebaut und sie bald zu einer der führenden Europas gemacht. Auch die junge prähistorische und anthropologische Forschung verdankte ihm wichtige Impulse. War jedoch schon der Zeitpunkt seiner Pensionierung mitten im ersten Weltkrieg (1916) für die Publikation einer Würdigung nicht günstig, so sollte im Jahr seines Todes (1943) der zweite Weltkrieg die Herausgabe eines ausführlichen Nachrufes verhindern, da damals fast alle Zeitschriften ihr Erscheinen kriegsbedingt einstellen mussten. Daher wird hier rückblickend versucht, das Leben von Josef Szombathy möglichst umfassend darzustellen, seine Leistungen für die Wissenschaft zu würdigen und seine vielseitige Persönlichkeit – vor allem auch den bisher so gut wie unbekannten Menschen hinter dem Beamten und Wissenschaftler – zu zeigen.
Angeli, Wilhelm:
Urgeschichte als Geisteswissenschaft
Der Aufsatz versucht, Tendenzen prähistorisch-archäologischer Forschung in den letzten Jahrzehnten im Hinblick auf Erkenntnisse und Möglichkeiten vor ihrem weltanschaulichen und praktisch-systematischen Hintergrund zu skizzieren.
This article tries to give an outline of tendencies in prehistoric- archaeological research in the last decades concerning perception and possibilities against their ideological and systematic - practical background.
Mobilität im mittleren und späten Jungpaläolithikum mit besonderer Berücksichtigung des südmährisch/österreichischen Raumes
Der vorliegende Beitrag zur Mobilität soll einen Einblick in das Siedlungsverhalten gravettienzeitlicher Jäger und Sammler im südmährisch/österreichischen Raum geben. Die Interpretationsmodelle zu ihrem Verhalten basieren zu einem großen Teil auf Studien zu rezenten Jägern und Sammlern im Norden Kanadas und Sibiriens. Im Folgenden wird vor allem die archäologische Erfassbarkeit dieser vergangenen Siedlungsmuster diskutiert. Abschließend wird versucht, einen Einblick in den Forschungsstand des mittleren und späten Jungpaläolithikums in Österreich in Hinblick auf diese Fragestellungen zu geben.
The following contribution is supposed to give an insight to the settlement of Gravettian hunter gatherers in the area of Southern Moravia and Austria. Interpretations concerning the behaviour of ice age hunter gatherers are mainly based on studies about modern hunter gatherers in the North of Canada and in Siberia. This article discusses in which way and to what extent past settlement structures can be detected by archaeological methods. It concludes with a view to the present state of research concerning the subsistence strategies during the Middle and Late Upper Palaeolithic in Austria.
Überlegungen zum Nachweis von Mobilität und Migration in Ostösterreich zur Zeit der Glockenbecher
Die geringe Anzahl der auswertbaren glockenbecherzeitlichen Fundkomplexe ermöglicht zwar die Erstellung eines Chronologieschemas und Aussagen zur Bestattungskunde, aber sie bringen keine Erkenntnisse zu Siedlungswesen und Wirtschaftsweise. Die Gräber zeigen einerseits ein Beibehalten von Traditionen, andererseits aber auch Änderungen, z. B. bei den Beigaben. Beim derzeitigen Forschungsstand kann das österreichische Fundmaterial die Theorie zur Verbreitung der Glockenbecher durch Migration weder bestätigen noch widerlegen.
The small number of find complexes which are contemporaneous to the Bell Beakers allow to build up a chronological framework and to describe burial patterns but they give no new evidence of settlement and economical structures. On the one hand certain traditions are kept in the graves on the other hand there are changes as far as the grave goods are concerned. At the present state of research the Austrian archaeological material can neither confirm nor refute the theory concerning Bell Beaker expansion through migration.
Wirtschaftliche Außenbeziehungen des spätbronzezeitlichen Hallstatt
Die zahlreichen Funde von Knieholzschäftungen aus Eichenholz in einem spätbronzezeitlichen Teil des Salzbergwerkes Hallstatt belegen innige Kontakte zu einem Gebiet mit reichlichem Eichenbestand. Damit in Zusammenhang gebracht wird die für einen annähernd gleichen Zeitraum zu unterstellende exzessive Schweinemast, die umfangreiche Importe von Schweinefleisch nach Hallstatt ermöglichte. Aufgrund botanischer Argumente wird versucht, ein wahrscheinliches Herkunftsgebiet einzugrenzen.
Numerous knee-shaped hafts made of oak wood from the Late Bronze Age part of the Hallstatt salt mine give evidence for close contacts to regions with a rich oak population. Extensive pork imports to prehistoric Hallstatt might also originate from these regions just right for feeding pigs due to the abundancy of acorns. On the basis of botanical research we are trying to limit the presumable area of origin.
Fremde(s) in Hallstatt?
Aus dem umfangreichen Fundbestand des Hallstätter Gräberfeldes verweist eine ansehnliche Anzahl von Grabbeigaben auf eine Herkunft aus entfernten Produktionsstätten, die weit über das gesamteuropäische Gebiet streuen. Wie immer auch diese speziellen Fremdformen ihren Weg nach Hallstatt gefunden haben, sie geben Zeugnis für die weitreichenden Kontakte, die sich in der Älteren Eisenzeit über nahezu ganz Europa erstreckten. Mehrere Fundgegenstände aus den jüngsten archäologischen Untersuchungen bekräftigen und bestätigen die Beobachtungen über die „Fremdlinge“, die für die alt gegrabenen Abschnitte des prähistorischen Friedhofes schon mehrfach erstellt wurden. Auch unter den ca. 70 neu aufgedeckten Gräbern (Stand August 2002) belegen Einzelstücke und Grabausstattungen überregionale Verbindungen des inneralpinen Hallstatt, wobei östliche und vor allem südost-alpine gegenüber westlichen im Vordergrund stehen.
Among the extensive find inventory from the Hallstatt cemetery are a considerable number of grave-inclusions whose manufacture betrays far-distant origins. In whatever way these diagnostically foreign forms arrived in Hallstatt they certify the existence of long-distance contacts covering virtually the whole of Europe in the early Iron Age. Many new finds from the current excavations tend to support the initial conclusion, based on numerous observations made at the time of the old excavations, that “foreigners” are present in the prehistoric cemetery. Among the c.70 newly excavated graves documented up to 2002, both individual objects and grave inventories underscore the inter-regional connections of the inner-Alpine site, and document an overall trend of links eastwards, predominantly in the direction of the south-eastern Alps, rather than westwards.
Migrationsphänomene (?!) in der Frühlatènezeit
In der Urgeschichtsforschung stellt das Erkennen von Migration aufgrund der eingeschränkten Quellen ein Problem dar. Oft wird der Begriff mit Diffusion und Handel vermischt. Für die Frühlatènezeit sind im Gegensatz zu weiter zurückliegenden Epochen antike literarische Quellen vorhanden. Vorsichtig angewandt und kritisch betrachtet können sie wertvolle Hinweise auf Wanderungsbewegungen geben. Ein neuer naturwissenschaftlicher Ansatz ist die Strontium-Isotopen-Analyse von Skelettresten - verbunden mit der Kartierung von ausgewählten Artefakten ein neues Werkzeug in der urgeschichtlichen Migrationsforschung.
Because of limited sources, it is very difficult to obtain information on prehistoric migration patterns. Often the terms ‘migration’ and ‘diffusion’ are confused. In contrast to earlier prehistoric periods we do have sources by Roman and Greek authors which refer to the Early La Tène period. While we must assess these sources very critically, they offer important information of population movements. A new method in scientific research is the strontium isotope analysis of skeleton material. This method, combined with the mapping of certain closely dated archaeological types, may introduce a useful new tool to migration research.
Deportation und Zwangsmigration – Entstehung pluraler Gesellschaften
Schlagworte wie „Migration” und „Globalisierung” sind in aller Munde, ebenso der Begriff „plurale Gesellschaft”. Man vergisst dabei aber häufig, dass das Entstehen pluraler Gesellschaften nicht ausschließlich ein Phänomen der Gegenwart ist. Deportation und Zwangsmigration von Menschen oder Gruppen in ein bestimmtes Gebiet in historischer Zeit waren wesentliche gestaltende Faktoren für die Entstehung pluraler Gesellschaften. Das zwanghafte Zusammenleben unterschiedlicher Teilgesellschaften bildet eine vernetzte Gesellschaftsstruktur, die für das Werden der pluralen Sozietäten von Wichtigkeit ist, deren Basis die ethnischen, kulturellen und oft noch mehr die religiösen Identitätsfaktoren bilden. Die theoretische Diskussion wird an Hand des Fallbeispiels der Entwicklung der Gesellschaft auf der Insel Mauritius im Indischen Ozean aufgezeigt.
“Migration”, “globalization” and “plural society” are wellknown catchwords. But we often forget that the creation of a plural society is not entirely a present day phenomenon. Historically, deportation and forced-migration of people into certain countries was a main factor in creating a plural society. By the forced living together different partial societies form networks of social structures, being important for the developing of plural societies, which are based on ethnical, cultural and even more important religious identity factors. The evolution of the society on the island of Mauritius in the Indian Ocean serves as an example for the theoretical discussion.
Traditionelle und moderne Mobilität auf Atollinseln - Zur räumlichen Orientierung, Navigation, Bootsbau und Migration in Mikronesien
Der Beitrag beleuchtet vor dem Hintergrund der speziellen räumlichen Rahmenbedingungen die Beziehung der pazifischen Inselbewohner und insbesondere der Mikronesier zu Entfernungsüberwindung, Navigation, Bootsbau und Migration. Traditionelle Kenntnisse und Fertigkeiten sowie Verwendung bis in die Gegenwart und spezielle Formen der Orientierung werden erläutert. Besonders die sogenannten Stabkarten der Marshall-Insulaner und die Auslegerkanus der Ostmikronesier stehen beispielhaft für eine Spezialisierung, die es den Bewohnern der Inseln ermöglichte, zielgenau und über große Entfernungen Beziehungen zwischen weit entfernten Gegenden aufrecht zu erhalten. In der Gegenwart findet diese Mobilität ihre Fortführung in der hohen Zahl an ArbeitsmigrantInnen, von denen wiederum viele auf Schiffen arbeiten.
This article highlights the extreme conditions, Pacific Islanders and especially people from Micronesia have to face an environmentally hostile area. Special forms of adaptation visible in concepts of space, orientation, navigation, boat building and migration are discussed. Traditional knowledge, best recognized in the Marshallese navigation charts and the Eastern Micronesian outrigger boats, is described to explain the people’s close link to the sea and their capability to cross long distances over open sea. This sense of mobility continues in present times where a great number of people are overseas as working migrants. Many of them work again on ships.
Südostasien: Ein neuer „Global Player“ im System der Internationalen Arbeitsmigration
Innerhalb der letzten drei Jahrzehnte erlebte Südostasien enorme demographische, wirtschaftliche und soziale Veränderungen, wobei sich auch die internationale Arbeitsmigration zu einem wichtigen Einflussfaktor des dynamisch ablaufenden sozioökonomischen Transformationsprozesses herauskristallisiert hat. Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, dass der Problemkreis „Internationale Migration und Ausländerbeschäftigung“ heute auch in Südostasien sowohl auf Regierungsebene als auch in der breiten Öffentlichkeit und in den Medien zu einem höchst brisanten und kontrovers diskutierten Thema geworden ist.
Im vorliegenden Beitrag soll zunächst versucht werden, den Aufstieg Südostasiens zu einem eigenständigen regionalen Subsystem der globalen internationalen Arbeitsmigration und dessen Ursachen zu analysieren, wobei die wachsende Dynamik der Arbeitsmigration in Südostasien als Effekt der schon seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – in mehreren Phasen – einsetzenden Globalisierung erachtet wird. Den zweiten Schwerpunkt dieser Studie stellt eine Analyse des gegenwärtigen Ausmaßes, des räumlichen Musters und der verschiedenen Formen und Facetten der internationalen Arbeitsmigration im heutigen Südostasien anhand des aktuellsten vorliegenden Datenmaterials dar, wobei unter anderem auch der Frage nachgegangen wird, inwieweit die 1997 aufgebrochene „Asienkrise“ und das (vorläufige?) Ende des ost- und südostasiatischen Wirtschaftsbooms das räumliche Muster, das Ausmaß der Arbeitskräftemobilität in der Region und die jeweiligen nationalen „Migrationspolitiken“ verändert haben.
In the last three decades Southeast Asia has experienced an enormous extent of demographic, economic and social change, and international labour migration has become one important factor in this transformation process. It is not surprising, therefore, that labour migration and the employment of foreign workers have recently become key issues on the political agendas of the nation states in the region, as well as the focus of an increasingly hostile public opinion. This paper tries to analyse the emergence of Southeast Asia as a distinct, regionally based, migrant-labour system and its causes. The present system of labour migration in Southeast Asia is considered mainly as the outcome of several subsequent phases of the globalisation process, which started in Southeast Asia as early as in the second half of the nineteenth century. The second focus of the paper is an analysis of the volume, the spatial pattern, and the various forms of international labour migration in contemporary Southeast Asia, using the most recent statistical data available. Finally the question is discussed to what extent the „Asian Crisis“, which started in 1997, has influenced the volume and direction of labour migration flows within the region and its effects on the national migration policies.
Global Samoa - Migration in einer pazifischen Inselgesellschaft
Seit den 1960er Jahren ist ein steter Migrationsstrom aus Samoa in die USA, nach Neuseeland und später auch nach Australien zu bemerken. Die menschliche Arbeitskraft wurde der erfolgreichste „Exportartikel“ der samoanischen Wirtschaft. Die Rücksendungen der Migrant/innen stellen den größten Devisenbringer des Landes dar. Möglich wird die enge Verflechtung zwischen Emigrierten und Daheimgebliebenen durch die Wirksamkeit der im „fa’a Samoa“, der samoanischen Lebensweise, angelegten Prinzipien des samoanischen Sozialsystems: Verwandtschaft, Religion, Titelordnung behalten auch in den Migrationsländern zumindest in der ersten Generation von Migrant/innen ihre Bedeutung und erlauben es den Ausgewanderten, sich als „One Global Family“ zu verstehen und ihren Platz in der samoanischen Gesellschaft auch in der Fremde durch Geschenkzeremonien und Rücksendungen zu sichern.
Since the 1960ies a constant flow of migrants from Samoa to the USA, to New Zealand and later to Australia could be noticed. The labour force became the most valuable export good within the Samoan economy. Remittances constitute the biggest earner of foreign exchange in Samoa. The close interweavement between migrants and non-migrants is a consequence of principles based on the „fa’a Samoa“, the Samoan way of life: Kinship, religion, rank system are even powerful in the countries of Samoan migration – at least among the first generation of migrants. These principles lead to a common understanding as „One Global Family“ and to a readiness of contributing to gift giving ceremonies and sending remittances in order to assure one’s position within the Samoan society.
Von Wanderern, Migranten und Flüchtlingen in und aus Westafrika
In dieser Arbeit werden einige der lokalen, nationalen, transnationalen und internationalen Ursachen und Auswirkungen von Wanderbewegungen in und aus den (west)afrikanischen Ländern geschildert. Im Vordergrund stehen hierbei sowohl die sozio-kulturellen Aspekte in den Herkunfts- und in den Zielgebieten als auch die schleichende Entwicklung zwischen den verschiedenen Phasen der Migration, wie sie in den afrikanischen Ländern des Sahelraums festzustellen ist. So wird einerseits auf das Wandern als positiv erlebte Lebensweise wie auch andererseits auf die erzwungene Migration und Flucht mit ihren schicksalhaften Komponenten eingegangen, wobei auf die Verschiebung des Verhältnisses zwischen Freiwilligkeit und Zwang hingewiesen wird.
This paper reports on various local and national, transnational and international causes and effects of migratory movements in and from (West)African countries. The main focus is on the sociocultural aspects that are predominant in the resp. regions of origin and target areas, as well as the insidious development between various phases of migration as observed in the Sahel countries. This report deals with wandering as a positively experienced way of life, but also with the fateful components of forced migration and refuge. The shifting relationship between voluntariness and compulsion is indicated in detail.
Cet article s´attache à décrire les causes et les effets des mouvements migratoires à l´intérieur et en provenance de l´Afrique de l´Ouest, au niveau local, national, transnational et international. Ce sont surtout les données socioculturelles dans les pays d´origine et dans les pays d´accueil ainsi que l´évolution insidieuse entre les différentes formes de migration observables dans les pays africains du Sahel qui sont traîtées. Ainsi, l´attention est attirée d´une part sur la migration en tant que mode de vie librement choisi et positivement vécu et d´autre part sur la migration en tant que fuite avec tout le fatalisme que cela suppose, en insistant sur décalage progressif entre libre-arbitre et obligation.
Der Mythos der Rückkehr in den patriotischen Romanzen des Hindi-Films - Bollywood-Repräsentationen der südasiatischen Diaspora
Die medial konstruierten Imaginationen des indischen Mainstream-Kinos spielen in der Alltagswelt der südasiatischen Diaspora eine prominente Rolle. Ihre Analyse stellt für die Migrationsforschung eine wichtige Aufgabe dar, da es sich um ein Schlüsselphänomen südasiatischer Identität handelt. Die Medien folgen nicht nur der Bewegung der Menschen, indem Migrationen eine Globalisierung indischer Pop-Kultur nach sich ziehen, auch die Medien selbst werden durch den Transfer verändert und thematisieren zunehmend die Diaspora. Der vorliegende Beitrag setzt sich mit diesen filmischen Darstellungen der Migration auseinander (eine unumgängliche Vorarbeit für die empirische Untersuchung ihrer soziokulturellen Wirkung). Die Filmindustrie verbreitet Ideologeme über Kulturwandel und Migration und (re-)produziert populäre Mythen über die südasiatische Diaspora. Die dominante Botschaft ruft auf zur Bewahrung der indischen Identität und mündet in die Idealisierung des Myth of Return. In diesem Fall der Globalisierung wird keine kosmopolitische Öffnung befördert, sondern Ethnozentrismus und Nationalismus. Doch die Konsequenzen dieses aporischen Konflikts wären eher auf der Ebene der ethnographischen Rezeptionsforschung zu analysieren. Ideologiekritik sollte sich dem ambivalenten Potential des Films nicht verschließen. Die Untersuchung des indischen Diaspora-Genres verdeutlicht eine dialektische Gegenbewegung von De-Territorialisierung und Re-Territorialisierung indischer Kultur.
Indian mainstream-cinema’s medially constructed imaginations play a dominant role in the every day-life of the South Asian diaspora. It is an important task for migration studies to analyse these imaginations as they are a key-phenomenon of South Asian identity. Media do not only follow the movements of people so that globalisation of Indian pop-culture results indirectly from migration, but the cinema is also transformed in that process by being increasingly concerned with the diaspora. This study is about such cinematic representations of migration (a necessary preparatory work for the empirical analysis of their socio cultural consequences). Film-industry spreads ideologemes of cultural change and migration and (re-)produces popular myths about the South Asian diaspora. It´ s dominant message is a plea to conserve Indian identity and consequently idealizes the myth of return. That way globalization does not support cosmopolitan open-mindedness but ethnocentrism and nationalism. But the consequences of that aporic conflict should be studied through ethnographic studies of film-reception. A critical approach to the ideology should remain sensible of the ambivalence of films. Analysis of the Indian diaspora-genre illustrates a dialectic process of simultaneous de-territorialization and re-territorialization of Indian culture.
Identitäten in einer globalisierten Welt oder „Ein Puppenmodell für ein Zuhause irgendwo“
Mit Hilfe von Auszügen aus einer ethnopsychoanalytischen Therapie mit einem exilierten Kind erläutere ich in diesem Text die anfänglichen theoretischen Ausführungen zur Konstruktion ethnischer Identitäten. Die Verwobenheit von kultureller und persönlicher Identität, deren Einbettung in Macht- und Herrschaftsverhältnisse und deren Zerrüttung durch Trauma und Retraumatisierung wird gezeigt anhand einer ethnopsychoanalytischen Beziehung mit einem Jungen, der schlussendlich am Weg ist, sein Eigenes zu finden. Das Aufeinandertreffen von Großgruppenkonflikten der MigrantInnen und der Aufnehmenden, deren Ineinandergreifen sowie deren individuelle Bearbeitung sind ebenfalls Gegenstand dieser Beziehung zwischen diesem mehrfach traumatisierten Kind und der in Österreich sozialisierten Psychotherapeutin. Ziel dieses Aufsatzes ist die Verwobenheit der Identitäten, deren Konstruktion und politische Einbettung in einer globalisierten Welt theoretisch und praktisch zu reflektieren.
In this article I will illustrate the initially theoretical comments to the construction of ethnical identities by means of an extract from an ethnopsychoanalytical therapy of an exiled child. The inseparability of cultural and personal identity embedded in systems of power and rule and their disruption through trauma and retraumatisation is demonstrated by the ethnopsychoanalytical relation to a boy who finally is on the way to find his own self. The clash of group conflicts between migrants and locals, their interaction and individual solutions are also object of this relation between the multiply traumatised child and the psychotherapist nationalized in Austria. It is the aim of this article to reflect theoretically and practically the inseparability of identities, their construction and political background in a globalized world.
Entfernte Beziehungen - Tourismus und Migration: Österreich und Dominikanische Republik
Der All-Inclusive Tourismus stieg in den 80er Jahren, nicht zuletzt aufgrund sinkender Flugpreise, weltweit an. So auch in der Dominikanischen Republik. Durch die anhaltenden ökonomischen Krisen migrierten die Menschen dieses Landes traditionell in die USA, speziell nach New York. Ende der 80er Jahre, nachdem die USA die Einreisegesetze verschärften, kam es allerdings zu einer Diversifizierung der Migrationsrouten und -ziele. Viele dominikanische Menschen – vor allem Frauen – migrieren seither verstärkt nach Europa. Von hier kommen auch mehr als die Hälfte der 2,2 Millionen TouristInnen dieses Karibiklandes. 40.000 ÖsterreicherInnen verbringen jährlich ihren Urlaub in dominikanischen Clubressorts, und einige tausend dominikanische MigrantInnen leben in Österreich. Der Artikel behandelt den Zusammenhang zwischen Tourismus und Migration und zeigt, welche Bilder ÖsterreicherInnen und DominikanerInnen voneinander haben.
Globally, in the 80ies, the so called „all inclusive“ tourism became more and more important, mainly because of falling prices for flight tickets. This also happened in the Dominican Republic. Because of the incessant economic crisis, Dominicans traditionally migrated to the USA, mainly to New York. At the end of the 80ies the US tightened up their immigration laws and Dominicans started to diversify their migration routes. Since then, many of them – mainly women – have been migrating to European countries. More than half of the 2.2 million annual tourists, who are visiting this Caribbean country every year, come from Europe. 40,000 Austrians are visiting Dominican club resorts every year, and thousands of Dominican women are living as migrants in Austria. The article concentrates on the relationship between tourism and migration and on the images that Austrians and Dominicans have of each others.
Zu diesem Band Wenn dieser 132. Band der "Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien" erscheint, wird fast ein Jahr seit der Einführung des Euro-Bargeldes in zwölf europäischen Staaten vergangen sein. Damit wurden für etwa 300 Millionen Menschen gleichzeitig ihre landesspezifischen Währungen Geschichte. Um diesem historischen Ereignis auch in unseren Publikationen Rechnung zu tragen, wählte der Vorstand der Anthropologischen Gesellschaft diesmal das Generalthema "Geld". Lenerz-de Wilde, Majolie Zusammenfassung Summary Neugebauer, Johannes-Wolfgang †: Zusammenfassung Dembski, Günther: Zusammenfassung Nebehay, Stefan: Zusammenfassung Wehdorn, Armine: Zusammenfassung Hirschberg, Helmut: Zusammenfassung Mückler, Hermann: Zusammenfassung Schläger, Hans: Zusammenfassung Schmidt, Johann: Zusammenfassung Angeli, Wilhelm: Zusammenfassung Angeli, Wilhelm: Zusammenfassung Zalai-Gaal, Istvan: Zusammenfassung * * * Jelen munkánkban azokkal az állat alakú edényekkel foglalkozunk, melyek a zengovárkonyi temeto 214. csontváza mellett (a koponya helyén) és a györei hamvasztásos rítusú sírcsoport 13. sírjábankerültek elo. Mindkét objektum a lengyeli kultúra legkorábbi idoszakát képviseli a Dél-Dunántúlon. A kronológiai problémák taglalása mellett bemutatjuk a lehetséges párhuzamokat a lengyelikultúra elterjedési területén és a körayezo egyideju kultúrákban, a délkelet-európai neolitikumban, valamint a nyugati vonaldíszes kerámiában, keresve a választ az eredet és a rendeltetés kérdéseire is.Megállapítható, hogy a tárgyalt leletek szimbólikus jelentéssel kerültek olyan személyek sírjaiba, akik - amint arra a leletkörülmények is utalnak - különleges helyzettel, státusszal rendelkezhettekegykori közösségükön belül.
(Angelika Heinrich)
Auch zu diesem Thema wurden Autoren der vier unter dem gemeinsamen Dach unserer Gesellschaft vereinten anthropologischen Einzelwissenschaften zur Mitarbeit eingeladen. Als Gäste konnten wir zusätzlich mehrere Vertreter der Numismatik gewinnen. So wurde wieder der Versuch unternommen, das Thema von möglichst vielen verschiedenen Seiten zu beleuchten. Zeitlich spannen die Beiträge einen Bogen von der frühen Bronzezeit bis in die Gegenwart. Sie stellen die Entwicklung und Verwendung verschiedenster Zahlungsmittel vor und untersuchen Wechselwirkungen zwischen "Geld" im weitesten Sinne und gesellschaftlichen, politischen, ökonomischen und kulturellen Entwicklungen. Leider ist es nicht möglich, in einem Band sämtliche Facetten des Generalthemas abzudecken.
Allen Autoren dankt die Schriftleitung für ihre wertvolle Mitarbeit. Der Dank für die Überprüfung und teilweise Erstellung der englischen Zusammenfassungen gebührt auch in diesem Jahr Frau Dr. Walpurga Antl.
Wie schon im letzten Jahr angedeutet, ist die Gesellschaft zu möglichst sparsamer Verwendung ihrer finanziellen Ressourcen gedrängt. So sind wir besonders dankbar, daß die OesterreichischeNationalbank diesen Themenband mit einer namhaften Summe unterstützt hat.
Bronzezeitliche Zahlungsmittel
Der vorliegende Beitrag geht von der These aus, dass Ring-, Spangen- und Miniaturbarren während der Frühbronzezeit als prämonetäre Zahlungsmittel gedient haben. Um dies zu überprüfen, wird eine Reihe von Neufunden aus Niederösterreich und Süddeutschland, dem Hauptverbreitungsgebiet der Barren, vorgestellt. Dabei zeigt sich u. a., dass nunmehr ein Zahlsystem deutlich erkennbar ist. Diskutiert werden die Gründe für die Niederlegung der Horte sowie die Schlussfolgerungen, die sich aus neuen Metallanalysen der Barren ziehen lassen.
It has been claimed that ring ingots, rib ingots and miniature ingots were used as premonetary currency during the early bronze age. In order to examine this hypothesis more closely, the present paper presents a number of new finds from Lower Austria and Southern Germany. It turns out, amongst other things, that we are now able to recognize clearly a system of counting. In addition, the reasons for depositing the hoards as well as the conclusions which can be drawn from new metallurgical analyses of the ingots are being discussed in some detail.
Die Metalldepots der Unterwölblinger Kulturgruppe Ragelsdorf 2
und Unterradlberg 1 und 2
Besonders möglichst vollständig erhaltene und bei modernen Grabungen aufgefundene frühbronzezeitliche Metalldepots eignen sich für Überlegungen, ob ihren Bestandteilen prämonetärerCharakter zugekommen sein könnte. Diesen Kriterien entsprechen besonders die Horte von Ragelsdorf 2 und Unterradlberg 2. Die Gewichtsstatistiken zeigen – bei allen Schwankungen – eine Tendenz zur Normierung, denn die Ringbarren besitzen einen deutlichen Gipfel zwischen 180 und 190 g und die schweren Ösenhalsreife beim Doppelten, also bei 360–370 g. Fertigprodukte, wie die Armspiralen, stehen zudem in Relation zu diesen Gewichten. Öfters und weiträumig nachgewiesene Bündelungen von Ringbarren in den Depots bevorzugen die Abzählung zu fünf oder zehn Stück.
Summary
Especially complete early bronze age metal hoards from modern excavations qualify for considerations concerning their premonetary character. In particular the hoards Ragelsdorf 2 andUnterradlberg 2 comply with these criteria. Statistics of weights show apart from all differences a tendency towards standardization i.e. ring ingots with a peak between 180 and 190 g and neck rings with lugged endings between 360 and 370g. The weight of finished goods like arm spirals correspond to these weights. In various regions ring ingots are often found by bundles of five or ten pieces.
Der Geldumlauf in Österreich in vorrömischer und römischer Zeit
Der Münzgeldverkehr setzt im Bereich des heutigen Österreich in den Gebieten nördlich der Donau und im Südosten unseres Landes noch vor der Mitte des 2. Jh. v. Chr. ein. Seine Träger sind Keltenstämme, die Münzen imitieren, welche sie als Söldner oder durch den Handel mit den Mittelmeervölkern (Griechen und später dann Römer) kennengelernt hatten und nachzuprägen begannen. Dabei gibt es insgesamt mehrere Einflußsphären mit ihren spezifischen Prägungen.
Der mit der römischen Landnahme ab 15 v. Chr. einsetzende massive Zustrom römischen Geldes ist für die Wirtschaft der Nordprovinzen ein wichtiger Faktor, zeigt aber auch sowohl im Münzmaterial selbst als auch indirekt bei den Hortverbergungen Krisensituationen, die etwa durch den Markomannensturm in der zweiten Hälfte des 2. Jh. n. Chr. oder in der Zeit der Soldatenkaiser entstanden sind. In dieser Zeit wurden ein einziges Mal in unserem Gebiet, nämlich in Carnuntum, Münzen geprägt: um 260 n. Chr. die Antoniniane des Usurpatorenpaares Regalianus undDryantilla.
Summary
In the northern regions of today’s Austria and in its south-eastern part the use of coins starts in the middle of the 2nd century B.C. by Celtic tribes. They are imitating coins which they got as mercenary soldiers or as merchants at the Mediterranean empires. There exist several zones with their specific coinage.
Most part of today’s Austria was occupied by the Romans in 15 B.C. With the new rulers also their money arrived which was an important economical factor for the northern provinces of theImperium Romanum. Also here we can realise critical situations shown by the coins itselves or by the hoards e.g. at the invasion of the Marcomans in the 2nd half of the 2nd century. About 260 A.D. the usurpators Regalianus and Dryantilla produced their Antoniniani in Carnuntum – the only "mint" in the Austria Romana.
Kaiserliches Dekolleté und Doppeladler.
Zur Erfolgsgeschichte eines monetären Markenzeichens
Der Maria-Theresien-Taler oder Levantetaler, zu Lebzeiten der Kaiserin mit aktuellen Jahreszahlen und später mit der Angabe ihres Todesjahres (1780) primär für den Export in die osmanischen Länder im östlichen Mittelmeergebiet geprägt, wurde in einer Reihe von österreichischen, später auch ausländischen Münzstätten in großen Stückzahlen hergestellt. Bis auf die Azoren und nach China verbreitet, gelangte er in Ostafrika sowie im arabischen Raum zu seiner größten geldgeschichtlichen Bedeutung. Der außerordentliche Erfolg dieser Handelsmünze, die eine Reihe verschiedener Funktionen erfüllen konnte und auch für politisch-militärische Zwecke eingesetzt wurde, beruhte vor allem auf ihrem konstanten Gewicht und Silbergehalt, der hohen technischen Qualität ihrer Ausführung - die sie weitgehend fälschungssicher machte - sowie auf der zeitlosen Schönheit ihres stets gleichbleibenden populären Designs.
Summary
The Levantine Taler of Maria Theresa, primarily produced for the Ottoman territories in the eastern Mediterranean - first with actual dates and then posthumously with the year of the empress's death (1780) - was struck in great quantities by several Austrian mints and later by foreign mints as well. It played a most important role in the monetary history of Eastern Africa and the Arab countries and spread as far as to the Azores and to China. The singular success of this silver trade coin which was used for different purposes (including political and military ones) was mainly based on its constant weight and fineness, its high technical standard which protected it against being forged, and on the timeless beauty of its unchanging popular design.
Geld - mehr als nur ein Zahlungsmittel
Die Währungsumstellung vom Schilling zum Euro hat die Bedeutung des Geldes im Alltag und den generellen Umgang mit Geld in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gestellt. Die Fülle der Auswirkungen des Geldes auf sozialem, politischem, gesellschaftlichem und kulturellem Gebiet veranschaulichen, dass Geld mehr als nur ein Zahlungsmittel ist. Die heute üblichen und gesetzlich anerkannten Formen des Geldes entwickelten sich aber erst im Laufe der Zeit, wie am Beispiel der Geschichte der Banknoten, welche eng mit der Geschichte der Notenbank verknüpft ist, gezeigt werden kann.
Summary
The changeover from the schilling to the euro has made us realise very clearly how we typically handle money and what role it plays in our everyday lives. The wide range of implications money has on social, political and cultural spheres neatly illustrates that money is more than just a means of payment. What is legal tender today is the result of a long development process, as we can see from the history of banknotes, which in turn is closely linked to central bank history.
Konsumgeld – Gebrauch und Verbreitung konsumgenossenschaftlicher Geldzeichen
Zielsetzung des vorliegenden Beitrages ist es, einen Überblick über die einst in Europa weit verbreitete Verwendung von "Konsumgeld" zu geben, verbunden damit die Darstellung der verschiedenen Markensysteme, deren Verwendungszweck entsprechend. Die dem Aussehen nach geldähnlichen Gepräge waren kein Ersatz für das staatliche Münz- oder Papiergeld, sie dienten vielmehr der Kontrolle der Mitgliedereinkäufe und zur Abrechnung der Rückvergütung.
Summary
The aim of this essay is to give a survey on the use of "co-operative tokens" which used to be widely spread in Europe. This is combined with the presentation of the various kinds of tokens according to their usage. Although co-op’s money – dividend checks and pre-payment tokens often looked like coins, they never substituted authorities‘ coinage or banknotes. The tokens were a useful instrument for controlling co-operatives member’s purchasing as well as for calculation of the yearly reimbursement, the so called dividend.
Das Geld der Südsee: Ein kurzer Überblick über eine Region und ihre wichtigsten Geld- und geldähnlichen Wertmaßstäbe
Der Beitrag versucht eine überblicksmäßge Annäherung an die Vielfalt der Geld- und geldähnlichen Wertmaßstäbe. Ausgehend von der Beschreibung der speziellen Rahmenbedingungen für die Region mit ihren – trotz der großen Entfernungen – erstaunlich dicht geflochtenen Handels-, Tribut-, Tausch- und rituellen Netzwerken, wird auf die unterschiedlichen verwendeten Materialien eingegangen. Muschel- und Schneckengeld spielt dabei naturgemäß eine zentrale Rolle, aber auch Zahngeld, Mattengeld, Steingeld, Knochengeld und Perlengeld finden sich in den drei Großregionen Melanesien, Mikronesien und Polynesien. Die Verwendungszwecke werden exemplarisch anhand kurz angerissener Beispiele dargestellt.
Summary
This article gives an overview about different types of money used in Oceania. Beginning with a description about the specific environment and its great distances, the existence of networks for barter, exchange, tribute and ritual purposes are highlighted. The different types of material used and the specific purposes are described with examples for each of the money types. Shell money is the most important and most widespread traditional money form, but also bone, tooth, mat, stone and pearl money is used in parts of the South Pacific.
Die Magie des Geldes. Anmerkungen zu nicht-münzlichen Zahlungsmitteln Schwarzafrikas aus kunstethnologischer Sicht
Eine Reihe von Werken befaßt sich mit nicht-münzlichen Zahlungsmitteln Schwarzafrikas. Gelegentlich finden sich in diesen auch Hinweise auf deren rituellen Gebrauch und die ihnen zugeschriebenen magischen Kräfte. Eingehende und zusammenfassende Arbeiten zu diesem Thema fehlen jedoch. Der Mangel an Raum verbietet auch hier eine umfassende Behandlung. An Hand einzelner, sehr bekannter nicht-münzlicher Zahlungsmittel wie Katanga-Kreuzen, spitzen und scharfen Metallgegenständen (z.B. Messern, Nägeln, Speer- und Pfeilspitzen, Hauen, Tajis, Ogoja- undKissi-Pennies), weiters Kauris, Textilien, Perlen, Manillen und Schmuck, soll die Frage der magischen Eigenschaften solcher Geldsorten überblickshaft näher beleuchtet werden.
Summary
Western numismatists are used to examine to what extent African non-coined moneys meet the requirements of modern currency. They are also aware of the fact, that these moneys are frequently used for ritual payments, such as bride-price, blood-compensations, or cult-entrance fees. Some publications even refer to the magical aspects of African non-coined moneys, e.g. Katanga-crosses, knives, spear- and arrow-head-money, cowries, textiles, pearls, manillas and jewellery. But there are no investigations which deal with the backgrounds of these magical characteristics of African ‘primitive’ money. Drawing on his knowledge of art-ethnology the author strives to shed some additional light upon these aspects.
"We expect your credit cards" - Vom Umgang mit Kreditkarten
Dem menschlichen Bedürfnis entsprechend, wird Geld als Mittel zur Realisierung von Wünschen eingesetzt. Durch Geld lassen sich Ansehen, Macht und sozialer Status nach außen demonstrieren. Geld ist aber nicht nur Ausdrucksmedium, sondern es wird auch als Bestandteil menschlicher Kommunikation angesehen. Jede Zeit hat ihre eigenen Wertvorstellungen, die sich regional wie auch kulturell oft unterscheiden. In einer sich wirtschaftlich rasch entwickelnden Wohlstandsgesellschaft, die durch ein ausgeprägtes Konsumverhalten bestimmt ist, wird Geld zu einem entscheidenden Sozialindikator. Die Verlockungen dieser Konsumgesellschaft sind groß. Die Bevölkerung wird permanent durch Werbung, Prospekte, Versandhauskataloge, aber auch durch die Kreditkartensysteme verführt, alle ihre Wünsche zu befriedigen. "Heute kaufen und morgen zahlen" - nach diesem Motto leben immer mehr Konsumenten, und immer höhere Ansprüche an Komfort und Qualität werden unserer Gesellschaft selbstverständlich. In der vorliegenden Arbeit wird – nach einer historischen Einleitung zur Entwicklung des Kreditkartenwesens – der Umgang der Österreicher mit diesem unbaren Zahlungsmittel dargestellt.
Summary
Corresponding to human needs money is used as a means for realisation of desires. Through money you can demonstrate image, power and social status to society. However, money is not only a medium for image, but also can be seen as a component of human communication. Each period of time has its own set of values, which are often different in respect of regions and cultures. In an economically quickly developing affluent society that is characterised by a distinct consumption behaviour, money becomes a decisive social indicator. The temptations of this consumer society are enormous. The population becomes permanently tempted to satisfy all its desires not only through advertising, leaflets, mail-order catalogues, but also through the credit cards systems. "Buy today and pay tomorrow" - more and more consumers live according to this motto and our society takes an increasing demand for luxuries and quality for granted. In the present paper - after a historic introduction to the development of the credit card system - the usage of the Austrians of this non-cash paying system is described.
Hypothese und Theorie in der Prähistorik
Über Möglichkeiten und Ertrag der Bildung von Hypothese und Theorie auf Grund prähistorischer Quellen wird kurz referiert.
Summary
The article deals with the possibilities and yield from the formation of hypothesis and theory on the basis of prehistoric sources.
Die archäologische Kultur
Mit dem in der Urgeschichtsforschung eingeführten, auf dem System der Bodenfunde basierenden Begriff "Kultur" kann Volk, Stamm, Gesellschaft, Traditionsverband sowie eine Wirtschaftseinheit, gegebenenfalls unter Einschluß einer sozialen oder ethnischen Komponente gemeint sein; er kann aber auch für eine objektive Größe mit logischer Struktur stehen, die eine inhaltliche Aussage zwar nicht zuläßt, aber auch nicht benötigt, und schließlich noch eine rein formale Klassifikationseinheit darstellen.
Die Gleichung einer aus Bodendenkmälern zusammengesetzten Systemeinheit mit einem bestimmten Gebilde der sozialen Wirklichkeit ist nicht allgemeinverbindlich zu begründen, weswegen "archäologisch" sukzessive zum ständigen Beiwort des in der Prähistorik gebräuchlichen Begriffs von "Kultur" wurde, um diesen von einem substanziellen Beiklang fernzuhalten (was allerdings häufig nicht beachtet wurde). Von "Kultur" als Instrument zur Auffindung unerkannt bestehender menschlicher Gruppierungen verlagerte sich vor allem im anglo-amerikanischen Sprachraum das Interesse auf soziale und ökonomische Vorgänge. Deren Subjekte bleiben dabei weitgehend ausgeklammert.
Der Vergleich erweist die archäologischen Kulturen als im Lauf der Forschungsgeschichte nach dem Ermessen der Bearbeiter aufgestellte Konstruktionen, für die es die Möglichkeit einer objektiven Überprüfung nicht gibt. Die archäologische Kultur ist noch ein unersetzliches heuristisches Hilfsmittel; als eindeutig festzulegendes fundstatistisches Gebilde und Inbegriff übereinstimmender Fertigkeiten und Gebräuche, womöglich noch als Indikator eines Sozialverbandes, ist sie eine Fiktion.
Summary
Based on a system of archaeological finds prehistoric research designates with the term "culture" nation, tribe, society, union of traditions or economic union possibly connected with a social or ethnic component. Culture may also stand for an unbiased entity with a logical structure which does in fact not allow a substantial statement on the other hand not really being in need of one. Finally it may be a mere classification unity.
The equation of a systematic entity composed by ancient monuments with a distinct product of social reality cannot be argued with general acceptance. Therefore "archaeological" became a permanent adjective of the term "culture" commonly used by prehistoric research, in order to keep distance of a substantial connotation – which then by the way was often neglected. Within the English speaking area the interest moved from "culture" as an instrument to locate unknown human groups to social and economic phenomena mostly with the exception of their subjects.
Comparisons show that archaeological cultures - in the course of history of research - are constructions at the scientist’s own discretion. There are no possibilities of impartial examination. Archaeological culture is still an irreplaceable heuristic means. As a clearly determined product based on statistics of finds and synonym for certain skills and traditions or let alone as an indicator of a social unity it is a fiction.
Eine besondere Art spätneolithischer Grabbeigaben: die Tiergefäße der Lengyel-Kultur
In der vorliegenden Arbeit werden die zoomorphen Keramikgefäße aus dem frühesten lengyelzeitlichen Belegungshorizont Südtransdanubiens behandelt, die aus dem Skelettgrab 214 vonZengovárkony und dem Brandgrab 13 von Györe ans Tageslicht gelangten. Außer den chronologischen Fragen zu diesen Funden und Gräbern werden auch die möglichen Analogien aus dem Verbreitungsgebiet der Lengyel-Kultur und der umliegenden zeitgenössischen Kulturen bzw. der vorangehenden westlichen Linearbandkeramik vorgestellt und nach der Herkunft der mitteleuropäischen jungsteinzeitlichen Tiergefäße gefragt. Man kann feststellen, daß diese Gegenstände mit symbolischer Bedeutung eine wichtige Rolle im Totenkult hatten; sie wurden in Gräber von Personen beigegeben, die über einen besonderen Status innerhalb ihrer Gemeinschaften verfügt haben dürften.
Summary
This article deals with the zoomorphic pottery from inhumation grave 214 at Zengovárkony and urngrave 13 at Györe belonging to the first Lengyel graves in southern Transdanubia. Apart from chronological questions connected with these finds and graves possible analogies within the Lengyel area and the surrounding cultures as well as finds from the western Linearpottery are being presented. The article also discusses the origin of Central European neolithic zoomorphic pottery. It seems that these objects played an important role in mortuary practices. They are mainly found in graves of persons with a presumably high social status.
Zu diesem Band Auch der vorliegende Band der "Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien" wurde in bewährter Weise unter ein Generalthema gestellt. Dabei sollte das neue Jahrtausend mit dem Motto "Frauen" eingeleitet werden: Frauen als Forschende ebenso wie Frauen als Forschungsobjekte im weitesten Sinne. Es gelang uns, wieder Beiträge aus allen vier von der Anthropologischen Gesellschaft vertretenen Wissenschaften in diesem Band zu vereinen. So wird, den Intentionen der Generalthemen entsprechend, das Thema "Frauen" von den verschiedensten Seiten her beleuchtet. Dabei liegt es in der Natur der Sache, daß damit keinesfalls auch nur eine annähernd erschöpfende Behandlung erreicht werden kann. Mögen die einzelnen Beiträge zu einer weiteren Beschäftigung mit dieser Thematik anregen ! Kemkes-Grottenthaler, Ariane: Zusammenfassung Summary Kirchengast, Sylvia: Zusammenfassung Summary Wallner, Bernard - Schäfer, Katrin: Zusammenfassung Summary Antl-Weiser, Walpurga: Zusammenfassung Summary Owen, Linda R.: Zusammenfassung Summary Höckmann, Olaf: Zusammenfassung Summary Hansen, Svend: Zusammenfassung Summary Eibner, Alexandrine: Zusammenfassung Summary Beer, Bettina: Zusammenfassung Summary Chevron, Marie-France: Zusammenfassung Summary Résumé Strasser, Sabine: Zusammenfassung Summary Weise, Katrin: Zusammenfassung Summary Breuss, Susanne: Zusammenfassung Summary Spieker, Ira: Zusammenfassung Summary
(Angelika Heinrich)
Auf speziellen Wunsch einiger Autoren haben wir in diesem Band bei einzelnen Beiträgen mit der Regel gebrochen, bei Literaturangaben nur die abgekürzten Vornamen anzugeben, da es gerade bei diesem Thema mitunter von Interesse sein kann, ob die zitierte Arbeit von einem Mann oder von einer Frau verfaßt wurde. Daß hier mehrheitlich Beiträge weiblicher Autoren abgedruckt sind, spiegelt ziemlich deutlich eine geschlechtsabhängige Gewichtung der Forschungsinteressen zu diesem Themenkreis wider.
Obwohl nicht alle der ursprünglich versprochenen Beiträge auch wirklich eingelangt sind, ist doch wieder ein stattlicher Band entstanden. Diese Freude ist jedoch leider nicht ganz ungetrübt, da in Zeiten wie diesen auch für unsere Gesellschaft die finanziellen Ressourcen knapper werden. So haben wir uns aus Gründen der Sparsamkeit entschlossen, diesen Band als Doppelband erscheinen zu lassen.
Immer wieder gefordert und schon lange geplant, veröffentlichen wir nun nach mehr als 15 Jahren wieder ein vollständiges Verzeichnis aller unserer Mitglieder.
Die Gelegenheit wahrnehmend, bedankt sich die Schriftleitung auch auf diesem Wege bei den Autoren dieses Bandes für die Mitarbeit und bei Frau Dr. Walpurga Antl wieder für die Überprüfung der englischen Zusammenfassungen.
"Andere Umstände?
Biologische, historische und psychosoziale Aspekte der Schwangerschaftswahrnehmung"
Nicht definitiv um eine Schwangerschaft zu wissen, scheint auf den ersten Blick auf ein biologisches Paradoxon zu verweisen. Wie sonst wäre zu erklären, daß ein derart in das Körpergeschehen eingreifendes Ereignis im Rahmen der weiblichen Selbstbeobachtung unentdeckt bleiben sollte? Noch unvorstellbarer scheint eine iatrogene Beteiligung am Phänomen der nicht wahrgenommenen Schwangerschaft, aber epidemiologische Studien belegen, daß jede 500ste Gravidität erst nach dem fünften Monat diagnostiziert wird. Angesichts dieser aktuellen medizin-psychiatrischen Erkenntnisse zum Phänomen der „Schwangerschaftsverdrängung" bedürfen gängige Konzepte - vor allem im historischen Kontext der Schwangerschaftskriminalisierung- einer dringenden Revision.
For a woman to be unaware of her pregnancy may seem like a biological paradoxon. How else could one explain that an event of such magnitude might remain undetected. Even more unimaginable is the apparent iatrogenic contribution to the phenomenon of unknown pregnancy. However, epidemiological studies demonstrate that every 500th pregnancy remains undetected well into the 2ndtrimester. Due to current medical and psychiatric evidence concerning „pregnancy denial" some long held historical assumptions – especially pertaining to the persecution of unwed mothers - need to be revised.
"Der weibliche Körper zwischen Reproduktionsfunktion und Schönheitsideal"
Der weibliche Körper befindet sich seit jeher in einem Spannungsfeld zwischen Natur und Kultur. Bis in unsere jüngste Vergangenheit entsprachen die kulturellen Normen jedoch meist den Erfordernissen der Reproduktionsfunktion. Eine höherer Fettanteil sowie eine gynoide Fettverteilung, typisch für die gesunde Frau während der fertilen Phase, wurden mit Attraktivität assoziiert. Obwohl die biochemischen Grundlagen der Bedeutung von Körperfett für die Reproduktionsfunktion, wie Energiespeicherfunktion oder extraovarielle Östrogensynthese, erst im 20. Jahrhundert wissenschaftlich nachgewiesen wurden, postulierte man einen engen Zusammenhang zwischen Körperfett und Reproduktionserfolg und in der Folge Attraktivität. Vor allem seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts sind die kulturell determinierten Normen des weiblichen Körpers der Reproduktionsfunktion, aber auch der Gesundheit der Frau in hohem Maße abträglich.
During our whole history the female body was part of nature as well as of culture. Until the second half of the 20th century cultural determined beauty ideals corresponded to a high degree with the demands of reproductive function. A moderate high amount of body fat and a gynoid kind of fat distribution, typical for the healthy female during fertile phase of life, were associated with female attractiveness. Although the biochemical basis of the impact of body fat on reproductive function was documented at first during the second half of the 20th century, a close connection between body fat, reproductive success and female attractiveness was postulated since centuries. Nevertheless during the last 30 years the cultural determined beauty norms of the female body showed increasingly adverse effects for reproductive function and general health of the affected women.
"Endokrinologische, morphologische und soziale Einflüsse des Kontrazeptivums
Levonorgestrel bei weiblichen Berberaffen (Macaca sylvanus)"
Die Applikation von Kontrazeptiva ist eine effektive Methode, um den reproduktiven Erfolg bei Primaten unter Zoobedingungen kontrollieren zu können. Generell bewirkt Levonorgestrel bei Primaten eine Kontrazeption unter Beibehaltung des weiblichen Zyklus, ohne Einfluß auf die Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale (anogenitale Schwellungen). Im Gegensatz dazu wiesen die untersuchten Weibchen starke Variationen der Schwellungsausprägung während der nicht sexuell aktiven Phase auf. Die Resultate zeigten keine unterschiedliche fäkale Östradiol- und Testosteron-Exkretion innerhalb implantierter Individuen, jedoch erhebliche Konzentrationsunterschiede zu einer nicht implantierten Gruppe. Letztere, die keine anogenitalen Schwellungen aufwiesen, und Weibchen mit kleinen Schwellungen hatten erhöhte Progesteronwerte im Vergleich zu Tieren mit großen Schwellungen. In der Gruppe der Implantierten empfingen groß geschwollene Weibchen weniger intrasexuelle Aggression, zeigten während sozial instabiler Phasen vermehrtes Groomingverhalten und eine verminderte fäkale Cortisol-Exkretionsrate.
The use of contraceptives is a common tool in controlling the reproductive physiology in primates. Administrated levonorgestrel usually enables contraception under normal cyclicity of the ovaries and does not suppress the extension of the cyclic perineal swellings. In contrast to that we observed among implanted Barbary macaques, different degrees of perineal swellings occur also during the non-sexual phase. Therefore the influence of levonorgestrel on gonadal steroid secretion was investigated. The results showed no difference in the estradiol-titer of distinctively swollen, implanted females, but increased excretions compared to non-implanted individuals. Implanted females with large perineal swellings had lower fecal progesterone concentrations compared with group members without swellings and did not differ from the non-swollen caged group. The latter group showed increased testosterone excretion. Among implanted females individuals with large swellings receive less aggressive encounters compared to less swollen animals. During these social unstable periods large swollen females show more intrasexual grooming behavior and decreased fecal cortisol excretion rates.
"Die Auffindung der Venus von Willendorf - eine unendliche Geschichte"
Die Venus von Willendorf, eine der weltweit bekanntesten Plastiken, wird heute als Symbol für unterschiedlichste Inhalte verwendet. Es ist daher nicht außergewöhnlich, daß um die Auffindung der Figur Legenden entstanden sind. Wenn aber auch in Fachkreisen von angeblichen „Ungereimtheiten" gesprochen wird, erscheint ein Klärungsversuch angezeigt. Die vorliegende Arbeit soll anhand des vorhandenen Quellenmaterials den Ablauf der Ausgrabung Willendorf 1908 und die Auffindung der „Venus von Willendorf" sowie die Hintergründe, die zu den oben angesprochenen „Ungereimtheiten" geführt haben, darstellen.
The so called „Venus of Willendorf", one of the world’s most famous sculptures, has been a symbol in various respects. Therefore it is not quite unusual that a series of legends concerning the finding of this sculpture are circulating. When even archaeologists speak of unanswered questions it seems appropriate to bring some light into this affair. The following article is supposed to give a description of the course of the excavation „Willendorf 1908" as well as the finding of the sculpture and to analyse the background of these discrepancies on the basis of genuine documents.
"Die unsichtbare prähistorische Frau:
Geschlechter- und Frauenforschung zum Jungpaläolithikum"
Stereotype Ideen über die Geschlechterrollen im Jungpaläolithikum sind sehr tief im archäologischen Denken verwurzelt. Es wird selten erkannt, daß diese Rekonstruktionen nur hypothetisch sind und auf sehr wenigen archäologischen Daten, ausgewählten ethnographischen Analogien rezenter Jäger-Sammler und kulturellen Vorurteilen über die Rollen der Geschlechter und die Fähigkeiten von Frauen basieren. Einige weitverbreitete Annahmen über die prähistorischen Geschlechterrollen werden in diesem Artikel kritisch betrachtet. Es wird gezeigt, wie die einseitigen ethnographischen Analogien, die viele Archäologen und Archäologinnen heranziehen, unser Bild von der prähistorischen Frau systematisch verzerren. Die Geschlechter- und Frauenforschung sowie neue archäologische Untersuchungen stellen viele Annahmen über die biologische Rolle, die körperliche Stärke, die Fähigkeiten und die Arbeit von Frauen in prähistorischer Zeit in Frage.
Stereo-typical ideas about Upper Palaeolithic gender roles are deeply rooted in archaeological thought. It is seldom realized that these reconstructions of prehistoric life are based on very few archaeological data, selected ethnographic analogies and cultural prejudices about gender roles and the capabilities of women. This article critically analyzes some of the widely held beliefs about prehistoric gender roles. It illustrates how the biased ethnographic analogies used by many archaeologists have systematically distorted our view of prehistoric women. It then shows how gender and women's studies and new archaeological investigations question many of the prevailing assumptions about the biological roles, the physical strength, the abilities and the work of prehistoric women.
"Bandkeramische Menschenbilder: Göttinnen - oder ??"
Menschenbilder treten im gesamten Verbreitungsgebiet der Linearbandkeramischen Kultur Mitteleuropas auf: als Statuetten oder als figurale Gefäße. In der überwiegenden Mehrzahl stammen die Funde aus Siedlungen und sind zumeist stark fragmentiert. Die Statuetten können in vielen Fällen als Frauendarstellungen angesprochen werden. Sie wurden absichtlich zerschlagen und dann zerstreut bzw. gezielt deponiert. Befunde lassen sie als Substitute für Menschenopfer im Rahmen von Fruchtbarkeitsritualen deuten. Figurale Gefäße und verschiedene paarförmige Darstellungen lassen hingegen an Bilder übermenschlicher Wesen und eine Deutung als Objekte von Kulthandlungen denken.
Human representations are known from the whole area of Linear Pottery in Central Europe, either as statuettes or as anthropomorphous vessels. In most cases they come from settlements and are frequently in a fragmentary condition. The statuettes are often representations of females. They have been deliberately broken to pieces and scattered or deposited. Archeological data suggest an interpretation as substitutes for the sacrifice of humans in the course of fertility rites. Anthropomorphous vessels and certain representations in pairs let us think of superhuman creatures and objects of cultural rites.
"Fruchtbarkeit?
Zur Interpretation neolithischer und chalkolithischer Figuralplastik"
Im Mittelpunkt des Beitrages steht die herrschende Deutung der jungstein- und kupferzeitlichen Figuralplastik als Zeugnisse von Fruchtbarkeitsriten. Hierzu wird zunächst eine knappe Darstellung der wichtigsten formalen Charakteristika und der zeitlichen Entwicklung der Figuralplastik geboten. Die „intuitive" Ansprache der Statuetten als Frauendarstellungen wird in Frage gestellt. Daneben wird die geringe Signifikanz der wenigen Befunde, die einen Zusammenhang zwischen Figuren und Getreide nahelegen könnten, hervorgehoben. Die Deutung der Statuetten als Fruchtbarkeitssymbole wird vor dem Hintergrund religionswissenschaftlicher und ethnologischer Arbeiten des 19. Jahrhunderts sowie der Konstruktion komplementärer Geschlechtercharaktere seit dem 18. Jahrhundert beleuchtet. Da diese Forschungen heute nicht mehr als tragfähig gelten können, wird vorgeschlagen, sich vom Fruchtbarkeitsparadigma zu lösen, um neue Perspektiven für die Interpretation der Figuralplastik entwickeln zu können.
The topic of this paper is the prevailing interpretation discourse of the Neolithic and Copper-age figural sculpture as evidence of fertility-rites. At the beginning a brief description of the most important features and the chronological development of the figurines is given. The intuitive identification of the figurines as representations of women is questioned. The low significance of the few archaeological finds which show a relationship between figurines and crop is emphasized. The interpretation of figurines as symbols of fertility is discussed in the context of the ethnological and religious studies in the 19th century and of the construction of complementary gender characteristics since the 18th century. Since both are not well-founded it is suggested to take leave of the fertility paradigm in order to develop new perspectives on the interpretation of Neolithic figural sculpture.
"Die Stellung der Frau in der Hallstattkultur anhand der bildlichen Zeugnisse"
Es wird versucht, über die zeitgenössischen Bildinhalte eine Aussage über die Stellung der Frau in der Hallstattzeit zu gewinnen. Die Darstellungen zeigen uns die Frau mit Spindel und Webstuhl bei häuslichen Tätigkeiten, bei ihrer natürlichen Bestimmung als Hausfrau und Mutter, wozu auch die Schlüsselgewalt gehört. Im kultisch-religiösen Bereich sehen wir sie bei Prozessionen und Trankspenden als Priesterin und Herrscherin, wenn der Thron als Symbol für diese Funktion anzusehen ist und die reiche Grabausstattung dafür spricht. Weitere untersuchte Aspekte sind Tanz und Gebet, Darstellungen von Wagenfahrten sowie die Frage von Waffenbeigaben in Frauengräbern. Es ist dies ein Bild der Frau, wie es uns auch in anderen Zeiten begegnet, wo der Mann der pater familias ist, obwohl auch die Frau als mater familias angesprochen wird. Wir fassen in diesen bildlichen Darstellungen allerdings nur die freie Bevölkerung bzw. die Oberschicht, aber nicht die abhängigen Menschen, die arme Bevölkerungsschicht oder kriegsgefangene Frauen.
The article tries to illustrate the role of women in the Hallstatt period aided by representations of the time. According to their role as housewives and mothers women are depicted at their domestic work with spindle and loom the power of the keys being also a part of it. Concerning cult and the religious sphere we can find women at processions and libations as priestesses and rulers if the throne or rich grave furnishings can be regarded as a symbol for this function. Other aspects being discussed in this article are dance and prayer, chariot driving and graves of females furnished with weapons. This picture of women is similar to other periods when men were regarded as „pater familias" although women on their hand were addressed as „mater familias". But the above mentioned representations show us only the free and independent part of the female population respectively the upper class and not the poor or female prisoners of war.
"Migrationsforschung in Herkunfts- und Zielgebiet
am Beispiel philippinischer Heiratsmigrantinnen in Hamburg"
Migrationsforschung hatte zunächst die Untersuchung von Migranten in den jeweiligen Zielgebieten zum Gegenstand. Erst durch neuere Ansätze in den achtziger und neunziger Jahren wurden auch Herkunftsgebiete und Migrationsnetzwerke einbezogen. Der Beitrag zeigt daraus resultierende Veränderungen des Blickwinkels in der Migrationsforschung sowie deren Einfluß auf Methoden der klassischen ethnologischen Feldforschung am Beispiel eigener Forschungen über philippinische Heiratsmigrantinnen in Hamburg.
Migration research was focused until recently on the life of migrants at their destinations. New tendencies in the eighties and nineties included the places of origin and migration networks into migration studies. The article shows changes in the focus of migration research. Influences on classical ethnological fieldmethods will be outlined. The results of an ethnological research on Philippine marriage migrants in Hamburg serve as an example.
"Kulturwandel und sozialer Zusammenhalt in Mali:
neue Gruppenbildungen und Frauenassoziationen"
In Mali, einem westafrikanischen Land der Sahelzone, haben die ökologisch und wirtschaftlich bedingten Migrationen aus dem ländlichen Raum und die zunehmende Urbanisierung wie auch die seit der Revolution im Jahre 1990/91 stattfindende Demokratisierung zu einem deutlichen Wandel der Beziehungen zwischen den Geschlechtern und zu einer Veränderung ihres Rollenverständnisses geführt. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Zerfalls der traditionellen Strukturen, des Schwunds der Solidarität und der schnell voranschreitenden Individualisierung ist das Phänomen der vielen neuen Gruppenbildungen, aber hier vor allem der seit dem Jahre 1994 gehäuft auftretenden Gründungen von immer neuen Frauenassoziationen in den malischen Städten von Interesse. Wir fragen nach der Bedeutung dieses Phänomens für das Selbstverständnis der Frauen im Zeichen des Kulturwandels, wobei diese Analyse in einer Reflexion über die alten und neuen Formen der Reziprozität und Solidarität eingebettet ist.
A clear change of intergender relationships, and concomitant role understandings, has been taking place in the West African country of Mali. This process has been triggered by waves of migration from rural areas (owing to ecological and economic circumstances), a swelling rate of urbanization, and the process of democratization that originated in the 1990/91 Revolution in this country. In view of increasingly deteriorating traditional structures, the loss of solidarity and rapidly progessing individualization, this paper focuses on the phenomenon of an abundant emergence of new groups, especially of women´s associations in Malian towns since 1994. We attempt to investigate the relevance of this phenomenon in terms of women´s self-understanding in the framework of cultural change. Our analysis is embedded in reflections on old and new forms of reciprocity and solidarity.
Au Mali, pays sahélien de l´Afrique de l´Ouest, les migrations d´origine écologique et économique en provenance des milieux ruraux, l´urbanisation mais aussi la démocratisation en cours depuis la Révolution de 1990/91 ont amené un net changement dans les modes de relation entre les sexes et la compréhension de leur rôle respectif. Avec pour arrière-plan la désagrégation progressive des structures traditionnelles, la perte de solidarité et l´individualisme croissant, nous décrivons les créations nombreuses de nouveaux groupements, surtout les associations de femmes apparues dans les villes maliennes depuis 1994, qui sont, dans ce contexte, un phénomène d´un intérêt particulier. Il s´agit d´analyser la signification et la portée de ce phénomène pour la compréhension qu´ont les femmes maliennes de leur rôle et de leur identité dans le contexte du changement culturel. Cette analyse est étroitement liée à une réflexion sur les nouvelles formes de réciprocité et de solidarité dans la société malienne.
"Canim sikiliyor - Meine Seele langweilt sich!
Inszenierungen weiblicher Ohnmacht in einem türkischen Dorf am Schwarzen Meer"
Beschreibungen des Geschlechterverhältnisses in der ländlichen Türkei führen häufig in die Sackgasse fixer Zuschreibungen. Frauen werden dabei nicht nur als homogene Gruppe, sondern zudem häufig als „Opfer ihrer Gesellschaft" repräsentiert. Dieser Beitrag versucht, diesen einfachen Zuweisungen entgegenzuwirken und einen möglichen Umgang von Frauen mit gesellschaftlichen Erwartungen und männlicher Dominanz in der ländlichen Türkei darzustellen. „Ländlich" oder „lokal" meint in diesem Zusammenhang aber keinesfalls unveränderbar oder starr. Der vorliegende Artikel versucht im Gegenteil, das Potential von als traditionell oder rückständig bezeichneten Vorstellungen (Besessenheit durch Dämonen und Dämoninnen) für gesellschaftliche Veränderungen sichtbar zu machen. Körperliche Krisen von Frauen werden in diesem Sinne als Ausdruck sowohl von Besessenheit als auch von Strategien des Gegenwillens interpretiert.
Essays on gender relations in rural Turkey often end up in the pitfall of fixed ascriptions. Women are represented as a homogeneous group, and often even as victims of their own society. My contribution tries to challenge those simple descriptions and the discourse of victimisation by drawing on female bodily expressions. Women in rural Turkey counteract social expectations and male dominance through bodily crises. In this context "rural" or "local" does not mean timeless and tradition-bound. On the contrary, this case study shows subversive aspects and the potential for change of spirit possession, which is commonly portrayed as backward or traditional. Bodily crises in this sense are conceptualized as an expression of spirit possession as well as of female counterhegemonic strategies.
"Enteignung von Frauenarbeit für den internationalen Entwicklungsprozeß
Papua Neuguinea ist kein Exote im Globalisierungszirkus"
Die Globalisierung, die nichts anderes meint als die weltweite Umsetzung eines entfesselten Kapitalismus, geht mit einer Neudefinierung von Genderrollen einher. Mit ihren wirtschaftlichen und sozialen Folgen wirkt sich die Globalisierung - wenn auch unterschiedlich - weltweit auf Frauenleben aus. Der internationale Entwicklungsapparat ist bestrebt, die Frauenrollen zu uniformisieren und sie den sich ändernden Bedürfnissen des Kapitalismus anzupassen. Gerade am Beispiel Papua Neuguineas läßt sich aufzeigen, daß diese Anpassungen nicht neu sind, sondern daß die Zugriffsversuche des Kapitals auf immer neue Aspekte von Frauenarbeit eine Tradition haben, die in die koloniale Zeit zurückreicht. Selbstbestimmte Entwicklungsansätze stoßen auf zunehmende Existenzprobleme.
Globalisation implies a new definition of gender roles. Thereby globalisation has a direct though regionally different impact on women’s lives as well economically as socially. International development agencies continuously strive to uniformize gender roles as fitted to the need of capitalism. The example of Papua New Guinea clearly shows that the efforts to appropriate more and more aspects of women’s labour are reaching back as far as early colonial times. Women’s grass roots projects encounter many difficulties in holding up self-sufficiency.
"Aus der Leiblichkeit fließt alles in Leben und Kultur der Menschen".
Volkskundliche Blicke auf den weiblichen Körper
Wie in verschiedenen anderen Disziplinen ist der Körper auch in der Volkskunde ein zentrales Reflexions- und Untersuchungsfeld der Frauen- und Geschlechterforschung. In diesem Beitrag soll ein Überblick über einige wichtige Forschungstraditionen und -interessen der deutschsprachigen Volkskunde sowie über aktuelle Positionen bezüglich der Beschäftigung mit dem weiblichen Körper gegeben werden. Die Volkskunde hat den weiblichen Körper vor allem in seiner reproduktiven Fähigkeit wahrgenommen, daneben aber auch z.B. den Zusammenhang von Körper und Kleidung erforscht. Während die ältere Volkskunde vom Körper als einer biologischen Tatsache ausging, steht heute dessen kulturelle Konstruktion im Mittelpunkt der Diskussion.
In European Ethnology, as in other disciplines, the body has been a central theme for reflection and research in womens and gender studies. This article will give an overview of some important research traditions and interests in German-language European Ethnology and also current views dealing with the female body. European Ethnology has taken notice mainly of the reproductive capacity of the female body, besides which it has also investigated the relationship between body and clothing. While older European Ethnology proceeds from the assumption of the body as a biological entity, today its cultural construction forms the focus of the discussion.
"Von Ladenfräuleins und Geschäftsfrauen.
Ideale und Realitäten von Frauen im Handel zu Beginn des 20. Jahrhunderts"
Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert fand ein tiefgreifender Strukturwandel im Handel statt. Mit dem zahlenmäßigen Anstieg der Läden wuchs auch die Zahl der im Handel Beschäftigten. Vor allem für Frauen eröffnete sich hier ein (neues) Betätigungsfeld. Entweder führten sie selbständig einen Laden, arbeiteten als Familienmitglied im Geschäft mit, oder sie eroberten den aufkommenden Beruf der Verkäuferin, mit dem spätestens seit den zwanziger Jahren zugleich der Typus der selbstbestimmten „neuen Frau" assoziiert wurde. Die Arbeit war anstrengend und die Entlohnung größtenteils gering. Zudem wurde ihnen von der männlichen Konkurrenz das Recht auf Erwerbstätigkeit zumeist abgesprochen. Die Frauen standen daher vor dem Problem, sich an den unterschiedlichen Idealen und Rollenbildern zu orientieren bzw. sich davon zu lösen.
At the turn to the 20th century a considerable change of the structure of retailment took place. The number of shops increased as well as the number of employees. Especially for women a new field of jobs opened up. They either run their own shop or worked together with other members of their family. In addition to that the new occupation of a shop assistent was associated with a new type of self-confident modern woman. This new image work was hard and the wages were often minimal. Their male competitors were very reluctant to accept women in these new fields of occupation. Therefore women had to combine various roles and abandon traditional images of womenhood.
Heinrich, Angelika (Schriftleitung): Da es sich bewährt hat, die Bände der "Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien" jeweils unter ein Generalthema zu stellen, haben wir auch für diesen Band daran festgehalten. In Anbetracht des nahenden Jahrtausendwechsels wählten wir diesmal das Motto "Übergänge" im Sinne von Epochen, Phasen, Stilen, Auffassungen, Bewußtsein etc. Wie immer stand die Auslegung des Themas den Autoren frei, doch sollten die Beiträge nach Möglichkeit den gemeinsamen Grundlagen und Zielen der in der Anthropologischen Gesellschaft in Wien vertretenen Wissenschaften gewidmet sein. Haidle, Miriam Noel: Zusammenfassung Summary Schäfer, Katrin und Wallner, Bernard: Zusammenfassung Summary Atzwanger, Klaus : Zusammenfassung Summary Antl-Weiser, Walpurga: Zusammenfassung Summary Krenn-Leeb, Alexandra : Zusammenfassung Summary Metzner-Nebelsick, Carola und Nebelsick, Louis D.: Zusammenfassung Summary Falkenstein, Frank: Zusammenfassung Summary Breitwieser, Rupert und Lippert, Andreas: Zusammenfassung Summary Weiss-Krejci, Estella: Zusammenfassung Summary Stenzel, Werner: Zusammenfassung Summary * * * Neuber, Erika: Zusammenfassung Summary Rasuly-Paleczek, Gabriele: Zusammenfassung Summary Trost, Franz: Zusammenfassung Summary * * * Fillitz, Thomas: Zusammenfassung Summary Zips, Werner: Zusammenfassung Summary Thurner, Ingrid: Zusammenfassung Summary Mückler, Hermann: Zusammenfassung Summary Schwara, Stefan, A.: Zusammenfassung Summary Kremser, Manfred: Zusammenfassung Summary
Zu diesem Band.
Es freut uns, daß sich wieder ein großer Teil der eingeladenen Autoren zur Mitarbeit bereit erklärt hat, sind wir doch stets bestrebt, ein Thema von möglichst vielen Seiten her zu beleuchten. Die Zugehörigkeit zum vorgegebenen Generalthema erschließt sich bei manchen der Beiträge schon im Titel, während sie sich bei anderen subtiler zu erkennen gibt. Wie auch schon im letzten, den Grundfragen der anthropologischen Einzelwissenschaften gewidmeten, Band, befassen sich auch diesmal wieder einige Beiträge mit dem aktuellen Problemkreis der "Globalisierung", die uns ins nächste Jahrtausend begleiten wird.
Auch die Arbeitsweise der Schriftleitung kann mit dem Generalthema umschrieben werden: Zum einen bewegen wir uns bezüglich der Einführung der neuen Rechtschreibung in einer Übergangsphase. Zum anderen macht auch der Vorgang der Auswahl der Autoren einen Wandel durch, indem dazu immer mehr die im Internet vorhandenen Informationen genützt werden. Und nicht zuletzt verlagert sich auch die Kommunikation mit den Autoren allmählich von der konventionellen zur elektronischen Korrespondenz.
Bei allen Autoren dieses Bandes bedankt sich die Schriftleitung für ihre Mitarbeit und bei Frau Dr. Walpurga Antl-Weiser für die Überprüfung der englischen Zusammenfassungen der Beiträge.
Untersuchungen zur Planungstiefe als Marker kognitiver Evolution.
Es bestehen bereits zahlreiche körperbezogene, soziale und kognitive Ansätze, um das Wesen des Menschen zu erklären. Die meisten sind statisch, beinhalten sie jedoch eine Entwicklung, kann sie im archäologischen oder fossilen Kontext nicht nachgezeichnet werden. Als Marker erweiterten Zukunftsdenkens wird die Planungstiefe vorgestellt, die leicht in materiellen Hinterlassenschaftenfaßbar ist. Die zunehmende Wahrnehmung der Zukunft und ihre Einbeziehung in das Handeln sind ein Entwicklungsstrang, der für die Ausbildung fast aller Lebensaspekte wie materielle Kultur, soziale Organisation, Kunst und Religion zentral ist. Das hier vorgestellte Modell führt elf Planungshorizonte ein, die verknüpft sind mit zunehmendem Bewußtsein von Problem- und Lösungsmustern und als Folge davon mit erweitertem Potential zu Planung und Handlung. Eine beliebige Grenzziehung zwischen Nicht-Mensch und Mensch muß eine lediglich subjektive Bewertung bleiben. Die Menschen existieren nicht getrennt von ihrer tierischen Geschichte.
There have been different approaches to explain the essence of humans, be it physical, social or cognitive. Most of them are static and do not show any evolutionary trend, and if they do, this trend can not be traced adequately in archaeological or fossil context. Planning depth, which can easily be identified in material remains, is introduced as a marker of extended future thinking. The increasing perception of the future and its inclusion in the way one acts is an evolutionary path central to the development of almost all aspects of life, for example material culture, social organisation, art and religion. The present model introduces eleven planning horizons related to increased awareness of problem and solution patterns and, as a consequence, extended potential to plan and act. Thedevision between non-humans and humans shows to be only subjective. Humans cannot exist separated from their animal history.
Gedanken zur Sexualität weiblicher Primaten.
Die funktionellen Aspekte weiblichen Sexualverhaltens wurden von jeher von männlichen Wissenschaftern untersucht und interpretiert. Seit 20 Jahren durchleuchtet eine neue Generation vonPrimatologinnen ultimate und proximate Gesichtspunkte der weiblichen Sexualität. Klassische Erklärungsmuster von Prozeptivität, Attraktivität, Rezeptivität und die Konsequenzen auf das Paarungssystem werden aus einem evolutionären Blickwinkel beleuchtet. Frauen und Männer zeigen zwar unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien, müssen jedoch während der Kinderaufzucht kooperieren, um die energetischen Bedürfnisse des Nachwuchses abzudecken. Daraus folgt, daß sich das menschliche Fortpflanzungssystem wahrscheinlich nicht aus einem monogamen, sondern eher aus einem Paar-Bindungssystem evoluiert hat.
The functional aspects of female sexual behaviour have traditionally been analysed and interpreted primarily by male scientists. Since about 20 years a new generation of female primatologists has been investigating proximate and ultimate causes of female sexuality. Classical explanations of proceptivity, attractivity and receptivity, and their impact on the respective mating systems are considered from an evolutionary point of view. One conclusion is as follows: It is true that men and women have different reproductive tactics, but the energetic needs of the offspring forced them both to give parental care. Thus, the human mating system may not have evolved from a monogamous one, but is the consequence of a pair-bonded collaboration.
Der Mensch als Kulturwesen von Natur aus: verhaltensbiologische Überlegungen.
In diesem Beitrag werden einige verhaltensbiologische Aspekte der Sonderstellung des Menschen als Kulturwesen von Natur aus vorgestellt. Zuerst wird versucht, die Herangehensweise der Verhaltensbiologie zu erläutern. Neben begrifflichen Erläuterungen aus der Humanethologie und der Soziobiologie wird eine Möglichkeit der Entstehung von moralischem Verhalten postuliert, die mit soziobiologischen Modellen im Einklang steht, und schließlich auf die biologische Sonderstellung des Kulturwesens von Natur aus (Gehlen 1940) eingegangen.
This paper illustrates certain biological aspects of humans, who biologically evolved to be cultural. At the beginning methods of behavioural biology are explained. Beyond discussing the terminology of human ethology and sociobiology, I forward a hypothesis about the genesis of human morality, which tallies with sociobiological models. The article concludes with a description of the special biological status of this creature destined by nature for being cultural (Gehlen 1940).
"Neolithisierung"
Die zahlreichen Erklärungsmodelle zur Neolithisierung Mitteleuropas basieren im wesentlichen auf zwei Grundkonzepten: erstens einer lokalen Entwicklung von Pflanzenbau und Viehhaltung aufgrund von Kontakten zu bereits neolithischen Gruppen in Südosteuropa und zweitens einer Einwanderung neolithischer Bauern aus diesem Raum. Kennzeichnend ist die für weite Teile des Untersuchungsgebietes äußerst dürftige Befundsituation und eine Diskussion, die oft mit mehr Leidenschaft als Argumenten geführt wird. Einer Lösung wird man aber sicher nur durch ein Mosaik regionaler Entwicklungen, die durch neue Forschungsergebnisse abgesichert sind, näherkommen.
Explanations for the neolithization process of Central Europe are mainly based on two concepts: first a local development to agriculture and cattle-breeding initiated by contacts to neolithic groups inSoutheastern Europe and second an immigration of neolithic groups into Central Europe coming from the above mentioned area. The problem is characterized by a lacking of sufficient archaeological data in many parts of the research area which gives way to discussions led by passion rather than by arguments. A decisive approach towards a solution can only be achieved by a network of regional developments based on new archeological evidence.
Die Fazies Spielberg als Mittler zwischen der älteren und jüngeren Jevišovice-Kultur in Niederösterreich?
Neue Erkenntnisse zum älteren Abschnitt des Endneolithikums.
Im Rahmen der Bearbeitung des Fundmaterials der spätneolithischen Höhensiedlung von Spielberg/Pielamünd (VB Melk, Niederösterreich) konnte der bislang umfangreichste Fundkomplex derJevišovice-Kultur in Niederösterreich vorgelegt werden. Anhand der Keramik konnte typologisch eine mittlere Fazies Spielberg zwischen der älteren Fazies Wachberg und der jüngeren FaziesMödling-Zöbing für den niederösterreichischen Raum herausgestellt werden, die der mittleren Phase Vysocany in Mähren entspricht. Das Fundmaterial umfaßt Amphoren, klassische Jevišovice-Töpfe, leistenverzierte und teilweise trichterrandförmige Töpfe, vor allem trichterrandförmige Schüsseln, Schalen, eine Tasse/Krug, Becher sowie Spinnwirtel.
The largest complex of finds of Jevišovice culture in Lower Austria till now has been excavated on the late eneolithic hilltop-settlement of Spielberg/Pielamünd (VB Melk, Lower Austria). After a typological ceramic-analysis the author can postulate a new phase "Fazies Spielberg" of the Jevišovice culture in Lower Austria, which is situated between the older Fazies Wachberg and the younger Fazies Mödling-Zöbing. It corresponds to the middle phase Vysocany of the Jevišovice culture in Moravia. Amphorae, classical Jevišovice-pots, pots ornamented with sculpted bands partly funnel-necked, funnel-necked dishes, bowls, a cup or jug, beakers and spinndle-whorls can be classified.
Frau und Pferd - ein Topos am Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit Europas.
Bislang stellt die Verknüpfung von Frau und Pferd einen in der Urgeschichtsforschung weitgehend unberücksichtigten Aspekt dar. Ausgehend von Frauengräbern im Gräberfeld von Hallstatt, wo Pferdegeschirr regelhaft zusammen mit Schmuck als Beigabe in Frauengräbern vorkommt, wird das Phänomen weiträumig untersucht. Diese Koppelung von weiblichen und equestrischen Attributen hat ihren Vorgänger in älterurnenfelder- bis frühhallstattzeitlichen Hortfunden Südosteuropas. Analoge Erscheinungen lassen sich vor allem auch in den spätbronzezeitlichen Depotfunden des Nordischen Kreises feststellen. Abschließend werden die archäologischen Befunde mit literarischen und mythologischen Quellen verglichen. Die Fruchtbarkeit, Herrschaft und deren Legitimation verleihenden Aspekte der Göttinnen und Heldinnen mit Pferdeattributen werden als Schlüssel zum Verständnis des Vorkommens einer equestrischen Ikonographie in Frauengräbern und weiblich geprägten Depots begriffen.
The connection between women and horses has been largely neglected in archaeological research. In an attempt to redress the balance this survey begins with a look at women's graves from Hallstattwhich regularly contain horsegear combined with jewellery before considering more widely distributed analogies. Forerunners to this link between female and equestrian attributes can be seen in the composition of hoards of the Urnfield and Early Iron Age periods. The oldest examples date to the Early Urnfield Period in South Eastern Europe. Similar composition patterns are found in hoards of the Late Nordic Bronze Age. Finally mythological and literary references to this iconographic coupling are considered. In conclusion the role of heroines and goddesses with equestrian ties asbestowers of fertility, sovereignty and legitimacy are seen as a key to the understanding of the equestrian iconography in women´s graves and in hoards with female connotation.
Steppenkulturen und Epochengrenzen am Beispiel einer Siedlungskammer am Donau-Theiß-Zusammenfluß, Jugoslawien.
In der Siedlungskammer des Titeler Plateaus werden, beispielhaft für das Karpatenbecken, anhand zweier Periodengrenzen die Auswirkungen von Steppenkulturen auf den Werdegang kulturgeschichtlicher Epochen untersucht. Im ersten Beispiel werden ein Besiedlungseinbruch mit rapidem Bevölkerungsschwund am Ende des Hochmittelalters und der im Anschluß daran faßbareInnovationsschub im Töpferhandwerk zurückgeführt auf den Mongolenüberfall 1241-1242. Beim zweiten Beispiel lassen am Anfang der jüngeren Urnenfelderzeit (Ha B) charakteristische Fortifikationsmaßnahmen in der Siedlungskammer auf reiterkriegerische Angriffe schließen. Das Ende dieser von Steppenkulturen geprägten Epoche und der Übergang zur Hallstattzeit markiert ein noch gravierenderer Katastrophenhorizont, der mit erneuten Einbrüchen steppennomadischer Reiterkrieger in Verbindung zu stehen scheint.
The effects of steppe cultures on the evolution of cultural epochs are investigated in two case-studies dealing with the micro-region of the Titel Plateau in the southern Carpathian Basin. A rapid population decrease at the end of the High Middle Ages and a subsequent innovative horizon in pottery production is explained as a result of the invasion of the Mongoles in 1241-1242 AD. The second case-study suggest that significant defence activities in the micro-region at the beginning of the late Urnfield Culture (Ha B) were due to horse warrior attacks. The end of this period which was deeply influenced by steppe cultures is marked by a catastrophe. This may be caused by new invasions of horse warriors at the beginning of the Ha C period.
Paßwege der keltischen und römischen Zeit in den Ostalpen.
Bereits seit der frühen Eisenzeit spielten einige Paßübergänge der Ostalpen für den überregionalen Handel eine zunehmend wichtige Rolle. Die Römer konnten somit schon lange begangenePaßwege weiter benutzen und mitunter auch befahrbar machen. Neu entdeckte Paßübergänge in den Hohen Tauern bilden dafür wichtige Beispiele.
Some mountain passes in the Eastern Alps were increasingly important for the far reaching trade since the early Iron Age. After the annexation of the Eastern Alpine areas the Romans could use these pass-routes and adapt them sometimes also for the use of waggons and carts. Recent discoveries in the Hohen Tauern are good examples for this development.
Wandel der Ansichten über die Maya-Zivilisation und die Rolle der Wasserwirtschaft.
Im Kernland der Maya-Zivilisation, dem Nordostpetén, ist Wasser in der viermonatigen Trockenzeit Mangelware. Dennoch verzögerte das überwiegende Interesse der Maya-Archäologen an Aspekten der Elitekultur und ihren Produkten die systematische Untersuchung der Maya-Wasserwirtschaft um mehrere Jahrzehnte. Die ab dem Ende der 50er Jahre gewonnenen Daten führten allmählich zu einer Revision des traditionellen Modells der Maya-Gesellschaft. Heute weiß man, daß die dichte Bevölkerung im Nordostpetén nur durch das Sammeln und Speichern von Regenwasser in Reservoiren und durch intensive Landwirtschaft, insbesondere Feuchtraumbewirtschaftung, existieren konnte.
The heartland of Maya civilization, the Northeastern Petén, is characterized by the lack of water during a four-month-long dry period. Nevertheless, the overwhelming interest of Maya archaeologists in civilization's elite features and products of elite culture inhibited any systematic research of Maya water management for several decades. Data collected from the late 50s on have slowly revised the traditional model of Maya society. Present theory holds that the dense population in the Northeastern Petén could have only been supported by the collection and storage of rain water in reservoirs linked to intensive agriculture, especially wetland cultivation.
Zur Dynamik der altmexikanischen Kultur.
Die Berichte über die Eroberung und den dieser folgenden Kulturwandel widerlegen die gängige Meinung, die altmexikanischen Kulturen seien aufgrund ihrer mangelnden Dynamik gescheitert. Die Eroberten stellten sich sowohl der militärischen Herausforderung während der Eroberung wie auch der intellektuellen und technologischen während der darauffolgenden Dezennien der auferlegtenAkkulturation.
Reports on the conquest and the ensuing cultural change refute the generally accepted opinion that the ancient cultures of Mexico had collapsed because of their lack of dynamics. The conquered had taken up the military challenge during the conquest as well as the intellectual and technological challenge one during the following decades of imposed acculturation.
Relaciones acerca de la conquista y del cambio cultural siguiente refutan la opinion generalmente acceptada que las antiguas culturas de México fracasaron por su falta de dinámica. Los conquistadosaceptaron tanto el reto militar durante la conquista como los retos intelectuales y tecnológicos durante las décadas siguientes de aculturación impuesta.
Bharatanatyam. Der klassische indische Tanz im Spannungsfeld sozialen Wandels.
Der klassische indische Tanz Bharatanatyam entwickelte sich aus dem südindischen Tempeltanz, genannt "Catir" oder "Dasi Attam". Durch politische Fremdeinflüsse sank in Südindien die Bedeutung sakraler Institutionen im 19. Jahrhundert zusehends und verursachte nach und nach das Abgleiten der ökonomisch und weltanschaulich nicht mehr gestützten Tempeltänzerinnen (devadasi) in eine soziale Randlage, bis der sakrale Tanz in den Tempeln 1947 gesetzlich verboten wurde. Im Zuge der national-indischen Befreiungsbewegung kam es in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts zu einer Rückbesinnung auf das eigene kulturelle und künstlerische Erbe. Die brahmanische Elite des Landes rettete in den 30er Jahren den Tanz aus seiner Ghetto-Situation und ließ ihn auf der weltlichen Konzertbühne eine unvermutete Renaissance feiern. Eine neue Tradition etablierte sich im Rahmen des nunmehr zu "Bharatanatyam" umbenannten klassischen Tanzes. Um 1980 allerdings mehrten sich die Kritiken an seiner starren Struktur, seinen althergebrachten Themen sowie an der elitären Ausbildungs- und Präsentationsweise, aber auch an der sozialen Situation der Frau als Tänzerin und als im Tanz Dargestellter. Nach den Jahrzehnten totaler Säkularisierung des Bharatanatyam zeigt sich nun eine nostalgische Wiederannäherung an die Devadasi-Tradition in Form der symbolischen Übernahme einiger Details aus dem ehemaligen Ritualbereich der Tempel in die gegenwärtige Tanzpraxis.
The classical Indian dance, Bharatanatyam, developed from the South Indian temple dance, called "Catir" or "Dasi Attam". Caused by external political influences the importance of sacral institutions diminished in South India in the nineteenth century and gradually caused a social marginalization of the temple dancers (devadasi), who were no longer economically and ideologically supported, until sacral dancing in the temples was abolished in 1947. In the course of the Indian national liberation movement during the first half of the twentieth century there was a reconsideration of the Indian cultural and artistic heritage. The brahmanic elite in the thirties saved the dance from its ghetto thus enabling its unexpected renaissance on the secular concert stage. A new tradition was established for the classical dance now renamed "Bharatanatyam". Around 1980 however, criticism of its rigid structure, its traditional topics and its elitarian ways of teaching and presentation as well as of the social situation of women as dancers and as those represented by the dance grew stronger. After decades of total secularization of Bharatanatyam a nostalgic new rapprochement to thedevadasi-tradition took place in the shape of a symbolic transfer into present day dancing practice of some details from the former temple ritual.
Kollektive Identitäten und ihre Transformationen am Beispiel Afghanistans.
Am Beispiel Afghanistans werden im vorliegenden Beitrag einige mir wesentlich erscheinende Aspekte der Konstituierung kollektiver Identitäten erläutert. Diese sind nicht nur situations- und kontextgebunden, sondern stehen meiner Auffassung nach auch in einem engen Kontext zum historischen Rahmen, in welchem sich Individuen und soziale Gruppe gegenüberstehen. Darüber hinaus beeinflussen jedoch auch makro-soziologische und politische Entwicklungen, wie z.B. die Zentralisierung staatlicher Macht oder der Nation-Building-Prozeß, die Formierung kollektiver Identitäten und ihre Zurschaustellung.
Using the example of Afghanistan this article aims to focus on some aspects which I consider as crucial in constituting collective identities. The latter are not only situative and context bound, but are also understood as being closely connected with a specific framework that brings individuals and groups together. However, the shaping of collective identities and the way identities are displayed are also influenced by macro-socio-political developments like state formation and nation building.
Tradition und Veränderung der Gesellschaftsstruktur bei den Tussian, Burkina Faso.
Die Gesellschaftsstruktur der bäuerlich lebenden Tussian ist segmentär. Die wichtigste sozio-religiöse Institution ist der Dó-Bund, in dem sowohl eine kleine als auch eine große Initiation verpflichtend ist. Beide sorgen für das friedliche Zusammenleben im Dorf und sichern die auf das Wohl der Allgemeinheit bedachte Erziehung, wobei das alle 40 bis 60 Jahre stattfindende große Weihefest den Höhepunkt des religiösen Lebens bildet. Trotz aller Traditionstreue konnte der Islam schon vor Jahren Fuß fassen. Heute beginnt sich eine Übergangskultur zu entwickeln, in der die traditionelle Weltanschauung mit den ihr entsprechenden Handlungsweisen nicht mehr das gesamte Feld der sozialen Organisation abdeckt.
The social structure of the rural living Tussian is segmental. The most important socio-religious institution is the Dó-confederation, in which a small and grand initiation is obligatory. Both are reliable for the peaceful co-existence in the village and secure an education, which considers the wellfare of the tribe. The big initiation feast, which is celebrated every 40th and 60th year, is the height of religious life. In spite of all loyality to tradition Islam could already spread years ago. Nowadays a transition culture is in progress, in which the traditional ideology with its characteristic acivities is no more covering the whole field of social organisation.
La structure sociale des Toussian paysans est segmentaire. L'institution socio-religieuse la plus importante, c'est le pacte de Dó dans lequel une petite et une grande initiation sont obligatoires. Lesdeux veillent sur la coexistence paisible au village assurant l'éducation visée à l'intérêt de tout le monde. La grande initiation a lieu tous les 40 à 60 ans: elle est la culmination de la vie religieuse.Malgré toute fidélité à la tradition, l'Islam a pu s'établir il y a des années. De nos jours, une culture de transition est en train de se former dans laquelle la conception traditionelle avec ses manièresd'agir ne couvre plus le champ entier de l'organisation sociale.
Globalisierung, Welt der Kunst und zeitgenössische Kunst afrikanischer Künstler.
Ausgehend von drei rezenten Ansätzen in der Anthropologie der Kunst wird das Verhältnis zwischen zeitgenössischer Kunst afrikanischer Künstler und der Welt der Kunst untersucht. Die bewußteAuseinandersetzung mit solchem Kunstschaffen eröffnet einerseits Perspektiven auf das Phänomen der Globalisierung, andererseits eröffnen sich neue Dimensionen für die Anthropologie der Kunst sowie in ihrem Verhältnis zur allgemeinen Sozial- und Kulturanthropologie.
The analysis of the relationship between contemporary art of African artists and the world of art is based upon three recent concepts of the anthropology of art. It will be argued that the conscious perception of such art productions conveys insights into the phenomenon of globalism and opens new dimensions for the anthropology of art in its relation to the overall discipline of social and cultural anthropology.
"Africa is Beautiful". Ghana als Fokus der transatlantischen Repatriierung.
Ghana war unter der vielsagenden Fremdbezeichnung "Goldküste" ein Zentrum des transatlantischen Sklavenhandels vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Heute gilt es als Hoffnungsland für die Wiedervereinigung der Afrikanischen Diaspora mit dem Mutterland. Im Anschluß an die Lehren von Marcus Garvey haben vor allem Rastafari, ausgehend von Jamaica, den Imperativ "Repatriationis a must" propagiert. Lange Zeit wurde diese Forderung als Utopie abgetan. In Ghana fand sie unter dem Garvey-Verehrer, Panafrikanisten und Gründer der Ersten Rebublik, Kwame Nkrumah, einen mächtigen Fürsprecher. Aber unter dem aktuellen Präsidenten der Vierten Republik, Jerry John Rawlings, erhält der Gedanke der Repatriierung von Nachkommen ehemaliger Versklavter eine wirtschaftliche und politische Dynamik. Mit dem transatlantischen Slogan Africa is Beautiful zeichnet sich ein Übergang von der postkolonialen Phase zu einer eigenständigen neuen Politik auf der Grundlage eines afrikanischen Demokratieverständnisses ab.
Ghana was one of the main centres for the slave trade under the presumptuous European designation as Gold Coast. Today Ghana centers the hopes for the propagated reunion of the African family and the reemergence of African civilizations. Its politics prove that the Rastafari claims for repatriation have been irresponsibly called utopian. Recurring to the teachings of Marcus Garvey, these claims found the support of the great Panafricanist and Garveyist Kwame Nkrumah who happened to become the first president of the newly founded republic. Recently the whole concept of repatriation or even re-immigration has found argumentative support in economic and political considerations. Clad in the slogan Africa is Beautiful a true transition is taking place from the postcolonial period to a dynamic leadership of Ghana in the revision of European structures of democracy devoid of communicative rationality.
Wissenschaftstourismus: Der Forscher als Tourist?
Reisen, die von Wissenschaftlern zum Zwecke der Forschung aus beruflichen Gründen unternommen werden, fallen in der Tourismuswissenschaft in die Kategorie Wissenschaftstourismus. Es wird daher die Frage formuliert, ob Forscher Touristen sind. Diese Frage, die man auf den ersten Blick zu verneinen geneigt ist, offenbart bei näherer Betrachtung überraschende Parallelen zwischen Urlaubsreise und Forschungsreise. Der Artikel ist - obwohl es vielleicht den Anschein hat - nicht als Nestbeschmutzung gedacht, sondern hinterfragt die Reisetätigkeit von Forschern aus der Perspektive der Tourismuswissenschaft.
Travels undertaken by researchers for the purpose of research are classified as research tourism by tourism research. This leads to the question, if researchers are tourists. Though at first inclined to answer in the negative, analysis shows surprising structural coincidences of research travel and holiday travel. This paper is not supposed to be an attack on researchers, in the contrary, researchers'traveling activities are explored and illustrated in a tourism research perspective.
Millenaristische Erwartungshaltungen in Melanesien: Rückschau und Reflexionen an der Schwelle zur Jahrtausendwende.
Melanesien mit seiner Vielzahl an kulturellen Eigenheiten und Unterschiedlichkeiten gilt als Zentrum nativistischer und millenaristischer Heilserwartungsbewegungen. In der Vergangenheit wurden die Kulte bereits von zahlreichen Ethnologen untersucht und Erklärungsmodelle für Ursachen, Auslöser und Konsequenzen aufgestellt. Der Beitrag versucht im Zuge einer Rückschau, die wichtigsten und interessantesten Konzepte sowie die Terminologie zu beleuchten und den Wandel, dem die Bewegungen unterworfen sind, in Hinblick auf die gegenwärtigen und zukünftigen Probleme an der Schwelle zum neuen Jahrhundert bzw. Jahrtausend zu erläutern.
Melanesia and its diversity of cultures is usually seen as the hub of "Cargo-Cults" and other nativistic and millenaristic movements. This article focuses on the main approaches of anthropologists to describe the dynamics of the cults, summarizes anthropological theories and questions of terminology about motives and consequences and tries to explain changing attitudes of modern movements facing new political developments and social problems at the beginning of a new millenium.
Ethnologie im Zeichen von Globalisierung und Cyberspace.
An der Schwelle zum 3. Jahrtausend sieht sich die Ethnologie mit einer fundamentalen Transformation von Kultur und Gesellschaft konfrontiert, die vor allem auf den mit Globalisierung und Cyberspace verbundenen Phänomenen beruht. Sowohl die Herausbildung einer globalen Gesellschaft als auch die zunehmende Durchdringung des sozialen Lebens durch neue Technologien erzeugen eine neue kulturelle Matrix, die als Forschungsgegenstand der Sozial- und Kulturwissenschaften eine Neuausrichtung konventioneller Konzepte und Theorien erfordert. Die Unbestimmtheit von Kultur und Gemeinschaft, die veränderte Bedeutung von Lokalität, globale ethnische Räume wie auch kulturelle Formationen im virtuellen Raum werden u.a. als Symptome eines "postmodernistischen" Zeitalters thematisiert und die Auswirkungen der daraus hervorgehenden theoretischen und methodischen Ansätze als Diskussionsgrundlage für die Formulierung eines neuen Selbstverständnisses der ethnologischen Disziplin dargestellt.
On the threshold of a new millenium anthropology has to deal with fundamental changes of human culture and society being brought about by phenomena related to globalization and cyberspace. The rise of a global society and the increasing importance of new technologies for the production of social life give birth to a new cultural matrix, (as a subject to anthropological investigation) changing conventional approaches and notions in the field of social and cultural sciences. This paper illustrates both the modified notion of culture and community, the changing significance of locality and territorium, global ethnospaces as well as the development of cultural formations in cyberspace as characteristic for the "postmodernist" era. These trends emerging from these theoretical and methodological proposals are contributing to further considerations towards a new conception of our discipline.
CyberAnthropology und die neuen Räume des Wissens.
Parallel zur Jahrtausendwende vollzieht sich der Übergang der Menschheit in einen neuen anthropologischen Raum, der vom französischen Philosophen Pierre Lévy als der "Raum des Wissens" bezeichnet wird. Ausgelöst durch das exponentielle Wachstum des Internet und des WorldWideWeb im Sinne eines neuen globalen Kommunikationsmittels eröffnet sich unserer Spezies erstmals in ihrer Geschichte die Vision der gemeinschaftlichen Teilhabe an Vorstellungskraft und Wissen. Dieser neue virtuelle Raum des "Cyberspace" wird zunehmend von menschlichen Intelligenzen aus aller Welt besiedelt und ist bereits zum Forschungsgegenstand einer neuen anthropologischen Disziplin, der "CyberAnthropology", geworden. Der vorliegende Beitrag beleuchtet einzelne Aspekte der sich rasch entwickelnden "Cyberkultur" im Kontext der vier anthropologischen Räume und plädiert für den Versuch, die neuen virtuellen Realitäten mit den alten religiös/spirituellen Imaginations- und Erfahrungswelten zu korrelieren.
Something significant is happening at the turn of the millenium — the transition of mankind into a new anthropological space, which the French Philosopher Pierre Lévy refers to as the "Space of Knowledge". As a consequence of the exponential growth of the Internet and the WorldWideWeb in the sense of a new global communication tool, for the first time in human history the collective participation in the imagination and knowledge of our entire species is made possible. This new virtual space, "Cyberspace", is increasingly occupied by human intelligences from all around the world, and has become the focus of a new anthropological discipline, called "CyberAnthropology". This paper discusses certain aspects of the rapidly growing "Cyberculture" in the context of the four anthropological spaces, and proposes to correlate the new virtual realities with the old worlds of religious/spiritual imagination and experiences.
Heinrich, Angelika (Schriftleitung): Seit einigen Jahren ist es fast schon Tradition, die Bände der "Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien" jeweils unter ein Generalthema zu stellen (vgl. Einleitung zu Band 127). Diese Bände sollten möglichst Beiträge aus allen von unserer Gesellschaft vertretenen Einzelwissenschaften enthalten. Durch die Auswahl der eingeladenen Autoren wird versucht, das vorgegebene Thema möglichst umfassend und fachübergreifend zu beleuchten, wobei auch divergierende Auffassungen und Meinungen willkommen sind. Rösing, Friedrich W.: Zusammenfassung * Gingrich, Andre: Zusammenfassung * Thiel, Josef Franz: Zusammenfassung * Chevron, Marie-France: Zusammenfassung * Moser, Rupert: Zusammenfassung * Müllauer-Seichter, Waltraud: Zusammenfassung * * Girtler, Roland: Zusammenfassung * Fetten, Frank G.: Zusammenfassung * Eggert, Manfred K. H.: Zusammenfassung * Veit, Ulrich: Zusammenfassung * Fischer, Ulrich: Zusammenfassung * Häusler, Alexander: Zusammenfassung * Köstlin, Konrad: Zusammenfassung *
Zu diesem Band
Der nun vorliegende Band steht unter dem Generalthema "Grundfragen der anthropologischen Einzelwissenschaften". Die Schlagworte der heutigen Zeit, nicht zuletzt das der vielbesprochenen "Globalisierung", haben ihre Auswirkungen auch auf das Selbstverständnis und die Methoden der von unserer Gesellschaft vertretenen anthropologischen Fächer und fordern zu neuerlicher Standortbestimmung heraus. Gleich mehrere der eingegangenen Beiträge befassen sich mit dem Fremden, mit den Möglichkeiten und Grenzen eines Fremdverstehens sowie mit den Auswirkungen der Erforschung des Fremden auf die Methoden der anthropologischen Wissenschaften.
Ab dem 1. August 1998 wird auch in Österreich – vorerst vor allem im Rahmen des Schulunterrichtes sowie im Schriftverkehr zwischen Behörden - die "neue Rechtschreibung" gelten. Die Arbeiten am vorliegenden Band, in welchem noch durchgängig den alten Regeln gefolgt wird, sind zu diesem Zeitpunkt so gut wie abgeschlossen. In Anbetracht der eingeräumten Übergangsfrist bis zum 31. Juli 2005 haben Schriftleitung und Redaktion der "Mitteilungen" beschlossen, vorerst bei der "alten Rechtschreibung" zu bleiben, in der Hoffnung, daß in absehbarer Zeit zumindest ein Teil der in den ausgearbeiteten, in vielen Fällen von den beiden maßgeblichen Nachschlagewerken unterschiedlich interpretierten, Regeln noch zahlreich enthaltenen Ungereimtheiten und Widersprüche ausgemerzt werden kann.
Allen Autoren dieses Bandes dankt die Schriftleitung für ihre Mitarbeit und Frau Dr. Walpurga Antl-Weiser für die Überprüfung der englischen Zusammenfassungen der Beiträge.
Geschichte, Grundprobleme und Zukunft der Anthropologie
Der Beginn einer bis heute bestehenden Kontinuität der Anthropologie im Sinne eines Teils der größeren Humanbiologie liegt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als sich vor allem aus der Anatomie heraus ein Interesse an der Variabilität und Evolution des Menschen entwickelte. Heute gibt es noch ein drittes Grundproblem: Adaptation. Im Rahmen des jüngsten starken Wissenschaftsausbaues differenziert sich auch die heutige Anthropologie mit Trends in Richtung kleinerer Gruppenebenen, feinerer Methoden und dynamischerer Sichtweisen. Die weitere Entwicklung steht unter dem Einfluß mehrerer Determinanten der allgemeinen Gesellschaftsveränderung, der Wissenschaftsveränderung und der Grundgröße, daß die Anthropologie ein kleines Fach ist. Aus diesen Determinanten läßt sich ein weiterer Niedergang jener Spielart von Anthropologie ableiten, die sich als ganzheitliches Fach oder als Brückenfach versteht. Entwicklungspotential scheint dagegen eine stärker biologisch ausgerichtete Anthropologie zu haben.
The beginning of a continuity of physical anthropology starts in the first half of the 19th century, when particularly from the side of anatomy an interest in variability and evolution of humans developed. Today there is a third fundamental problem: adaptation. During the considerable development of sciences recently physical anthropology, too, differentiates by trends towards smaller group levels, finer methods and more dynamic views. Further developments will be influenced by several determinants of the general social change, the change in sciences and by the basic fact that anthropology is a small discipline. From these determinants a further decline of that facet of anthropology which constitutes itself a holistic or bridge field may be derived. A developmental potential, however, seems to lie in a physical anthropology which is strongly oriented towards biology.
Postkolonialer Perspektivenwechsel:
Ethnologie, Kultur- und Sozialanthropologie in verändertem Umfeld
Der Beitrag faßt "deutschsprachige Ethnologie" als Abteilung der internationalen Sozial- und Kulturanthropologie auf, die heute unter veränderten Rahmenbedingungen tätig ist. Diese werden als postkoloniale Phase der Globalisierung definiert. Aus diesem Perspektivenwechsel ergeben sich ethnographische und methodische Innovationen für die Disziplin. Unter den theoretischen Impulsen wird im Hauptteil des Artikels auf jene für die Theoriengeschichte, für die komparative und die kognitive Anthropologie eingegangen.
The article perceives "ethnology" in German-speaking countries as a subdivision of international social and cultural anthropology, which today is working under changing overall conditions. These are defined as the postcolonial phase of globalization. Such a change of perspectives implies ethnographic and methodological innovations for the discipline. The main part of the article then proceeds to discuss impulses for theory, i. e. for the history of theories in anthropology, as well as for comparative and cognitive anthropology.
Die gegenwärtige Situation der Ethnologie in Deutschland.
Das Bild der Ethnologie hat sich in Deutschland verändert. Heute kann hier nur von den Ethnologien gesprochen werden. Die Situation an Universitäten und Museen macht es schwer, Forschung und Lehre in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Zu beklagen sind sowohl die ungleichmäßige Verteilung der Mittel wie auch eine veränderte Einstellung zur wissenschaftlichen Arbeit. Für die Museen besteht die Gefahr, allein nach ihrer Publikumswirkung bewertet zu werden und ihre Rolle als wissenschaftliche Forschungsstätten zu verlieren. Ein besonderes Merkmal der heutigen deutschen Ethnologie sind ihre Beziehungen zu ausländischen Instituten - sowohl zu jenen der Industrieländer wie auch zu jenen ihrer Forschungsländer.
Ethnology in Germany has changed. Today we can only speak of various ethnologies. The situation at the universities and in the museums is not likely to create an aquilibrium between research and teaching. We deplore both the unbalanced distribution of finance and a changed attitude towards scientific work. Our museums are in danger to be only judged by their public appearance and to loose their role as a research center. A characteristic of german ethnology today are the relations to foreign institutes – both to those of industrialised countries as well as to their institutes in the research area.
Mechanismen der kulturellen Entwicklung aus ethnologischer Sicht.
Die Frage, ob kulturelle Entwicklung als Kulturwandel oder als Evolution zu verstehen sei, wurde bis jetzt in den verschiedenen soziokulturellen Entwicklungsmodellen und Evolutionstheorien sehr unterschiedlich beantwortet. Da aber zum Verständnis der vermuteten gesetzmäßigen Abläufe in der kulturellen Entwicklung eine klare Vorstellung von der Art und Weise der zur Wirkung kommenden Faktoren vorausgesetzt werden muß, wird die Erforschung des Zusammenhanges zwischen biologischen und kulturellen Entwicklungstheorien und damit auch die Frage nach dem Stellenwert biologischer Kategorien und Vorstellungen zur zentralen Aufgabe. Ein solcher Zugang wirft dann auch die Frage nach dem Wechselspiel zwischen elementaren Formen, die dem biologisch-psychologischen Bereich zugeordnet werden können, und kulturellen Erscheinungen auf. Der Begriff der "Universalia humana et cultura", wie ihn Wernhart geprägt hat, kann hier vielleicht helfen, die Frage zu klären, wie sich die Verbindung des Menschen mit seinen natürlichen Voraussetzungen auf die soziokulturelle Entwicklung auswirkt. Hier stehen der Kulturbegriff, die Auffassung von Kultur und ihrer Entstehung, aber auch die Mechanismen ihrer Weitergabe im Vordergrund.
Diese Arbeit ist daher ein Plädoyer nicht nur für eine wissenschaftsgeschichtliche Auseinandersetzung und Hinterfragung der Ansätze der Ethnologie in verschiedenen Entwicklungs- und Evolutionstheorien, sondern auch für die Beschäftigung mit den Ergebnissen und Erkenntnissen aus anderen Wissenschaften zum Thema der "Universalia humane et cultura", also mit der Bedeutung einer evolutionstheoretischen Betrachtungsweise in der Ethnologie.
Various models of sociocultural development and theories of evolution have provided divergent answers to the question whether cultural development has to be conceived as cultural change or evolution. A clear concept of how the factors that become effective within the presumed regular sequences of cultural development is a precondition to understand such sequences. For this reason research into the connection between biological and cultural theories of development has become an imperative task, together with the status of biological categories and concepts. Such an approach results in the question as to the interplay between elementary forms, which are attributable to the field of biology and psychology, and cultural phenomena. The concept of "universalia humana et cultura", as proposed by Wernhart, may possibly solve the riddle of how the link between humankind and our natural conditions influences sociocultural development. In Wernharts concept the notion of culture – and of culture in its genesis - as well as the mechanisms of cultural transmission are dominant.
With regard to the "universalia humana et cultura", i.e. the significance of an ethnographic perspective informed by evolutionary theory, this paper first calls for a historiographical examination and analysis of ethnographic approaches in various theories of development and evolution. Second, an integration of findings and insights obtained in other sciences seems to be very effective.
Kulturbiologismus: Wenn humanethologische Erklärungsversuche der Fremdenfeindlichkeit zu Legitimationsversuchen geraten.
Humanethologische und soziobiologische Erklärungsversuche von menschlicher Gruppenbildung bzw. Ethnizität, die sicher auch phylogenetisch bestimmbare Dispositionen zur Voraussetzung hat, oder von fremdenfeindlichen Phänomenen sind durchaus legitim. Werden die Erklärungsversuche jedoch apodiktisch und ohne Einhaltung wissenschaftlicher Standards in die Diskussion eingebracht, so geraten sie zu Legitimationsversuchen. Noch bedenklicher ist es, wenn biologistische Betrachtungsweisen reduktionistisch auch bei Kulturen und Ethnien eingesetzt werden und diese als "Art"gesetzen unterworfen ansehen, wodurch sie nationalistische Ideologien bis hin zu "Ethnischen Säuberungen" munitionieren. Der Autor bezeichnet dies als "Kulturbiologismus" und zeigt, daß der Rassismus damit wieder einmal ein neues pseudowissenschaftliches Mäntelchen angelegt hat.
Ethological examinations of ethnicity or xenophobia certainly are necessary as these phenomena also might be caused by phylogenetically determined dispositions. Without observing scientific standards however biologistical explanations of xenophobia might become acknowledgements of its legitimacy. If biologistical considerations are also applied to ethnic groups and cultures, nationalistic ideologies or even ethnic clearancies might be nourished by pseudo-scientific arguments. Dealing with cultures like with species is called "cultural biologism" by the author and he states that the pseudo-biological classification of cultures and ethnic groups shows a new variety of racism.
Im Schatten der großen Schwestern
30 Jahre Spanische Kulturanthropologie : von den Kinderschuhen zur Identitätskrise
Verglichen mit dem Entwicklungszeitraum in den anderen europäischen Ländern ist die spanische Kulturanthropologie noch eine junge, aber doch sehr selbstbewußte Disziplin, die es mittlerweile gelernt hat, schneller als die anderen unterwegs zu sein. Im Eilzugstempo mußte sie Etappen durchleben, durch welche andere vergleichsweise gemächlich schlenderten. Von einem ausgeglichenen Wachstum kann deshalb hier nicht gerade die Rede sein; mal waren die Hände zu lang, mal vergriff man sich in der Schuhgröße, stolperte, und um zu verschnaufen, kam es schon vor, daß man sich an fremde Modelle anlehnte und stützte. Trotz allem - oder gerade deshalb - heute ist sie "erwachsen" und steht, wie fast alle ihre "Verwandten", im Banne einer Identitätskrise: vor der Neuordnung ihrer Forschungsinhalte.
The Spanish Cultural Anthropology and its representatives have neither been known nor read by experts in German-speaking countries.The following paper tries to present the most important fields of scientific investigation of Cultural and Social Anthropology in Spain. Referring to their thematic emphasis on the own country, or in other words - their preference to choose - with only few exceptions - ethnic minorities or marginal groups of the different areas of the iberian territory, Cultural Anthropology of Spain is an exception in (classic) European Anthropology.
La Antropología Cultural española, si realmente es posible hablar en termino singular, presenta un caso exeptional en el conjunto de las antropologías europeas. Aqui hay que señalar que la temática de las investigaciones antropológicas españolas se ha circunscrito casi exclusivamente als propio pais, es decir, a los diferentes pueblos de España - exeptuando las investigaiones hechas en América Latina, que tambíen tenían sus raíces en la propia História Colonial. Dado a esta concentración temática, España representa una excepción dentro del conjunto de las antropologías europeas. Sin embargo la situación de la nueva disciplina - muchos de los Departamentos nacieron hace poco tiempo - se puede describir como de poco equilibrada, dado que todavía se están elaborando las directrices para el "nuevo plan de estudio". Por otro lado esta situación de "creación" de una nueva estructura ofrece tambíen la oportunidad de salirse de los antiguos cauces tradicionales, y da así también otra posibilidad para aumentar el valor de esta joven disciplina en el conjunto de las Ciencias Sociales ya establecidas.
Ethnologie und die Feldforschung in Städten, Dörfern und bei feinen Leuten.
Zu den charakteristischen Methoden des im Feld forschenden Ethnologen gehören die "teilnehmende Beobachtung" und das freie (ero-epische) Gespräch. Diese Methoden sind ebenso wichtig für den Soziologen. Vom Gegenstand (den Symbolen und Ritualen) her gleichen sich Soziologie und Ethnologie. Auch der Soziologe hat davon auszugehen, daß es in der eigenen Gesellschaft Kulturen gibt, die ihm fremd sind. Der Soziologe ist also in derselben Situation wie der ernsthafte Ethnologe, der in Indien oder bei den Eskimos forscht. Eine gute Feldforschung durchzuführen, ist keine leichte Sache. Die "10 Gebote der Feldforschung" habe ich in den letzten Jahren während meiner Feldforschungen mit Studenten in Siebenbürgen entwickelt. Meines bescheidenen Erachtens sind sie sowohl für Ethnologen als auch für Soziologen wichtig.
Characteristic methods of ethnological field work are the participation observation and the free conversation. These methods are important for the sociologist as well. As to their topic (symbols and rites) sociology and ethnology are very similar. Like the ethnologist the sociologist has to take into account that there are cultures in his own society foreign to him. The sociologist is in the same situation as the serious ethnologist who works in India or with the Eskimo. Good field work is not easy. During the last years of my fieldwork with students in Siebenbürgen I have been developing the so called "10 commandments of fieldwork". To my opinion they are important for ethnologists and sociologists.
Urgeschichte, Vorgeschichte, Frühgeschichte und Archäologie :
Ein forschungsgeschichtlicher Rückblick - ein kritischer Ausblick.
Die Benennung eines Fachgebietes ist so lange zweitrangig, wie Klarheit über Aufgabe und Inhalt herrscht. Das Fach "Ur-/Vor- und Frühgeschichte" weiß zwar, womit es sich beschäftigt und kann auch vage Angaben machen über die Richtung seiner quellenkundlichen Forschung. Trotzdem ist eine größere Kenntnis von den Wurzeln der Disziplin und Entstehungsgeschichte der Bestandteile ihres/r Namen(s) wünschenswert. Diesem Zwecke dienen die nachfolgenden Ausführungen. Darüber hinaus wird skizziert, wie eine sich an den verschiedenen Sinnebenen der Namensbestandteile orientierende Ausbildung im Fache sich darstellen kann.
The German terminology "Urgeschichte, Vorgeschichte, Frühgeschichte, Archäologie" is discussed. Each term has to be considered in respect to its socio-political and zeitgeist background, especially the conditions and time of its development and introduction. This paper seeks to describe the historiographical meaning of these concepts in the late 19th as well as the 20th century. They are by no means synonymous neither in respect to the kind of record based on nor of their favoured heuristic principles. The discussion is closed by an outlook how to realize the remarkable differences between the terms in debate in scholarship and university courses.
Archäologie und Analogie: Bemerkungen zu einer Wissenschaft vom Fremden.
Seit 1945 ist die deutsche Archäologie von einer ausgeprägt antiquarischen Grundhaltung geprägt, die letztlich jeden Versuch eines systematischen theoretischen Nachdenkens marginalisiert hat. In diesem positivistischen Klima blieb auch die Reflexion über den Gegenstand des Faches - frühe, zumeist schriftlose und nicht durch Schriftquellen erhellte Kulturen, die etwas uns genuin 'Fremdes' verkörpern - außerordentlich oberflächlich. In diesem Zusammenhang kann die allgemein gängige, wenngleich nur selten offensiv vertretene Zurückweisung des ethnographischen Analogieschlusses als Indiz für die mangelnde Auseinandersetzung mit inhaltlichen Grundfragen gewertet werden. Im Gegensatz zu anderen archäologisch-altertumskundlichen Disziplinen bieten unsere Quellen zwar keine Antwort auf die Mechanismen des einstigen interkulturellen Fremdverstehens, richten aber zugleich die Aufmerksamkeit auf das Problem der transkulturellen Erkenntnismöglichkeit. In diesem Sinne wird die Frage erörtert, wie die Urgeschichtswissenschaft "den Menschen im Zustand der Schriftlosigkeit" (K. J. Narr) überhaupt der wissenschaftlichen Erkenntnis zu erschließen vermag. Zunächst erfolgt in diesem Zusammenhang eine kursorische Behandlung der gegensätzlichen Erkenntnispositionen der Hermeneutik und des kausalen Erklärens. Dann konzentriert sich die Erörterung vor allem auf die Auseinandersetzung mit jenen, die einem Positivismus huldigen und sich von jeglicher 'außerarchäologischer' Determinierung frei wähnen. Dabei wird erneut gezeigt, daß archäologische Erkenntnis und analogisches Deuten eine untrennbare Einheit bilden.
Since 1945 German archaeology has been dominated by a rather strong antiquarian attitude which overshadowed any attempt towards a systematic reflection of theoretical issues. Considering the fact that the subject matter of archaeology, by its very nature, is genuinely alien to our experience, it seems very strange indeed that even today a general hostility towards ethnographically based analogical reasoning prevails in German archaeology. Contrary to other archaeological disciplines and ancient studies in their respective fields, prehistoric archaeology cannot contribute much to the image of 'the other' in prehistoric times. This leads to the question how and to what extent the discipline is able to contribute to the 'understanding' or 'explanation' of prehistoric cultures being as alien to our experience and as aliterate as they are. Commenting briefly on the well-known dichotomy of Verstehen and Erklären dating from the end of the last century, the remainder of this paper is devoted to arguing against those who more or less vehemently refute analogical reasoning while at the same time basing their own reasoning on hidden analogies. It is once more shown that archaeological interpretation is firmly based on, and dependent of, analogical reasoning.
Der Archäologe und das Fremde:
Zur Erkenntnisstruktur der Ur- und Frühgeschichtswissenschaft.
Zu den Grundfragen der anthropologischen Einzelwissenschaften, denen dieser Band der MAGW gewidmet ist, gehört ohne Zweifel diejenige nach den Möglichkeiten und den Grenzen eines 'Fremdverstehens'. Die damit angesprochenen Probleme transzendieren die Grenzen der anthropologischen Einzeldisziplinen und bilden somit gleichzeitig eine Klammer, die die verschiedenen Menschenwissenschaften zusammenbindet. Trotz ihres fachübergreifenden Charakters muß die angedeutete Frage von jeder Einzeldisziplin - in Relation zu ihren spezifischen Quellen und vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Methoden - für sich selbst beantwortet werden. Dies gilt auch für die Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie, von der im folgenden Beitrag die Rede sein soll. Deren Gegenstand bildet der Mensch lange vergangener, ausschließlich oder nahezu ausschließlich archäologisch faßbarer Epochen, Zeiten also, für die uns keine oder nur spärliche Schriftquellen zur Verfügung stehen. Sie muß sich deshalb bei ihren Verständnisbemühungen ausschließlich bzw. zum weit überwiegenden Teil auf jene spärlichen materiellen Überreste stützen, die heute noch greifbar sind. Aufgrund dieser prekären Erkenntnissituation haben viele Annäherungsversuche an diesen Gegenstand in der Vergangenheit zu kurz gegriffen, entweder weil sie das Fremde leichtfertig in die Gegenwart eingemeindet haben, oder weil sie die Vergangenheit einfach als Gegenbild zu dieser konstruiert haben. Der vorliegende Beitrag reflektiert exemplarisch diese beiden Strategien des Umgangs mit dem Fremden und versucht aufzuzeigen, daß sie einander in mancher Hinsicht sehr ähnlich sind.
One of the most basic questions of anthropology concerns the general possibilities and limitations of an understanding of foreign cultures. This question clearly transcends the limits of a single humanistic discipline and therefore binds together all those disciplines which are concerned with man. Although general in character these fundamental questions must be answered by each of the anthropological disciplines for its own and in relation to its specific evidence and methods. This also applies to (Pre- and Protohistoric) Archaeology. Its subject matter is the culture of those periods, which are only or predominantly traceable by archaeological evidence. To get an understanding of these cultures we must therefore rely solely or predominantly on the scarce material residues which are still available today. This is one of the main reasons why archaeology's attempts at an understanding of past cultures often haven't been very successful. Some of these attempts failed because they constructed the past as similar to the present, others because they constructed it simply in contrast to the present. This present paper will reflect on both strategies of coping with the foreign and will try to demonstrate that in some respect they are very similar.
Von der Fremdheit in der Urgeschichte.
Im Gegensatz zu der gängigen Meinung, man sei mit der Urgeschichte gut vertraut, da man sogar den urgeschichtlichen Menschen berühren könne, wird die aus dem geistigen Bereiche kommende Fremdheit der urgeschichtlichen Kulturation betont. Die anthropologischen Universalien bleiben aber bestehen. Abschließend wird auf die Aporien einer jeden Beschäftigung mit der Urgeschichte eingegangen.
Contrary to the current opinion that we are familiar with prehistory, as we are even able to touch the prehistoric man, the strangeness of prehistoric culturation originating of the spiritual sphere will be stressed. The anthropological universalia however remain. Concluding there is an entering into the aporias of every occupation with prehistory.
Hat es Bestattungssitten "der Indogermanen" gegeben ?
Es wird oft vermutet, es hätte eine eng begrenzte Ur- oder Primärheimat der Indogermanen gegeben. Aus dieser hätten sich die Indogermanen mit einer konkreten Kultur, bestimmten Grab- und Bestattungssitten sowie Jenseitsvorstellungen ausgebreitet. Dabei wird versucht, aus isolierten schriftlichen Quellen, archäologischen Befunden verschiedener Zeiten und Räume einen Urzustand zu rekonstruieren. Es wird gezeigt, daß solche Versuche methodisch verfehlt sind und daß es keine Bestattungssitten "der Indogermanen" gegeben hat.
The Indo-Europeans are often supposed to have had a relatively limited original home, from which they spread with a specific culture, distinct burial rites and a vision of life to come after death. Isolated written documents, archaeological record from various times and regions are taken to reconstruct an original status. This contribution shows that such attempts are wrong and there were no burial rites of "the Indo-Europeans".
Die neuen Alltage und die Volkskunde als Kulturwissenschaft.
Volkskunde als Integrationswissenschaft sucht die Kultur alltäglicher Lebenswelten zu analysieren, mit wechselnden Schwerpunkten im Laufe ihrer Geschichte - in Abhängigkeit nicht zuletzt vom jeweiligen gesellschaftlichen Wandel. Die sich verbreitende Globalisierung begünstigt eine neue Regionalisierung mit Sehnsucht nach Individualität und Authentizität, die sich auch in den alltäglichen Lebensstilen ausdrückt. Ein neuer Blick auf den Alltag hat auch den Blick auf die Geschichte verändert. Neuerdings muß die Volkskunde die Erforschung des Alltags nicht nur mit anderen Wissenschaften, sondern immer mehr auch mit der Medienwelt teilen. Der alltägliche Alltag wird zum kulturgeschichtlich erhöhten Alltag - zur "Alltags-Kultur" - stilisiert und wirkt durch seine Öffentlichmachung zurück auf das alltägliche Leben. Trotz vieler Überschneidungen mit anderen Disziplinen kann die Volkskunde als Kulturwissenschaft auch heute klar abzugrenzende Merkmale für sich reklamieren.
With varying stress in the course of its history depending last but not least on changes in society folklore as a science of integration tries to analyse everyday culture. Globalisation favours a new regionalization and a longing for individuality and authenticity which is expressed by the common life stile. A new approach to everyday life has changed the approach to history. Recently folklore has to share the research of every days life not only with other sciences but to a growing extent with media. In this way everyday life becomes everyday culture and by its publication reflects on everyday life. In spite of overlapping with other sciences folklore is a cultural science with clear borders to other disciplines.
Heinrich, Angelika (Schriftleitung): Die "Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien" lassen sich von dem Grundsatz leiten, dem aus den Gründertagen ererbten Begriff "anthropologisch", der ihr Programm bezeichnet, mit erneuerter Sinnerfüllung gerecht zu werden - auch nachdem an die Stelle der alten anthropologischen Einheit selbständige Einzelwissenschaften getreten sind. Mit diesem Ziel standen schon mehrere Bände unter einem Generalthema: Ernährungsforschung (Bd. 116), Hausforschung, Siedeln und Wohnen (Bd. 121), Erforschung Amerikas (Bd. 123/124), Tausend Jahre Österreich (Bd. 125/126). Der nun vorliegende Band kann in diesem Sinne unter das Thema "Kultur und kulturelle Identitäten" gestellt werden. Angeli, Wilhelm: Zusammenfassung Summary Gadner, Johannes: Zusammenfassung Summary Kozeny, Erik D.: Zusammenfassung Summary Gingrich, Andre: Zusammenfassung Summary Malik, Jamal: Zusammenfassung Summary Thurner, Ingrid: Zusammenfassung Summary Kraus, Wolfgang: Zusammenfassung Summary Plachetka, Uwe Christian: Zusammenfassung Summary Stenzel, Werner: Zusammenfassung Summary * * * Müllauer-Seichter, Waltraud: Zusammenfassung Summary * * *
Zu diesem Band
Neben dem Gedenken an zwei kulturanthropologisch tätig gewesene Forscher finden sich mehrere Beiträge, die sich mit der Herausbildung eines Weltbildes, mit kultureller Identität einschließlich Multikulturalität sowie mit der Grundlage von Vorurteilen beschäftigen. In gewisser Weise kann dieser Band damit auch als ein Beitrag zu dem von der Europäischen Union für 1997 ausgerufenen "Europäischen Jahr gegen Rassismus" gesehen werden.
Archäologisches Erkennen
Prähistorische Ausgrabungen vermitteln mit unterschiedlichem Anspruch auf Objektivität Einsichten in die menschliche Lebenswelt der Vorzeit. Ihre Interpretation beruht auf Wahrscheinlichkeitsbeweisen nach Analogie. Die Einheiten des prähistorisch-archäologischen Systems sind Produkte des typologischen Unterscheidungsvermögens; Aussagen über Aktivitäten unter ihnen sind Leerformeln. Der Realitätsbezug der typologischen Systematik ist grundsätzlich unerweisbar. Thema der Urgeschichtsforschung ist die Vielfalt der Formen menschlicher Daseinsbewältigung, soweit Spuren davon aufzufinden sind.
Excavations convey insigths to prehistoric human life with varying claim to objectivity. Interpretation is based on proofs for the probability of facts obtained by analogies. Unities within the prehistoric archeological system are products of typological distinction; statements about interactions are empty formula. The reference of typological systematics to reality can basicly not be proved. Subject of prehistoric research is the variety of human ways of life as far as their traces can be found.
Die Kultur und ihre Wirklichkeit - Zum Verhältnis von Weltbild, Enkulturation und Kognition
Der Mensch als biologisches Wesen unterliegt dem Einfluß sozio-kultureller Variablen, die vom Individuum während der Enkulturation verinnerlicht werden. Der erwachsene Mensch ist folgerichtig gleichermaßen Natur- wie Kulturwesen. Von dieser Prämisse ausgehend, versucht der Artikel die Auswirkungen kultureller Weltbilder auf die Konstruktion von Wirklichkeit zu analysieren. In der Ontogenese erwirbt das Individuum nicht nur eine Sprache, sondern in dieser implizierte kulturelle Standards bzw. einen kulturspezifischen common sense. Dieser strukturiert den sozialen Habitus ebenso wie die Kognition - also die Organisation der Wahrnehmungsinhalte und die Interpretation der Wirklichkeit. Kognition kann daher als Resultat verinnerlichter, sozio-kulturellerInterpretationsmuster der Welt definiert werden: Wie Wirklichkeit schließlich wahrgenommen und was als solche definiert wird, hängt somit von der jeweiligen Kultur und deren spezifischem Weltbild ab.
Man as a creature is subjected to vast socio-cultural influence. Thus, the adult homo sapiens is both a naturally and culturally being. This essay tries to analyze the effect of cultural concepts of the world on the construction of reality. Within the ontogenetic process the individual acquires not only a language but, beyond it, linguistically implied cultural standards or a specific common sense. The common sense is decisive for both the social habitus and the particularly structured cognition, which means the organization of contents of perception and the interpretation of reality. We may finally state that cognition can be understood as embodied action: particular cultural patterns of interpretating the world are ontogenetically internalized by the child through practices of socialization and daily life experiences of cultural reality. Through this process the individual acquires specific concepts to interpret reality and, moreover, what matters to be culturally defined as real.
Gruppengesetzmäßigkeiten und Vorurteil
Die vorliegende Arbeit berichtet über einige Aspekte gruppenspezifischer Differenzierung im menschlichen Erscheinungsbild und die daraus abzuleitenden Gruppengesetzmäßigkeiten, welche sich aufgrund von mehrfach vorliegenden experimentellen Ergebnissen im Bereich bestimmter psychosomatischer Interdependenzen anbieten.
Im Anschluß an eine wissenschaftstheoretische Einordnung der Ergebnisse und nach einer Analyse der kulturellen, überkulturellen und sozialpolitischen Auswirkungen der Gruppenwahrnehmung und sozialen Gruppenbildung wird gezeigt, wie sich mit Hilfe der aufgefundenen Erkenntnisse die Bildung von falschen Vorurteilen, welche bei jeder Gruppenzuordnung entstehen können, durch eine "kontrollierte Informationsverarbeitung" verhindern oder zumindest verringern läßt.
This paper gives an account of several aspects of group-specific differentiation in the human phenotype together with group regularities being drawn from it. These patterns are based on numerous experimental results in the area of certain psychosomatic interdependencies.
The results are structured in terms of the theory of science. The cultural, transcultural and sociopolitical impact of group perception and social group formation is analyzed. Subsequently reduction and prevention of erroneous prejudice - which may emerge with every group classification - is suggested by means of acquired insights, i.e. "controlled information processing".
Konzepte und Perspektiven sozial- und kulturanthropologischer Forschung im Vorderen Orient
Nach einer Klärung der Grundbegriffe des Vortragsthemas werden die Konzepte der Detribalisierung, der hierarchisch-reziproken Heiratsbeziehungen, der rituellen Egalität und der Spiritualiserungnatürlicher Umwelt erläutert. Auf der Basis derartiger problemorientierter Konzepte, die am Wechselbild von Sozialstruktur und Weltbild ansetzen, werden dann wesentliche Perspektiven für Forschung und Lehre entwickelt.
A clarification of terms elementary for this lecture is followed by an explanation of the concepts of detribalisation, of hierarchical-reciprocal marriage relations, of ritual equality, and of spiritualisationof the natural environment. On the basis of such problem-orientated concepts, exploring the dialectics between social structures and cosmologies, some major perspectives for research and teaching are then presented.
Muslimische Identitäten, autochthone Institutionen und kulturelle Hybridität: Einige Forschungsperspektiven
Einige Forschungsperspektiven für Kultur- und Sozialanthropologie werden anhand von dynamischen Interaktionsprozessen von Identitätenbildung und Institutionen erörtert und ihre autochthonen Wurzeln besprochen. In einer ersten Schau wird versucht, das bekannte Bild eines expandierenden Europas und eines reagierenden Orients in Frage zu stellen. Dem folgt die Analyse des Mobilisierungspotentials der kleinen Tradition, welche aufgrund steigender Marginalisierung breiter Bevölkerungsschichten an Bedeutung zunimmt. Letztlich will der Blick auf gesellschaftliche Grenzgänger den Hybriditätsbegriff für die Islamforschung nutzbar machen. Den Rahmen dieser tour de force bilden Entwicklung, Gestaltung und Reproduktion von Identitäten.
This paper wants to set out a few perspectives in the research of cultural and social anthropology by analyzing the dynamic processes of interaction between patterns of identity-building and social institutions and their autochthonous roots. In a first overview it is attempted to question the established perception of an expanding Europe versus a reacting Orient. This is followed by the analysis of the mobilization potential of what is called small tradition. It is pointed out that this tradition is becoming most popular due to increasing marginalization of wider social formations, especially in urban areas. Finally, intermediary social sectors are scrutinized and the concept of cultural hybridity utilized for further cultural and social inquieries. Construction, development and reproduction of identities will set the frame of this tour de force.
Kunst als Fetisch - Zur westlichen Rezeption afrikanischer Objekte
In der westlichen Rezeption afrikanischer Objekte, seien sie als Kunst oder Touristenkunst klassifiziert, lassen sich bei phänomenologischer Überlegung Aspekte finden, die die Dinge zum Fetisch machen. Bei Betrachtung afrikanischer Objekte im Hinblick auf verschiedene Elemente der Interpretation (Authentizität, Ästhetik, Anonymität, Identität, Macht, Kommunikation, Geheimnis, Unübertragbarkeit, Knappheit) zeigen sich Parallelen zwischen dem Objekt als sakralem Gegenstand und dem Objekt als vom Westen angeeignetem Kulturgut.
Phenomenological analysis of western reflection of African objects (classified as art or tourist art) shows that the item becomes a fetish by interpretation. The analysis of various aspects of western reflection (authenticity, aesthetics, anonymity, identity, power, communication, secrecy, untransferability, scarcity) makes evident that arts and crafts, transfered from Africa, are ritualized by western re-interpretation. Thus a new sacred character of African items is constructed by western appropriation.
Glücksspiel und Frauen im Hohen Atlas: Zur ethnographischen Quellenkritik
Am Beispiel eines marokkanischen Berberstammes wird untersucht, welchen Beitrag die ethnographische Feldarbeit zur Kritik und Interpretation von Schriftquellen leisten kann, in denen sich autochthone Sichtweisen spiegeln. Die Ayt Hdiddu waren bis zur französischen "pacification" weitgehend unzugänglich; vorkoloniale Schriftquellen sind dementsprechend selten. Hier wird auf zwei solche Quellen eingegangen, in denen gewisse in der Wahrnehmung benachbarter Stämme hervorstechende Eigenschaften der Ayt Hdiddu kommentiert werden. Die ethnographische Kenntnis dieser und vergleichbarer Gesellschaften erlaubt es, die typischen Verzerrungen in den Aussagen der "Nachbarn" bei der Interpretation zu berücksichtigen und so den Wert und die Aussagekraft dieser Quellen besser einzuschätzen.
In the Viennese tradition of ethnohistory, critical interpretation of sources or "Quellenkritik" is an important methodological concern. This paper illustrates how fieldwork may contribute to the interpretation of written sources. The Ayt Hdiddu, a Berber tribe of the Moroccan High Atlas, were almost totally inaccessible until well into the 20th century. The rare precolonial written references to them therefore tend to contain hearsay evidence from neighbouring tribal groups. Here, two sources of this kind are discussed. Knowledge of the way tribal groups are seen by their neighbours reveals certain typical distortions and is therefore instrumental in the assessment and interpretation of sources of this kind.
Multikulturalität und Kannibalismus am Beispiel der Tupi Guarani.
Zur Frage der "Universalia humana et cultura"
Dieser Artikel hinterfragt die soziobiologischen Erklärungsansätze für die Fremdenfeindlichkeit. Dies geschieht methodisch aufbauend auf das Konzept der Doppelnatur des Menschen als sowohl biologisches wie auch kulturelles Wesen. Das nennt Wernhart (1987) "universalia humana et cultura" und meint, es könne heute nicht mehr zwischen biologischen und kulturellen Bedingungen des menschlichen Daseins unterschieden werden. Als Teilnehmer der Paraguayexpedition von Prof. Gerhard Drekonja im Jänner 1994 fand der Autor den Einstieg in die lateinamerikanischen ethnologischen Forschungen zum Thema "multikulturelle Gesellschaft". Mit deren Methoden sind möglicherweise Kriterien zur Unterscheidung zwischen "universalia humana" und "universaliacultura" erstellbar.
This essay questions sociobiological approches to xenophobia. The methodological base for doing so is the conception of "universalia humana et cultura", which refers to determinants of humansociocultural manifestations. As Wernhart (1987) stated, there is no criterium to separate biological and cultural conditions of human beings. As a member of an university expedition to Paraguay in January 1994 the author of this article learned that recent Latin American research work on plural societies may offer an opportunity to do so.
Altmexikos Religion nach der Eroberung
Die Christianisierung der mesoamerikanischen Elite war entscheidend für die Erhaltung der spanischen Herrschaft nach der Eroberung. Dies erweckt das Interesse an der Frage der Aufgabe der alten Religion durch den indianischen Adel, die durch die Erörterung von Berichten über spanische Unterdrückungsmaßnahmen gegen mesoamerikanische Kulthandlungen und Rebellionen erhellt wird.
The christianization of the native nobility was decisive for the maintenance of Spanish domination in Mesoamerica. This raises interest in the abandoning of the Mesoamerican religion by the localélite being discussed on the basis of references comprised in reports on Indian uprisings and their religious content and reports on the spanish repression of native ritualism and rebellion. The defection of the native nobility to christianity is confirmed.
La cristianización de la elite indígena fue decisiva para el mantenimiento de la dominación española en Mesoamérica.. Esto induce a revisar el abandono gradual de la religión indígena basándose enlas informaciones más importantes acerca de actos de represión españoles de ritualismo indígena y rebeliones. Se confirma la defección de la religión indígena por los nobles indígenas.
Julio Caro Baroja (1914-1995) - Spurensuche nach einem Pionier der spanischen Kulturanthropologie
Dieser Artikel ist der Bedeutung des Lebenswerkes von Julio Caro Baroja für die spanische Kulturanthropologie gewidmet. Aufgrund seines außerordentlich umfangreichen Schaffens sowie der Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von Themenkreisen, welche in unterschiedlichste Wissenschaftsdisziplinen hineinreichen, war es - und ist es auch heute noch - schwierig, Caro Baroja als Vertreter einer bestimmten Strömung einzuordnen. In der vorliegenden Abhandlung werden wir versuchen, die Spuren eines der Mitbegründer der spanischen Kulturanthropologie transparent zu machen.
This paper is dedicated to the importance of the work of Julio Caro Baroja within the spanish Cultural Anthropology. Because of the range of his rich activity within different scientitific disciplines it always was difficult to classify Baroja either as a representative of the discipline of history or anthropology. The intention of this paper is to 'paint' a possible picture of one of the most importantpioniers in Cultural Anthropology in Spain.
Este papel trata sobre la importancia de la obra de Don Julio Caro Baroja para la Antropología Cultural en España. Tanto porque su obra es excesivamente abundante como por la variedad detematicas tratadas - las cuales cuadran en varias disciplinas - es dificil encajar Baroja en la una u otra disciplina científica. Con este papel tratamos de 'pintar' un posible cuadro de lo quien era JulioBaroja y querémos perseguir las huellas que dejó éste pionero de la primera hora dentro de la Antropología Cultural en España.
Heinrich, Angelika (Schriftleitung): In einer der vorbereitenden Sitzungen hatte der Vorstand der Anthropologischen Gesellschaft in Wien beschlossen, das in unserem Lande heuer so vielfach wie vielfältig begangene Jubiläum „1000 Jahre Österreich“ auch in den betreffenden Jahrgang unserer „Mitteilungen“ einfließen zu lassen. Dabei sollten die Schwerpunkte auf österreichische Forschungsgeschichte und österreichische Forschung gelegt werden. Heinrich, Angelika: Zusammenfassung Summary Kritscher, Herbert – Szilvássy, Johann – Hauser, Gertrud: Zusammenfassung Summary Müllauer-Seichter, Waltraud: Zusammenfassung Summary Resúmen Schüller, Dietrich: Zusammenfassung Summary Gingrich, Andre – Haas, Sylvia: Zusammenfassung Summary Pillai-Vetschera, Traude: Zusammenfassung Summary Wernhart, Karl R.: Zusammenfassung Summary Berger, Ursula: Zusammenfassung Summary Felix-Zemlicka, Ingeborg Maria: Zusammenfassung Summary Chevron, Marie-France: Zusammenfassung Summary Hirschberg, Walter: Zusammenfassung Summary Mückler, Hermann: Zusammenfassung Summary Thurner, Ingrid: Zusammenfassung Summary Felgenhauer, Fritz: Zusammenfassung Summary Antl-Weiser, Walpurga – Winkler, Eike-Meinrad †: Zusammenfassung Summary Adam, Angelika – Czeika, Sigrid – Fladerer, Florian F.: Zusammenfassung Summary Szameit, Erik: Zusammenfassung Summary
Zu diesem Band
Am Beginn des nun vorliegenden Doppelbandes stehen mehrere Beiträge, die des 125jährigen Bestehens der Anthropologischen Gesellschaft in Wien im Jahr 1995 gedenken. Anschließend werden eine Reihe der mit der Wissenschaft vom Menschen (physische Anthropologie, Ethnologie, Ur- und Frühgeschichte, Volkskunde) befaßten Institutionen vorgestellt. Ein weiterer Schwerpunkt beleuchtet einige Facetten österreichischen Einflusses im Verlaufe mehrerer Jahrhunderte auf entferntere Teile der Welt. Sowohl im Rahmen all dieser Arbeiten wie auch in einzelnen speziellen Abhandlungen wird das Wirken zahlreicher Forscherpersönlichkeiten auf dem Gebiet der von der Anthropologischen Gesellschaft in Wien vertretenen Wissenschaften gewürdigt - unser Beitrag zum österreichischen Jubiläumsjahr.
An dieser Stelle sei die Gelegenheit wahrgenommen, allen Autoren für ihre Mitarbeit sowie Frau Dr. Walpurga Antl-Weiser für die Korrektur bzw. Anfertigung der englischen Übersetzungen zu danken.
Vom Museum der Anthropologischen Gesellschaft in Wien zur Prähistorischen Sammlung im k.k. Naturhistorischen Hofmuseum (1870 - 1876 - 1889 - 1895)
Im Jahr 1995 konnten wir das 125jährige Bestehen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien und im darauf folgenden Jahr, 1996, das 120jährige Jubiläum der Gründung des k.k. Naturhistorischen Hofmuseums in Wien feiern – zwei bedeutende Institutionen der Forschung, die von Beginn an auf das engste miteinander verbunden waren. In dieser Arbeit werden ein Teilbereich des frühesten Abschnittes der Geschichte der Anthropologischen Gesellschaft sowie deren Verknüpfungen mit dem bald darauf gegründeten Naturhistorischen Museum in Erinnerung gebracht und bei dieser Gelegenheit einiger der in der Frühzeit der Gesellschaft aktiven Persönlichkeiten gedacht. Auch die frühen Jahre der Anthropologisch-ethnographischen Abteilung werden gestreift, wobei besonderes Augenmerk auf die Prähistorische Sammlung dieser Abteilung gelenkt wird.
In 1995 we celebrated the 125th anniversary of the Anthropological Society in Vienna and in the following year 1996 the 120th anniversary of the foundation of the Natural History Museum in Vienna. These two prominent institutions of scientific research were closely connected from their beginning. In this article a part of the early history of the Anthropological Society and its links to the Natural History Museum founded a few years later is called to mind. On this occasions some of the personalities of those early days are remembered. The paper also deals with the first years of the Department of Anthropology-Ethnography with special regard to its Prehistoric Collections.
Zur Geschichte der physischen Anthropologie in Österreich
Aus den folgenden Kapiteln geht hervor, daß das Fundament der Anthropologischen Wissenschaften Österreichs sich aus der Anthropologischen Gesellschaft in Wien, der Anthropologischen Abteilung am Naturhistorischen Museum Wien, dem Institut für Anthropologie bzw. Humanwissenschaften der Universität Wien und der Anthropologischen Abteilung am Institut für Gerichtliche Medizin Wien entwickelte. Das Fach Anthropologie kann allerdings seit der Gründung der Anthropologischen Gesellschaft vor 125 Jahren bis zum heutigen Tag nur im Kontext mit Prähistorie, Ethnologie, Volkskunde, Anatomie und Gerichtsmedizin gesehen werden.
The following chapters show, that the fundaments of the anthropological sciences in Austria have developed from the Anthropological Society of Vienna, the Department of Anthropology at the Natural History Museum in Vienna, the Institute of Human Biology at the University of Vienna and the Institute of Forensic Medicine in Vienna. Ever since the foundation of the Anthropological Society anthropology 125 years ago, anthropology can only be seen in context with the prehistory, ethnology, anatomy and forensic medicine.
Ein Beitrag zur Spanischen Anthropologie: Das Wirken Hugo Obermaiers (1877-1946)
Dieser Beitrag behandelt zu Beginn die Entwicklung der Spanischen Anthropologie im allgemeinen sowie der Kulturanthropologie im spanischen Raum im speziellen. Im Zusammenhang damit wird der Einfluß der "kulturhistorischen Ethnologie" an der Universidad Central de Madrid beschrieben, die – besser bekannt als Wiener Schule der Ethnologie – Weltruf erlangte. Die oben angeführte Arbeitsweise fand durch die langjährige Lehrtätigkeit Hugo Obermaiers an der Universität Madrid ihren Eingang.
This paper presents the rise of Spanish Anthropology in general as well as the development of Cultural Anthropology in Spain in particular. In this context the influence of „the cultural-historical method of ethnology“ – better known as „Vienna School of Ethnology“ („Wiener Schule der Ethnologie“ bzw. „Kulturhistorische Schule“) – at the University of Madrid is shown. This method has been introduced at the „Universidad Central de Madrid“ by the lectures of Hugo Obermaier, a German scientist, who received his academic education in Vienna at the beginning of this century.
Éste papel trata sobre la evolución de la Antropología Española en general , que aranca hacía finales del siglo XVIII, al crearse la Cátedra de Antropología en el año 1992. Al mismo tiempo se describe los comienzos de la 'Antropología Cultural' en España, que nace en los años sesenta, creciendo muy lentamente, con una repercisión de tipo negativo, que acentua el regimén politico de Franco.
Como vínculo respeto a la antropología vienesa y española es evidente mencionar el personaje de Hugo Obermaier. Obermaier introdujo en la universidad española la metodología histórico-cultural que tuvo gran importancia en la concepción de una historia primitiva del hombre, configurada ésta según las ideas postuladas por el P. W. Schmidt.
Audio- und Videomaterialien als wissenschaftliche Quellen - Erhaltung und Verfügbarkeit
Audiovisuelle Datenträger, also Photographien und Filme, Tondokumente und Videogramme, sind seit jeher unentbehrliche Hilfsmittel und Quellen vieler wissenschaftlicher Disziplinen, wobei manche überhaupt ihre Existenz erst diesen Quellengattungen verdanken. Im Vergleich zu schriftlichen Quellen sind sie jedoch ungleich verletzlicher, ihre Materialien unbeständiger. Es wird viel zu wenig beachtet, wie viele Wissenschafts- und Kulturdaten konkret oder latent gefährdet sind: Farbphotos verblassen, unersetzliche Azetatschallplatten zerreißen, Audio- und Videobänder werden unspielbar.
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Datenträger im Audio- und Videobereich, beschreibt ihre Gefährdung durch Materialunbeständigkeiten, Umweltbedingungen und Fehlbehandlung und referiert Strategien, die die Erhaltung und künftige Verfügbarkeit der für unsere Wissenschaften so wichtigen Forschungsdokumente trotz aller zunächst ungünstigen Prognosen ermöglichen sollen. Er gibt damit auch einen Einblick in wesentliche Arbeitsbereiche und Initiativen, die das Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, das älteste Schallarchiv der Welt, über seine konkreten Archivierungsarbeiten hinaus auf dem Gebiet des audiovisuellen Archivwesens betreibt.
Audio-visual data carriers – photographs and films, sound and video recordings – are invaluable sources for many scientific research. These materials, however, are much more fragile than conventional printed sources. There is little awareness that many important scientific and cultural documents are at great risk: colour photographs are vanishing because of fading colours; the lacquer of acetate sound discs is cracking, and magnetic tape are becoming unreadible.
This paper surveys the most important data carriers in the audio and video domains and catalogues the risks as inherent instability of material, environmental factors and inappropriate handling. Despite all pessimistic predictions, this contribution offers strategies which enable the preservation and future availability of these documents. It survey will also portray an important sector of the activities of the Phonogrammarchiv – the oldest sound archive of the world –, which undertakes far more than the mere storage of its sound recordings by its involvement in matters related to audiovisual archivism in general.
Vom Orientalismus zur Sozialanthropologie: ein Überblick zu österreichischen Beiträgen für die Ethnologie der islamischen Welt (From Orientalism to Social Anthropology: A survey of Austrian contributions to the anthropology of the Muslim world)
Das Wiener Institut für Völkerkunde ist heute das einzige seiner Art im gesamten deutschen Sprachraum, an dem das Studium der muslimischen Kulturen und Gesellschaften einen zentralen Lehr- und Forschungsschwerpunkt einnimmt. Diese Akzentsetzung geht einher mit deutlichen Prioritäten für empirische und komparative Fragestellungen und einer ausgewogenen Berücksichtigung von sowohl kulturhistorischen wie gegenwartsbezogenen Themen. Der gute Ruf, den österreichische ethnologische Arbeiten über die islamische Welt heute international genießen, baut auf einer kontinuierlichen Vorgeschichte von über 110 Jahren auf, die aus zweierlei Quellen gespeist wurde. Das waren zum einen der akademische Orientalismus des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts und zum anderen die ethnologischen Theorieschulen vor und nach der NS-Periode. Seit der Mitte der 70er Jahre gelang es, dieses heterogene wissenschaftliche Erbe überzuführen in eine moderne, pluralistisch orientierte Grundlage von anthropologischen Methoden und Theorien, welche die gegenwärtige Forschungsvielfalt inspiriert hat.
The Vienna Institute of Ethnology (Völkerkunde) today is the only one of its kind in the German-speaking world, at which the study of Muslim cultures and societies occupies a central place in its research and teaching program. This goes hand in hand with a priority for empirical and comparative inquiries, and with a balanced consideration of both cultural history and contemporaneous developments. Social anthropological studies in the Muslim world by Austrian scholars today enjoy remarkable international prestige, and they can build upon a tradition of more than 110 years that was fed from two sources. These were, firstly an academic orientalism of the late 19th and early 20th centuries, and secondly the older "ethnological schools" before and immediately after the Nazi period. Since the mid-seventies this heterogeneous research heritage has been transformed into the modernised, pluralistic foundations of anthropological methods and theories that inspire the present variety of research.
Das Wiener Institut für Völkerkunde und die Indienforschung
Die Indienforschung am Wiener Institut für Völkerkunde ist untrennbar mit den Namen der Professoren Heine-Geldern und Wilhelm Koppers, des ersten Institutsvorstandes, verbunden. Koppers' Forschungsreise zu den Bhil und benachbarten Stammespopulationen im westlichen Zentralindien sowie das rege Interessse beider Professoren für Indien sollten für viele Jahre die Schwerpunkte der Forschungstätigkeit von Institutsangehörigen und Studierenden bestimmen. Unter diesen waren einige, die später als Indien-Experten zu internationaler Anerkennung gelangten, wie Christoph von Fürer-Haimendorf, Rolf von Ehrenfels oder Stephan Fuchs. Nach dem Tod Professor Haekels und der Pensionierung Dr. Stiglmayrs, die mehrere "Indien-Expeditionen" organisiert hatten, ging das Interesse am Regionalgebiet Indien merklich zurück. Erst in den letzten Jahren gibt es wieder eine zunehmende Zahl von Diplomarbeiten und Dissertationen über indische Themen.
Research on India at the Vienna Institute of Ethnology is closely tied to the work of professor Heine-Geldern and professor Wilhelm Koppers, first Head of the Institute after the foundation in 1927. Koppers field-work among the Bhils and neighbouring tribes in the western part of Central-India, as well as the keen interest in India of both professors, influenced a large number of students in their decisions to conduct ethnological research in India. Among these students were a few who later were to become famous scholars and experts on India, for example Fürer-Haimendorf, Rolf von Ehrenfels and Stephen Fuchs. Professor Haekel and his assistant Dr. Stiglmayr organized a number of "India-expeditions". After Haekel's death and Stiglmayr's retirement the interest in India declined noticeably and only in the last few years an increasing number of students is again doing research on India.
„Austria und Australien“. Ein Aspekt zur Namensgeschichte in Verbindung mit kulturanthropologischen Fakten und kartographischen Kenntnissen über das Weltbild
Dieser kurze Beitrag will einen Aspekt der Problematik der Erschließung und Namensgebung Australiens in Verbindung mit dem Österreich (Austria)-Begriff aufzeigen. Die Konzeptionen des kartographischen Weltbildes und das reale Wissen von der Antike bis ins 17. und 18. Jahrhundert sind die Voraussetzungen, um den imaginären Südkontinent (Australkontinent) zu suchen. Dieser sollte sich von Feuerland quer durch den Pazifik bis nach Neuguinea und dann weiter in Westrichtung durch den indisch-atlantischen Ozean wieder bis Südamerika erstrecken, also um den Südpol (Antarktis) gelagert. Die Entdeckungsfahrten von Mendaña, Quiros und Cook – um nur einige zu erwähnen – haben die konkreten Ausmaße dieses imaginären Festlandes ins richtige Licht gerückt. Hiebei wurden Neuholland – später Australien – und die pazifische Inselwelt entdeckt und erschlossen, und die ersten Berichte über ethnographische Manifestationen wurden dokumentiert. Kapitän Fernandez de Quiros hat 1605/06 den geographischen Begriff des Südlandes („terra australis“) mit dem dynastischen Begriff der „Casa d’Austria“ in Verbindung gesetzt; er hat damit Österreich (Austria) mit Australien in einen namensgeschichtlichen Zusammenhang gebracht. Im Jubiläumsjahr anläßlich der erstmaligen Nennung Österreichs (Ostarrichi) vor tausend Jahren sei auf diese Besonderheit aufmerksam gemacht.
In this short article one aspect of the exploration and naming of Australia is put into relation to the term „Austria“. Conceptions of the cartographical worldview and actual knowledge from the Antiquity to the 17th and 18th centuries opened the field for voyages in search for an imaginary big continent in the south (continent austral). It was supposed to extend from Tierra del Fuego over the Pacific Ocean to New Guinea and, by crossing the Indian-Atlantic Ocean, back to South America and, hence, would have surrounded the whole South Pole (Antarctica). The voyages of discovery carried out by Mendaña, Quiros and Cook – to mention only a few – showed the shape and extension of this imagined continent in its true light. New Holland, later re-named Australia, and the Pacific islands were discovered and explored on those occasions and the first ethnographic manifestations were documented in reports. Captain Quiros, who was in Spanish service, associated the geographic term of a southern land (terra australis) with the dynastic term of „Casa d’Austria“ and thus established a historical connection between the names Austria and Australia. This peculiarity should be brought to attention on the occasion of the 1000th anniversary of the first naming of Austria (Ostarrichi).
Das Haus Österreich und die Marianen (Ladronen), die Inseln der Königin Maria Anna im Pazifik
Die Marianen (Ladronen) gehörten seit der Zeit ihrer Entdeckung 1521 bis zum Jahr 1714 dem großen Weltreich der Habsburger („Haus Österreich“) an. Da die Inseln weder politisch noch kommerziell von Bedeutung waren, nahmen sie nie eine wesentliche Stellung innerhalb des Habsburgerreiches ein. Während die Geschichte des Hauses Österreich durch eine Fülle von Ereignissen gekennzeichnet ist, so ist die der Marianen vom Untergang der indigenen Kultur und vom Aussterben der Eingeborenen geprägt. Erst die finanzielle Unterstützung der spanischen Königin Maria Anna (von Österreich) hatte die Missionierung der Ladronen ermöglicht, weshalb man sie ihr zu Ehren 1668 in „Marianen“ umbenannte.
From the time of their discovery 1521 up to 1714 the Mariana Islands (Ladrones) were a part of the great of the Habsburg Empire („Casa d’Austria“). Due to their political and commercial insignificance they never took an important position within the Empire. The historiography of the Casa d’Austria is full of impressive events in contrast to the history of the Marianas, which is determined by extirpation of the natives and the destruction of their indigenous culture. The financial aid of the queen regent of Spain, Maria Anna (of Austria) made the mission possible for the Jesuits. In 1668 the islands were renamed in „Marianas“ in honour of this queen.
Die Beziehungen zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und Hawai’i von 1844 - 1901
Dieser Beitrag behandelt die wechselseitigen Beziehungen zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und dem hawaiischen Archipel in der Zeit von 1844 bis 1901 an Hand von Schriftquellen – Reiseberichten, Bordbüchern, diplomatischer Korrespondenz und Zeitungsberichten in englischer, deutscher und hawaiischer Sprache. In diesem Zusammenhang sollen einerseits die Eindrücke der Hawaiier von Österreich-Ungarn, andererseits die Nachwirkungen der Besuche der Österreicher auf den Hawai’i-Inseln in chronologischer Folge und in ethnohistorischer Methode herausgearbeitet werden.
This paper presents the relations between the Austro-Hungarian Monarchy and Hawai’i between 1844 and 1901 based on written sources, travel books, logbooks, diplomatic corrrespondence and newspaper articles written in german, english and hawaiian language. On the one hand the impressions Hawiians got from Austria and vice versa are listed here, on the other hand the consequences of Austrians visits on the Hawai’i Islands are worked out in chronological order by ethnohistorical method.
Ursprung und Urformen - Theorienansätze in Österreich und Frankreich zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Entwicklungs- und Ursprungsfragen, wie sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts den wissenschaftlichen Diskurs in der Ethnologie beherrschten, stellen den äußeren Rahmen der Arbeit dar, wobei die Frage nach dem Ursprung der Religion eine besondere Stellung einnimmt.
Im Anschluß an Tylor (1871) wurde der Animismus von zahlreichen Wissenschaftlern als ursprüngliche, in einer Frühstufe der Zivilisation angesiedelte Form der Religion betrachtet. In Österreich hingegen verteidigte Wilhelm Schmidt die Theorie des Urmonotheismus, während der französische Wissenschaftler Emile Durkheim im Totemismus die älteste bekannte Form der Religion sah. Diese Theorieansätze in Österreich und Frankreich werden hier vor dem allgemeinen wissenschaftlichen Hintergrund dargestellt und miteinander verglichen.
Wissenschaftstheoretische und -geschichtliche Betrachtungen folgen, wobei zwischen einem historischen oder allgemeinen und einem regionalen oder nationalen Paradigma unterschieden wird. Aber auch die in der Wissenschaftsgeschichte zu wenig beachtete Frage nach der wissenschaftlichen Persönlichkeit, d.h. nach dem individuellen oder persönlichen Paradigma, unter besonderer Beachtung der politischen und weltanschaulichen Momente, findet Beachtung.
The exterior framework of this study deals with the topics of development and origin that dominated scientific discourse in ethnology at the beginning of this century. The main attention lies on the question of the origins of religion is brought into special focus.
Following Tylor (1871), numerous scholars considered animism to be the original form of religion, located at an early stage of civilisation. On the other hand, Wilhelm Schmidt in Austria supported the theory, which regarded monotheism to be the primordial form of religion, while the French scholar Emile Durkheim regarded totemism to be the oldest known form of religion. Here, these theoretical positions in Austria and in France are portrayed and compared with a more general scientific background.
This outline is supplemented by considerations emanating from the theory and history of science. A distinction is drawn between a historical or general and a regional or national paradigm. Being little considered in the history of science, attention is also given to the issue of scientific personality, e.g. the individual or personal paradigm, particularly in regard to aspects of politics and world views.
Du sollst nicht töten ...
Ausgehend von der Definition des Begriffes der menschlichen „Kultur“ und einigen grundlegenden Erkenntnissen aus der Verhaltensforschung wird auf das „Prinzip des Tötens“ und auf die „Tötungshemmung“ bei Mensch und Tier eingegangen. Dabei wird kurz das Problem der Jagdmagie und des Totemismus gestreift, hauptsächlich aber auf das diesbezügliche Verhältnis der Menschen untereinander eingegangen. Hier reicht das Spektrum von der Wertschätzung der Alten (Gerontokratie) über die Altentötung bis zum Kannibalismus (Nekrophagie) und beeinhaltet die Probleme des „Motema“ und des „Dynamismus“ bei den „Naturvölkern“. Kannibalismus wurde auch für den altsteinzeitlichen Menschen Europas und Asiens nachgewiesen.
Starting with the definition of human „culture“ and some basic findings of behavioural sciences like cultural ethology, the author discusses the „principle of killing“ as well as the „inhibition to kill“. The problems of hunting magic and totemism are mainly seen in the light of human relationships covering the aspects of special respect for the old (gerontocracy) to senilicide and cannibalism (necrophagie). The existence of cannibalism was also proved for palaeolithic man of Europe and Asia.
Kava in Ozeanien: Neue Betrachtungen zu einer Kulturpflanze und deren Bedeutung im kulturellen Kontext
Die Bedeutung der Kavapflanze für die Menschen im pazifischen Raum wurde bereits von den europäischen Entdeckungsreisenden früh erkannt. Schon bei James Cooks zweiter Reise 1772-1775 beschreibt ein Begleiter die Auswirkungen des Kavatrinkens auf die Gesundheit der Hawaiianer (Handy – Handy 1972: 191). Kava als zentraler Bestandteil im gesellschaftlichen und rituellen Leben der Bewohner des Pazifik erregte schon früh die Aufmerksamkeit der Ethnologen. Der Akt des Kavatrinkens hat zu einer Fülle von Interpretationen geführt: So können aus dem Ablauf der Kavazeremonie Rückschlüsse auf die hierarchische Gliederung der pazifischen Gesellschaften geschlossen werden; Kava stellt aber auch oftmals gleichzeitig die Verbindung zu den Göttern dar, Kava entfaltet eine bewußtseinsverändernde Wirkung, und schließlich spielt es als Symbol für nationale Identität zunehmend eine bedeutende Rolle. Zwei Umstände sind die Ursache für eine vermehrte wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Thema in den vergangenen zehn Jahren: erstens die zunehmende Aufmerksamkeit, welche der Kavapflanze von seiten großer Pharmakonzerne entgegengebracht wird, und zweitens die Bedeutung von Kava in Vanuatu als identitätsstiftendes Element im Rahmen von kastom. Beide Faktoren waren Auslöser für eine größere Anzahl von Publikationen, die vor allem im angelsächsischen Raum im Lauf der letzten zehn Jahre erschienen sind. Schon 1979 aber wurden in Wien von Wernhart – Maruna (1979a: 16-20) in einer Studie über medizinisch-biochemische und ethnologische Aspekte des Kavatrinkens wesentliche Aspekte der jüngeren Untersuchungen im Ansatz bereits vorweggenommen. Ziel dieses Beitrages ist die Darstellung des gegenwärtigen Forschungsstands unter Miteinbeziehung der neuesten Erkenntnisse, ein Vergleich zweier grundsätzlich unterschiedlicher kultureller Einbettungen des Kava-Trinkens am Beispiel Fidschis und Vanuatus und eine Prognose der zukünftigen Bedeutung von Kava für die Bewohner Ozeaniens.
This article gives an overview of the recent state of research about kava, a traditional stimulating drink which is commonly and widely used throughout the Pacific Islands. Even since the first explorers described the preparation and use of kava, several books and articles were written on this topic. Especially the last five to ten years lifted the veil of pharmacological compound, medical use and influence on health. Therefore this article is focused on the newest information about kava, regarding its increasing importance not only in the Pacific but in the worldwide pharmaceutic industry. The different types and variations of kava, their origin and distribution are examined as well as socio-culturul aspects of the drinking-ceremony. A comparison of a typical kava (or yaqona) -ceremony in Fiji with a kava-ceremony in Tanna, Vanuatu, shows the difference in meaning and importance of kava in contemporary South Pacific societies.
Airport Art aus Westafrika
Imitationen und Nachempfindungen von Masken, Figuren und Ethnographica, die eigens für den Verkauf an Fremde hergestellt werden (Souvenirkunst, Touristenkunst, Airport Art, Ethnokitsch), weisen gegenüber traditionellen Objekten Veränderungen auf. Aus der Art dieser Veränderungen lassen sich deren Ursachen erschließen. Das afrikanische Objekt, das zum Souvenir wird, muß dem kognitiven System des Käufers angepaßt sein, seinem Vorverständnis von Afrika entsprechen. Insofern reflektiert Airport Art westliche Vorstellungen über Afrika. Sie ist ebensosehr Teil der Kultur der Reisenden, wie sie Teil der Kultur der Bereisten ist.
Copies and imitations of African masks, figures, and ethnographic items, which are produced particularly for the tourist market (souvenir art, tourist art, airport art, ethnokitsch), must be adjusted to the cultural background of the buyer, to his cognitive system. Thus arts and crafts of indigenous peoples are subject to changes. As a result of these changes, souvenirs do contain cultural elements of the tourist's world as well as cultural elements of the foreign world. Hence African airport art reflects western ideas of African objects. It is part of the tourist's culture as much as part of the foreign culture.
Aggsbachien – Gravettien – Pavlovien. Zur Frage nomenklatorischer Prioritäten in der Urgeschichtsforschung
Die „sinnerfüllte“ Gruppe und deren Benennung ist eines der Hauptanliegen dieses Beitrages. Die Termini „Aggsbachien“, „Gravettien“ und „Pavlovien“ werden als ein Beispiel unter vielen herausgegriffen und in Bezug auf ihre Begriffsinhalte diskutiert, da der Autor z.B. eine ausreichend klare Abgrenzung des Pavlovien zum Gravettien als eigene Gruppe sowohl in räumlicher wie auch in inhaltlicher Hinsicht vermißt. Neben einem Eintreten für die Priorität bereits existierender Begriffe wird für ein restriktiveres Vorgehen bei der Benennung neuer Gruppen auf der Basis oft nur geringfügiger Unterschiede gefordert.
This contribution deals mainly with the cultural group as a characteristic unity and its denomination. As one example out of others the author discusses the contents of the terms „Aggsbachian“, „Gravettian“ and „Pavlovian“, where a clear delimitation of „Pavlovian“ versus „Gravettian“ is missing in view of both extension and characteristics. Apart from a suggested priority of already existing terms he consequently pleads for a more restrictive creation of new groups on the basis of only minor differences.
Artefakte aus Early, Middle und Later Stone Age – Fundstellen in Namibia, Südwestafrika
Der Nordwesten Namibias entlang des Okavango-Flusses und im Buschmannland war Ziel einer im Jahre 1987 von einer internationalen Forschergruppe durchgeführten anthropologischen Untersuchung. Die von E.-M. Winkler parallel zu diesen Untersuchungen aufgesammelten Steingeräte dürften hauptsächlich dem Middle Stone Age, aber auch dem Later Stone Age angehören. Für einzelne Stücke ist eine Zugehörigkeit zum Early Stone Age nicht auszuschließen. Die während der Aufsammlung gemachten stratigraphischen Beobachtungen ermöglichen einen Einblick in ein archäologisch noch kaum erforschtes Gebiet.
The northwest of Namibia along the Okavango River and the Bushmanland was targeted by an international group of scientists for anthropological research in 1987. Stone tools collected by E.-M. Winkler during this period seem to belong mainly to the Middle Stone Age but also to the Later Stone Age. For some pieces even Early Stone Age cannot be excluded. From the archaeological point of view stratigraphical observations made during these collections give us an insight into a rather unknown area.
Römerzeitliche Tierknochenfunde aus zwei Höhlen am Kugelstein bei Deutschfeistritz, Steiermark – Hinweise auf den Mithraskult ?
Aus römerzeitlichen und mittelalterlichen Sedimenten zweier Höhlen am Kugelstein im mittleren Murtal wurden insgesamt 745 Tierreste bestimmt. Die ausschließlich kleinstückigen Skeletteile stammen hauptsächlich von Geflügel und juvenilen Schweinen. Die Zusammensetzung der Reste aus der Römerzeit in der Tunnelhöhle unterscheidet sich deutlich von Siedlungsabfällen, in welchen das Rind meist deutlich dominiert. Auf die besonderen, gegenüber Freilandfundplätzen andersartigen Schichtbildungsbedingungen in einer Höhle und die unterschiedlichen Grabungsmethoden wird hingewiesen. Fragmente von Schlangengefäßen, die aus beiden Höhlen geborgen wurden, lassen eine kultische Nutzung als sehr wahrscheinlich annehmen. Da Ferkel sowohl als Opfertiere wie als Grabbeigaben weite Verbreitung hatten, werden die Reste aus den Höhlen als Speiseabfälle von Festmahlzeiten im Zusammenhang mit Kulthandlungen interpretiert. Aufgrund der Begleitfunde wird eine Zuordnung zum Mithraskult als sehr wahrscheinlich angenommen.
Most of the bones from layers of the Roman period and of the Middle Ages from the Tunnelhöhle in the Mur valley, 20 km in the north of Graz, are remains of juvenile poultry and pigs. Marks of butchering and fire indicate that the bones are leftovers of animals processed and consumed in the cave. The problem of overproportion of small remains due to sedimentary and taphonomic facts and the excavation method is briefly discussed. Fragments of snake vessels found in this cave as well in the Tropfsteinhöhle nearby may indicate the former use of the cave as a sanctuary or a ritual site of Mithras worshippers. Therefore it is supposed that the bones derived from ritual meals. Juvenile pigs were immolated in various cults but local archaeological findings and the frequency of sites in southern and eastern Austria refer to Mithras.
Frühmittelalterliche Siedlungstätigkeit im Ostalpenraum und der Nachweis von Slawen im Lichte archäologischer Quellen. Bemerkungen zu einem Modell der archäologischen Fundsituation des 6.-9. Jahrhunderts in Österreich.
Der österreichische Ostalpen- und Donauraum macht nach dem Zusammenbruch der römischen Herrschaft im frühen Mittelalter einen gewaltigen ethnischen Veränderungsprozeß durch. Während im Westen die romanisierte Bevölkerung langsam mit dem Stamm der Baiern zusammenwächst, kommt es im Osten und Süden zuerst zu einer Überlagerung der bodenständigen Bevölkerung durch Langobarden, Slawen und Awaren, später, ab dem 8./9. Jh., auch zu einer Vermengung mit Baiern und Franken. Aus dieser polyethnischen Bevölkerungsstruktur entstehen im Laufe des späteren Frühmittelalters durch Verschmelzungsprozesse die mittelalterlichen Vorläufer der Österreicher. Die Arbeit versucht die einzelnen Etappen dieses überaus komplizierten, sonst nur historisch nachvollziehbaren Prozesses mit Hilfe archäologischer Quellen in der Form eines möglichen Besiedelungsmodells zu verdeutlichen.
After the collapse of the Roman Empire the Austrian east alpine and Danube region is characterized by an enourmous ethnic change in the early middle ages. While the romanized population in the west merges with the tribe of the Bavarians the native population in the east and south is first overlaid by Langobardi, Slavs and Avars and later from the 8th/9th century on mingled with Bavarians and Franks. The medieval ancestors of the Austrians are thus the result of a melting process in this polyethnic population structure in the course of the later early middle ages. Aided by archaeological sources in the form of a colonization model this article tries to show the different steps of this very complex development which otherwise can only be understood historically.